Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 34. Augsburg, 3. Februar 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Wie wir vernehmen, wird die Bundesversammlung in der nächsten Woche ihre Sitzungen wieder aufnehmen, und zwar unter dem Präsidium des königl. preußischen Bundestagsgesandten, Hrn. General v. Schöler. Außer dem Hrn. Grafen v. Münch-Bellinghausen sind nur noch wenige Bundestagsgesandte abwesend.

Gestern Morgen 9 Uhr fand die feierliche Beerdigung Blumenbachs statt. Leider hatte der seit länger als acht Tagen wüthende schreckliche Sturm und Regen es unmöglich gemacht, von der Erlaubniß des Curatoriums, das Leichenbegängniß mit Fackeln zu vollziehen, Gebrauch zu machen. Dieß und Rangstreitigkeiten unter den zum Zwecke der feierlichen Beerdigung zusammen getretenen Studentenverbindungen mochten denn auch wohl der Grund seyn, daß sich mehrere dieser sogenannten "Kneipen" zurückgezogen und sich kaum 300 Studirende dem Zuge angeschlossen haben. Sonst war Alles auf das feierlichste. Drei Studirende trugen auf rothen sammetnen Kissen die Orden des Verblichenen hinter dem Sarge, es folgten zwei Pedelle in scharlachrothen Mänteln, die Scepter in der Hand, der Prorector mit der großen Jubelmedaille, die Professoren in Talar, Magistrat und Bürgervorsteher, dann ein Sängerchor, während den Zug der Studirenden zwei schwarz decorirte Reiter eröffneten (und eben so schlossen) denen die sechs Marschälle folgten. Dann hatte sich eine Anzahl Bürger angeschlossen und einige 60 Wagen. Trotz der schlechten Witterung drängten sich Tausende von Menschen, selbst aus der Umgegend, auf den Straßen, welche der Zug berührte (einen Theil der Allee und die Groner- und Geismarstraße) und füllte den St. Albani-Kirchhof und den Wall. - Die neulich von mehreren Zeitungen mitgetheilte Nachricht, daß die Universität, zur Wahl eines Deputirten in den letzten Tagen aufgefordert, diese abgelehnt habe, ist unrichtig, und könnte höchstens als Prophezeiung gelten. - Es ist hier viel davon die Rede, daß der geheime Justizrath Mühlenbruch in der Staatsrathssitzung, nach welcher jene merkwürdige Erklärung die unmangelhafte Befolgung der Gesetze betreffend erlassen wurde, gegen eine solche Erklärung gewesen sey, wenigstens ist so viel gewiß, daß sich Mühlenbruch immer auf das entschiedenste gegen jede Art von Cabinetsjustiz ausgesprochen hat, wie dieß z. B. in seinem Lehrbuch der Pandekten §. 34 geschieht. - Zu einer neuen Bürgervorsteherwahl für den neunten District ist Termin auf den 4 Febr. angesetzt. Wenn im Hamburger Correspondenten vom 25 Jan. behauptet wird, daß die früher von diesem District vorgenommene Wahl Wehners nicht in Folge freier Entschließung der Bürger, sondern nur durch die angestrengtesten Machinationen und Kunstgriffe bewirkt sey, so gehört das zu den Lügen der Gegner.

Schweden.

Am 14 Jan. übergab Se. Maj. der König dem Frhrn. v. Palmstjerna den Landmarschallsstab, und begrüßte den Erzbischof von Wingard als Sprecher des Priesterstandes, so wie den Bischof Dr. Hedren als Vicesprecher desselben. Die Staatszeitung theilt die Anreden und Antworten ausführlich mit, sie enthalten indeß nichts als officielle Redensarten. - Die Frage, ob Strindlund Sprecher des Bauernstandes werden soll, ist noch keineswegs entschieden. Strindlund soll bestimmt erklärt haben, er glaube nicht hinreichenden Einfluß zu besitzen, um den Nutzen zu stiften, den er zu stiften wünsche und den die Regierung erwarten könne. Man soll jetzt die Blicke auf Hans Jansson geworfen haben, wie es scheint einen in allgemeinem Ansehen stehenden Mann, denn das Aftonblad bemerkt über ihn, wenn die Wahl des Sprechers den Ständen selbst zustände, so würde die von Hans Jansson einer der schönsten Siege der liberalen Partei seyn. Ist jedoch dem Aftonblad zu glauben, so ist auch Hans Jansson nicht sonderlich nach der Ehre begierig, Sprecher des Bauernstandes zu werden, indem er Bedingungen gestellt habe, die nicht angenommen werden könnten. - In Folge des Aufrufs zur ersten Einzeichnung bei der Ritterschaft und dem Adel haben sich am 15 und 16 Jan. angemeldet: 17 Grafen, 40 Freiherren und 112 Edle, im Ganzen 169 Mitglieder. Diese erste Einzeichnung gilt indeß nur für Capita oder Bevollmächtigte solcher Familien, von denen keine Geschlechtsverwandte sich außerhalb der Hauptstadt finden. Am 18 soll die zweite Einzeichnung stattfinden, wo dann wahrscheinlich noch eine gleich große, wo nicht noch größere Anzahl heraus kommt. Das Aftonblad bemerkt, wenn man die bis jetzt eingezeichneten 169 Mitglieder überblicke und zu Rathe ziehe, was man etwa von ihren politischen Ansichten, die etwa als Opposition betrachtet werden könnten, wisse, so könne man höchstens 65 Mitglieder zur Opposition rechnen, die andern ständen auf der Seite der Regierung. (Schwed. Bl.)

Türkei.

Der Semaphore de Marseille schreibt aus Konstantinopel vom 7 Jan.: "Die Gesandtschaften Rußlands und Englands machten der Pforte Mittheilung von der zwischen beiden Höfen in Folge der Mission des Hrn. v. Brunnow getroffenen Uebereinkunft. Kaiser Nikolaus gibt durch dieselbe den geheimen Artikel des Tractats von Hunkiar Skelessi auf, welcher bestimmte, daß die Dardanellen im Fall eines Kriegs Rußlands gegen eine andere europäische Macht geschlossen werden sollen. Mittelst dieser Bedingung ist eine Allianz zwischen Rußland und England zu Stande gekommen (?), deren Zweck die Lösung der ägyptischen Frage ist. Frankreich scheint dieser Convention nicht beigetreten zu seyn und gleich Oesterreich in einer strengen Neutralität sich verhalten zu wollen. Das russische Cabinet hat durch das Verzichten auf die Clausel, welche allein die Ursache der Protestation der europäischen Mächte gegen den Tractat von Hunkiar-Skelessi war, dem Cabinet von St. James sich genähert, und kann daher nur um so besser an der Ausdehnung seiner Macht arbeiten, was der einzige Gedanke seiner Politik ist. Dieser Tractat war ein großer Mißgriff, denn er öffnete Europa die Augen über die Plane des Czars, und Rußlands Einfluß in der Türkei wurde dadurch nur gelähmt; indessen erlischt derselbe im Jahr 1841. Ihn bei der gegenwärtigen Stimmung sämmtlicher Cabinette zu erneuern, wäre unmöglich. Rußland aber wird immer in der Lage seyn, die Schließung der Dardanellen durchzusetzen, selbst wenn die Pforte durch keinen besondern Act dazu verpflichtet wäre. Rußland kann künftighin aus freiem Antrieb die "Würde des Sultans" vertheidigen, und da eine bewaffnete Intervention in der Hauptstadt nicht nothwendig ist, wird Rußland dafür in Armenien interveniren, unter dem Vorwand, den übermäßigen Ehrgeiz Mehemed Ali's in seine Schranken zurückzuweisen. Was wird aber geschehen, wenn der Pascha sich entschließt, mit Rußland im Kampfe sich zu messen? Der Pascha hat mehr als Eine Aussicht auf Erfolg. Die, welche die Stärke Rußlands kennen, und gesehen haben, wie es dieselbe zu gebrauchen weiß, meinen keineswegs sehr zuversichtlich, daß die Russen Sieger bleiben würden. Rußland dürfte sich wohl bedenken, ehe es sich entschließt, den Siegern von Saint Jean d'Acre, Koniah und Nisib entgegen zu treten. - Hr. v. Sercey und seine Begleiter sind von Erzerum nach Teheran weiter gereist. Alles, was man über den Streit zwischen den französischen Officieren und dem Gefolge Hussein Khans erzählte, war in hohem Grade übertrieben."

Wie wir vernehmen, wird die Bundesversammlung in der nächsten Woche ihre Sitzungen wieder aufnehmen, und zwar unter dem Präsidium des königl. preußischen Bundestagsgesandten, Hrn. General v. Schöler. Außer dem Hrn. Grafen v. Münch-Bellinghausen sind nur noch wenige Bundestagsgesandte abwesend.

Gestern Morgen 9 Uhr fand die feierliche Beerdigung Blumenbachs statt. Leider hatte der seit länger als acht Tagen wüthende schreckliche Sturm und Regen es unmöglich gemacht, von der Erlaubniß des Curatoriums, das Leichenbegängniß mit Fackeln zu vollziehen, Gebrauch zu machen. Dieß und Rangstreitigkeiten unter den zum Zwecke der feierlichen Beerdigung zusammen getretenen Studentenverbindungen mochten denn auch wohl der Grund seyn, daß sich mehrere dieser sogenannten „Kneipen“ zurückgezogen und sich kaum 300 Studirende dem Zuge angeschlossen haben. Sonst war Alles auf das feierlichste. Drei Studirende trugen auf rothen sammetnen Kissen die Orden des Verblichenen hinter dem Sarge, es folgten zwei Pedelle in scharlachrothen Mänteln, die Scepter in der Hand, der Prorector mit der großen Jubelmedaille, die Professoren in Talar, Magistrat und Bürgervorsteher, dann ein Sängerchor, während den Zug der Studirenden zwei schwarz decorirte Reiter eröffneten (und eben so schlossen) denen die sechs Marschälle folgten. Dann hatte sich eine Anzahl Bürger angeschlossen und einige 60 Wagen. Trotz der schlechten Witterung drängten sich Tausende von Menschen, selbst aus der Umgegend, auf den Straßen, welche der Zug berührte (einen Theil der Allee und die Groner- und Geismarstraße) und füllte den St. Albani-Kirchhof und den Wall. – Die neulich von mehreren Zeitungen mitgetheilte Nachricht, daß die Universität, zur Wahl eines Deputirten in den letzten Tagen aufgefordert, diese abgelehnt habe, ist unrichtig, und könnte höchstens als Prophezeiung gelten. – Es ist hier viel davon die Rede, daß der geheime Justizrath Mühlenbruch in der Staatsrathssitzung, nach welcher jene merkwürdige Erklärung die unmangelhafte Befolgung der Gesetze betreffend erlassen wurde, gegen eine solche Erklärung gewesen sey, wenigstens ist so viel gewiß, daß sich Mühlenbruch immer auf das entschiedenste gegen jede Art von Cabinetsjustiz ausgesprochen hat, wie dieß z. B. in seinem Lehrbuch der Pandekten §. 34 geschieht. – Zu einer neuen Bürgervorsteherwahl für den neunten District ist Termin auf den 4 Febr. angesetzt. Wenn im Hamburger Correspondenten vom 25 Jan. behauptet wird, daß die früher von diesem District vorgenommene Wahl Wehners nicht in Folge freier Entschließung der Bürger, sondern nur durch die angestrengtesten Machinationen und Kunstgriffe bewirkt sey, so gehört das zu den Lügen der Gegner.

Schweden.

Am 14 Jan. übergab Se. Maj. der König dem Frhrn. v. Palmstjerna den Landmarschallsstab, und begrüßte den Erzbischof von Wingård als Sprecher des Priesterstandes, so wie den Bischof Dr. Hedren als Vicesprecher desselben. Die Staatszeitung theilt die Anreden und Antworten ausführlich mit, sie enthalten indeß nichts als officielle Redensarten. – Die Frage, ob Strindlund Sprecher des Bauernstandes werden soll, ist noch keineswegs entschieden. Strindlund soll bestimmt erklärt haben, er glaube nicht hinreichenden Einfluß zu besitzen, um den Nutzen zu stiften, den er zu stiften wünsche und den die Regierung erwarten könne. Man soll jetzt die Blicke auf Hans Jansson geworfen haben, wie es scheint einen in allgemeinem Ansehen stehenden Mann, denn das Aftonblad bemerkt über ihn, wenn die Wahl des Sprechers den Ständen selbst zustände, so würde die von Hans Jansson einer der schönsten Siege der liberalen Partei seyn. Ist jedoch dem Aftonblad zu glauben, so ist auch Hans Jansson nicht sonderlich nach der Ehre begierig, Sprecher des Bauernstandes zu werden, indem er Bedingungen gestellt habe, die nicht angenommen werden könnten. – In Folge des Aufrufs zur ersten Einzeichnung bei der Ritterschaft und dem Adel haben sich am 15 und 16 Jan. angemeldet: 17 Grafen, 40 Freiherren und 112 Edle, im Ganzen 169 Mitglieder. Diese erste Einzeichnung gilt indeß nur für Capita oder Bevollmächtigte solcher Familien, von denen keine Geschlechtsverwandte sich außerhalb der Hauptstadt finden. Am 18 soll die zweite Einzeichnung stattfinden, wo dann wahrscheinlich noch eine gleich große, wo nicht noch größere Anzahl heraus kommt. Das Aftonblad bemerkt, wenn man die bis jetzt eingezeichneten 169 Mitglieder überblicke und zu Rathe ziehe, was man etwa von ihren politischen Ansichten, die etwa als Opposition betrachtet werden könnten, wisse, so könne man höchstens 65 Mitglieder zur Opposition rechnen, die andern ständen auf der Seite der Regierung. (Schwed. Bl.)

Türkei.

Der Sémaphore de Marseille schreibt aus Konstantinopel vom 7 Jan.: „Die Gesandtschaften Rußlands und Englands machten der Pforte Mittheilung von der zwischen beiden Höfen in Folge der Mission des Hrn. v. Brunnow getroffenen Uebereinkunft. Kaiser Nikolaus gibt durch dieselbe den geheimen Artikel des Tractats von Hunkiar Skelessi auf, welcher bestimmte, daß die Dardanellen im Fall eines Kriegs Rußlands gegen eine andere europäische Macht geschlossen werden sollen. Mittelst dieser Bedingung ist eine Allianz zwischen Rußland und England zu Stande gekommen (?), deren Zweck die Lösung der ägyptischen Frage ist. Frankreich scheint dieser Convention nicht beigetreten zu seyn und gleich Oesterreich in einer strengen Neutralität sich verhalten zu wollen. Das russische Cabinet hat durch das Verzichten auf die Clausel, welche allein die Ursache der Protestation der europäischen Mächte gegen den Tractat von Hunkiar-Skelessi war, dem Cabinet von St. James sich genähert, und kann daher nur um so besser an der Ausdehnung seiner Macht arbeiten, was der einzige Gedanke seiner Politik ist. Dieser Tractat war ein großer Mißgriff, denn er öffnete Europa die Augen über die Plane des Czars, und Rußlands Einfluß in der Türkei wurde dadurch nur gelähmt; indessen erlischt derselbe im Jahr 1841. Ihn bei der gegenwärtigen Stimmung sämmtlicher Cabinette zu erneuern, wäre unmöglich. Rußland aber wird immer in der Lage seyn, die Schließung der Dardanellen durchzusetzen, selbst wenn die Pforte durch keinen besondern Act dazu verpflichtet wäre. Rußland kann künftighin aus freiem Antrieb die „Würde des Sultans“ vertheidigen, und da eine bewaffnete Intervention in der Hauptstadt nicht nothwendig ist, wird Rußland dafür in Armenien interveniren, unter dem Vorwand, den übermäßigen Ehrgeiz Mehemed Ali's in seine Schranken zurückzuweisen. Was wird aber geschehen, wenn der Pascha sich entschließt, mit Rußland im Kampfe sich zu messen? Der Pascha hat mehr als Eine Aussicht auf Erfolg. Die, welche die Stärke Rußlands kennen, und gesehen haben, wie es dieselbe zu gebrauchen weiß, meinen keineswegs sehr zuversichtlich, daß die Russen Sieger bleiben würden. Rußland dürfte sich wohl bedenken, ehe es sich entschließt, den Siegern von Saint Jean d'Acre, Koniah und Nisib entgegen zu treten. – Hr. v. Sercey und seine Begleiter sind von Erzerum nach Teheran weiter gereist. Alles, was man über den Streit zwischen den französischen Officieren und dem Gefolge Hussein Khans erzählte, war in hohem Grade übertrieben.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0007" n="0271"/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Frankfurt a. M.,</hi> 30 Jan.</dateline>
          <p> Wie wir vernehmen, wird die Bundesversammlung in der nächsten Woche ihre Sitzungen wieder aufnehmen, und zwar unter dem Präsidium des königl. preußischen Bundestagsgesandten, Hrn. General v. Schöler. Außer dem Hrn. Grafen v. Münch-Bellinghausen sind nur noch wenige Bundestagsgesandte abwesend.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Göttingen,</hi> 29 Jan.</dateline>
          <p> Gestern Morgen 9 Uhr fand die feierliche Beerdigung <hi rendition="#g">Blumenbachs</hi> statt. Leider hatte der seit länger als acht Tagen wüthende schreckliche Sturm und Regen es unmöglich gemacht, von der Erlaubniß des Curatoriums, das Leichenbegängniß mit Fackeln zu vollziehen, Gebrauch zu machen. Dieß und Rangstreitigkeiten unter den zum Zwecke der feierlichen Beerdigung zusammen getretenen Studentenverbindungen mochten denn auch wohl der Grund seyn, daß sich mehrere dieser sogenannten &#x201E;Kneipen&#x201C; zurückgezogen und sich kaum 300 Studirende dem Zuge angeschlossen haben. Sonst war Alles auf das feierlichste. Drei Studirende trugen auf rothen sammetnen Kissen die Orden des Verblichenen hinter dem Sarge, es folgten zwei Pedelle in scharlachrothen Mänteln, die Scepter in der Hand, der Prorector mit der großen Jubelmedaille, die Professoren in Talar, Magistrat und Bürgervorsteher, dann ein Sängerchor, während den Zug der Studirenden zwei schwarz decorirte Reiter eröffneten (und eben so schlossen) denen die sechs Marschälle folgten. Dann hatte sich eine Anzahl Bürger angeschlossen und einige 60 Wagen. Trotz der schlechten Witterung drängten sich Tausende von Menschen, selbst aus der Umgegend, auf den Straßen, welche der Zug berührte (einen Theil der Allee und die Groner- und Geismarstraße) und füllte den St. Albani-Kirchhof und den Wall. &#x2013; Die neulich von mehreren Zeitungen mitgetheilte Nachricht, daß die Universität, zur Wahl eines Deputirten in den letzten Tagen aufgefordert, diese abgelehnt habe, ist unrichtig, und könnte höchstens als Prophezeiung gelten. &#x2013; Es ist hier viel davon die Rede, daß der geheime Justizrath Mühlenbruch in der Staatsrathssitzung, nach welcher jene merkwürdige Erklärung die unmangelhafte Befolgung der Gesetze betreffend erlassen wurde, gegen eine solche Erklärung gewesen sey, wenigstens ist so viel gewiß, daß sich Mühlenbruch immer auf das entschiedenste gegen jede Art von Cabinetsjustiz ausgesprochen hat, wie dieß z. B. in seinem Lehrbuch der Pandekten §. 34 geschieht. &#x2013; Zu einer neuen Bürgervorsteherwahl für den neunten District ist Termin auf den 4 Febr. angesetzt. Wenn im Hamburger Correspondenten vom 25 Jan. behauptet wird, daß die früher von diesem District vorgenommene Wahl Wehners nicht in Folge freier Entschließung der Bürger, sondern nur durch die angestrengtesten Machinationen und Kunstgriffe bewirkt sey, so gehört das zu den Lügen der Gegner.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Schweden.</hi> </head><lb/>
        <p>Am 14 Jan. übergab Se. Maj. der König dem Frhrn. v. Palmstjerna den Landmarschallsstab, und begrüßte den Erzbischof von Wingård als Sprecher des Priesterstandes, so wie den Bischof Dr. Hedren als Vicesprecher desselben. Die Staatszeitung theilt die Anreden und Antworten ausführlich mit, sie enthalten indeß nichts als officielle Redensarten. &#x2013; Die Frage, ob Strindlund Sprecher des Bauernstandes werden soll, ist noch keineswegs entschieden. Strindlund soll bestimmt erklärt haben, er glaube nicht hinreichenden Einfluß zu besitzen, um den Nutzen zu stiften, den er zu stiften wünsche und den die Regierung erwarten könne. Man soll jetzt die Blicke auf Hans Jansson geworfen haben, wie es scheint einen in allgemeinem Ansehen stehenden Mann, denn das Aftonblad bemerkt über ihn, wenn die Wahl des Sprechers den Ständen selbst zustände, so würde die von Hans Jansson einer der schönsten Siege der liberalen Partei seyn. Ist jedoch dem Aftonblad zu glauben, so ist auch Hans Jansson nicht sonderlich nach der Ehre begierig, Sprecher des Bauernstandes zu werden, indem er Bedingungen gestellt habe, die nicht angenommen werden könnten. &#x2013; In Folge des Aufrufs zur ersten Einzeichnung bei der Ritterschaft und dem Adel haben sich am 15 und 16 Jan. angemeldet: 17 Grafen, 40 Freiherren und 112 Edle, im Ganzen 169 Mitglieder. Diese erste Einzeichnung gilt indeß nur für Capita oder Bevollmächtigte solcher Familien, von denen keine Geschlechtsverwandte sich außerhalb der Hauptstadt finden. Am 18 soll die zweite Einzeichnung stattfinden, wo dann wahrscheinlich noch eine gleich große, wo nicht noch größere Anzahl heraus kommt. Das Aftonblad bemerkt, wenn man die bis jetzt eingezeichneten 169 Mitglieder überblicke und zu Rathe ziehe, was man etwa von ihren politischen Ansichten, die etwa als Opposition betrachtet werden könnten, wisse, so könne man höchstens 65 Mitglieder zur Opposition rechnen, die andern ständen auf der Seite der Regierung. (<hi rendition="#g">Schwed</hi>. <hi rendition="#g">Bl</hi>.)</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Türkei.</hi> </head><lb/>
        <p>Der <hi rendition="#g">Sémaphore de Marseille</hi> schreibt aus <hi rendition="#b">Konstantinopel</hi> vom 7 Jan.: &#x201E;Die Gesandtschaften Rußlands und Englands machten der Pforte Mittheilung von der zwischen beiden Höfen in Folge der Mission des Hrn. v. Brunnow getroffenen Uebereinkunft. Kaiser Nikolaus gibt durch dieselbe den geheimen Artikel des Tractats von Hunkiar Skelessi auf, welcher bestimmte, daß die Dardanellen im Fall eines Kriegs Rußlands gegen eine andere europäische Macht geschlossen werden sollen. Mittelst dieser Bedingung ist eine Allianz zwischen Rußland und England zu Stande gekommen (?), deren Zweck die Lösung der ägyptischen Frage ist. Frankreich scheint dieser Convention nicht beigetreten zu seyn und gleich Oesterreich in einer strengen Neutralität sich verhalten zu wollen. Das russische Cabinet hat durch das Verzichten auf die Clausel, welche allein die Ursache der Protestation der europäischen Mächte gegen den Tractat von Hunkiar-Skelessi war, dem Cabinet von St. James sich genähert, und kann daher nur um so besser an der Ausdehnung seiner Macht arbeiten, was der einzige Gedanke seiner Politik ist. Dieser Tractat war ein großer Mißgriff, denn er öffnete Europa die Augen über die Plane des Czars, und Rußlands Einfluß in der Türkei wurde dadurch nur gelähmt; indessen erlischt derselbe im Jahr 1841. Ihn bei der gegenwärtigen Stimmung sämmtlicher Cabinette zu erneuern, wäre unmöglich. Rußland aber wird immer in der Lage seyn, die Schließung der Dardanellen durchzusetzen, selbst wenn die Pforte durch keinen besondern Act dazu verpflichtet wäre. Rußland kann künftighin aus freiem Antrieb die &#x201E;Würde des Sultans&#x201C; vertheidigen, und da eine bewaffnete Intervention in der Hauptstadt nicht nothwendig ist, wird Rußland dafür in Armenien interveniren, unter dem Vorwand, den übermäßigen Ehrgeiz Mehemed Ali's in seine Schranken zurückzuweisen. Was wird aber geschehen, wenn der Pascha sich entschließt, mit Rußland im Kampfe sich zu messen? Der Pascha hat mehr als Eine Aussicht auf Erfolg. Die, welche die Stärke Rußlands kennen, und gesehen haben, wie es dieselbe zu gebrauchen weiß, meinen keineswegs sehr zuversichtlich, daß die Russen Sieger bleiben würden. Rußland dürfte sich wohl bedenken, ehe es sich entschließt, den Siegern von Saint Jean d'Acre, Koniah und Nisib entgegen zu treten. &#x2013; Hr. v. Sercey und seine Begleiter sind von Erzerum nach Teheran weiter gereist. Alles, was man über den Streit zwischen den französischen Officieren und dem Gefolge Hussein Khans erzählte, war in hohem Grade übertrieben.&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0271/0007] _ Frankfurt a. M., 30 Jan. Wie wir vernehmen, wird die Bundesversammlung in der nächsten Woche ihre Sitzungen wieder aufnehmen, und zwar unter dem Präsidium des königl. preußischen Bundestagsgesandten, Hrn. General v. Schöler. Außer dem Hrn. Grafen v. Münch-Bellinghausen sind nur noch wenige Bundestagsgesandte abwesend. _ Göttingen, 29 Jan. Gestern Morgen 9 Uhr fand die feierliche Beerdigung Blumenbachs statt. Leider hatte der seit länger als acht Tagen wüthende schreckliche Sturm und Regen es unmöglich gemacht, von der Erlaubniß des Curatoriums, das Leichenbegängniß mit Fackeln zu vollziehen, Gebrauch zu machen. Dieß und Rangstreitigkeiten unter den zum Zwecke der feierlichen Beerdigung zusammen getretenen Studentenverbindungen mochten denn auch wohl der Grund seyn, daß sich mehrere dieser sogenannten „Kneipen“ zurückgezogen und sich kaum 300 Studirende dem Zuge angeschlossen haben. Sonst war Alles auf das feierlichste. Drei Studirende trugen auf rothen sammetnen Kissen die Orden des Verblichenen hinter dem Sarge, es folgten zwei Pedelle in scharlachrothen Mänteln, die Scepter in der Hand, der Prorector mit der großen Jubelmedaille, die Professoren in Talar, Magistrat und Bürgervorsteher, dann ein Sängerchor, während den Zug der Studirenden zwei schwarz decorirte Reiter eröffneten (und eben so schlossen) denen die sechs Marschälle folgten. Dann hatte sich eine Anzahl Bürger angeschlossen und einige 60 Wagen. Trotz der schlechten Witterung drängten sich Tausende von Menschen, selbst aus der Umgegend, auf den Straßen, welche der Zug berührte (einen Theil der Allee und die Groner- und Geismarstraße) und füllte den St. Albani-Kirchhof und den Wall. – Die neulich von mehreren Zeitungen mitgetheilte Nachricht, daß die Universität, zur Wahl eines Deputirten in den letzten Tagen aufgefordert, diese abgelehnt habe, ist unrichtig, und könnte höchstens als Prophezeiung gelten. – Es ist hier viel davon die Rede, daß der geheime Justizrath Mühlenbruch in der Staatsrathssitzung, nach welcher jene merkwürdige Erklärung die unmangelhafte Befolgung der Gesetze betreffend erlassen wurde, gegen eine solche Erklärung gewesen sey, wenigstens ist so viel gewiß, daß sich Mühlenbruch immer auf das entschiedenste gegen jede Art von Cabinetsjustiz ausgesprochen hat, wie dieß z. B. in seinem Lehrbuch der Pandekten §. 34 geschieht. – Zu einer neuen Bürgervorsteherwahl für den neunten District ist Termin auf den 4 Febr. angesetzt. Wenn im Hamburger Correspondenten vom 25 Jan. behauptet wird, daß die früher von diesem District vorgenommene Wahl Wehners nicht in Folge freier Entschließung der Bürger, sondern nur durch die angestrengtesten Machinationen und Kunstgriffe bewirkt sey, so gehört das zu den Lügen der Gegner. Schweden. Am 14 Jan. übergab Se. Maj. der König dem Frhrn. v. Palmstjerna den Landmarschallsstab, und begrüßte den Erzbischof von Wingård als Sprecher des Priesterstandes, so wie den Bischof Dr. Hedren als Vicesprecher desselben. Die Staatszeitung theilt die Anreden und Antworten ausführlich mit, sie enthalten indeß nichts als officielle Redensarten. – Die Frage, ob Strindlund Sprecher des Bauernstandes werden soll, ist noch keineswegs entschieden. Strindlund soll bestimmt erklärt haben, er glaube nicht hinreichenden Einfluß zu besitzen, um den Nutzen zu stiften, den er zu stiften wünsche und den die Regierung erwarten könne. Man soll jetzt die Blicke auf Hans Jansson geworfen haben, wie es scheint einen in allgemeinem Ansehen stehenden Mann, denn das Aftonblad bemerkt über ihn, wenn die Wahl des Sprechers den Ständen selbst zustände, so würde die von Hans Jansson einer der schönsten Siege der liberalen Partei seyn. Ist jedoch dem Aftonblad zu glauben, so ist auch Hans Jansson nicht sonderlich nach der Ehre begierig, Sprecher des Bauernstandes zu werden, indem er Bedingungen gestellt habe, die nicht angenommen werden könnten. – In Folge des Aufrufs zur ersten Einzeichnung bei der Ritterschaft und dem Adel haben sich am 15 und 16 Jan. angemeldet: 17 Grafen, 40 Freiherren und 112 Edle, im Ganzen 169 Mitglieder. Diese erste Einzeichnung gilt indeß nur für Capita oder Bevollmächtigte solcher Familien, von denen keine Geschlechtsverwandte sich außerhalb der Hauptstadt finden. Am 18 soll die zweite Einzeichnung stattfinden, wo dann wahrscheinlich noch eine gleich große, wo nicht noch größere Anzahl heraus kommt. Das Aftonblad bemerkt, wenn man die bis jetzt eingezeichneten 169 Mitglieder überblicke und zu Rathe ziehe, was man etwa von ihren politischen Ansichten, die etwa als Opposition betrachtet werden könnten, wisse, so könne man höchstens 65 Mitglieder zur Opposition rechnen, die andern ständen auf der Seite der Regierung. (Schwed. Bl.) Türkei. Der Sémaphore de Marseille schreibt aus Konstantinopel vom 7 Jan.: „Die Gesandtschaften Rußlands und Englands machten der Pforte Mittheilung von der zwischen beiden Höfen in Folge der Mission des Hrn. v. Brunnow getroffenen Uebereinkunft. Kaiser Nikolaus gibt durch dieselbe den geheimen Artikel des Tractats von Hunkiar Skelessi auf, welcher bestimmte, daß die Dardanellen im Fall eines Kriegs Rußlands gegen eine andere europäische Macht geschlossen werden sollen. Mittelst dieser Bedingung ist eine Allianz zwischen Rußland und England zu Stande gekommen (?), deren Zweck die Lösung der ägyptischen Frage ist. Frankreich scheint dieser Convention nicht beigetreten zu seyn und gleich Oesterreich in einer strengen Neutralität sich verhalten zu wollen. Das russische Cabinet hat durch das Verzichten auf die Clausel, welche allein die Ursache der Protestation der europäischen Mächte gegen den Tractat von Hunkiar-Skelessi war, dem Cabinet von St. James sich genähert, und kann daher nur um so besser an der Ausdehnung seiner Macht arbeiten, was der einzige Gedanke seiner Politik ist. Dieser Tractat war ein großer Mißgriff, denn er öffnete Europa die Augen über die Plane des Czars, und Rußlands Einfluß in der Türkei wurde dadurch nur gelähmt; indessen erlischt derselbe im Jahr 1841. Ihn bei der gegenwärtigen Stimmung sämmtlicher Cabinette zu erneuern, wäre unmöglich. Rußland aber wird immer in der Lage seyn, die Schließung der Dardanellen durchzusetzen, selbst wenn die Pforte durch keinen besondern Act dazu verpflichtet wäre. Rußland kann künftighin aus freiem Antrieb die „Würde des Sultans“ vertheidigen, und da eine bewaffnete Intervention in der Hauptstadt nicht nothwendig ist, wird Rußland dafür in Armenien interveniren, unter dem Vorwand, den übermäßigen Ehrgeiz Mehemed Ali's in seine Schranken zurückzuweisen. Was wird aber geschehen, wenn der Pascha sich entschließt, mit Rußland im Kampfe sich zu messen? Der Pascha hat mehr als Eine Aussicht auf Erfolg. Die, welche die Stärke Rußlands kennen, und gesehen haben, wie es dieselbe zu gebrauchen weiß, meinen keineswegs sehr zuversichtlich, daß die Russen Sieger bleiben würden. Rußland dürfte sich wohl bedenken, ehe es sich entschließt, den Siegern von Saint Jean d'Acre, Koniah und Nisib entgegen zu treten. – Hr. v. Sercey und seine Begleiter sind von Erzerum nach Teheran weiter gereist. Alles, was man über den Streit zwischen den französischen Officieren und dem Gefolge Hussein Khans erzählte, war in hohem Grade übertrieben.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_034_18400203
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_034_18400203/7
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 34. Augsburg, 3. Februar 1840, S. 0271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_034_18400203/7>, abgerufen am 16.04.2024.