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Allgemeine Zeitung. Nr. 22. Augsburg, 22. Januar 1840.

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sie eben so groß, eben so schön, eben so einstimmig wieder zu geben, aber nur unter Einer Bedingung: so wie ihr ein großes, vaterländisches Interesse, ein großes Motiv der Nationalehre habt, so werdet ihr, welche Fehler auch die Regierung begehen mag, die schöne Begeisterung der ersten Tage unserer Revolution wieder erwachen sehen." (Rauschender Beifall von allen Bänken der Kammer.)

Der Pairshof hielt am 15 Jan. wieder eine Sitzung Darin ward zuerst der Angeklagte Piefort, ein Zimmermannsgesell, verhört, der auf dem Chateletplatz verwundet worden war. Er sagt, er sey zufällig mit seinem Bettgenossen auf den Insurgentenhaufen gestoßen, indem er dort in der Nähe eine Schwester habe besuchen wollen. Der erste Flintenschuß von einem Posten, den er gehört, habe ihn verwundet. Der Angeklagte Faucillon, der mit ihm verhaftet ward, sagt aus, sie seyen sich zufällig begegnet, und versichert, sie hätten keine Waffen gehabt. Die Zeugin Vitalis, die selbst nicht kommen konnte, sagt schriftlich aus, daß sie am 12 Mai den Angeklagten Faucillon in einem Hause in der Straße Vielle Tannerie mit einem Verwundeten gesehen. Mehrere Individuen, die den letztern begleitet, hätten zu ihm gesagt: "Fasse Muth, wir sind hier zu deiner Vertheidigung; sollte man uns angreifen, so werden wir uns zu rächen wissen." Der Angeklagte Henderick sagt, er habe in der Straße St. Jacques la Bougerie einen Schuster besuchen wollen, und da er dessen Bude verschlossen gefunden, sey er nach Haus und nicht mehr ausgegangen. Der Präsident bemerkt ihm, seine Aussage sey unrichtig, man habe ihn in den Straßen, wo die Insurrection stattgefunden, gesehen, und er sey der Mitschuld bei der Ermordung des Unterofficiers Jonas bezichtigt. Drei Zeugen wollen ihn am 12 Mai in der Arcisstraße mit einer Flinte und in Krapphosen unter den Insurgenten gesehen haben. Hendrick beharrt bei seiner Behauptung. Hierauf wurden die Angeklagten Espinousse, Hubert, Simon und Dupouy verhört, die alle vier am 12 Mai in einem Hause in der Straße St. Magloire verhaftet worden waren. Bei den drei ersten fand man Kugeln, Patronen und Käpselchen. Dupouy hatte nur von Schießpulver geschwärzte Hände. Alle sind der Theilnahme an den Vorfällen bei der Barricade St. Magloire bezichtigt. Zeugen, die sie früher erkannt hatten, wollen in der Audienz die Angeklagten nicht mehr positiv erkennen. Nur Gard, Capitän in der zweiten Legion, und Mignet, Corporal des 4ten Linienregiments, erkennen den von ihm verhafteten Simon wieder. Ein Municipalgardist Guyard, der zur Verhaftung Simons beigetragen, hörte ihn im Augenblick der Verhaftung sagen: "Ich bin ein verlorner Mann; am meisten ist meine Mutter zu beklagen." Nach Anhörung mehrerer Entlastungszeugen ward die Sitzung aufgehoben.

Das Journal Emancipation von Toulouse gibt folgende Details über die vorgestern erwähnten, in der Gemeinde Foix stattgehabten Unruhen: "Foix, 13 Jan. Die Gemeinde Foix hatte ein Grundstück gekauft, um daraus eine Art Marktplatz zu bilden, wohin alles zum Verkauf bestimmte Vieh für eine zum Vortheil der Gemeindecasse bestimmte Abgabe getrieben werden sollte. Darüber ward ein Beschluß gefaßt, der heute vollzogen werden sollte. Alles war bis um 9 Uhr Morgens in Ordnung gegangen, darauf ward aber die Autorität von 2 oder 3 Gendarmen und 12 bis 15 Mann Linientruppen, die sich an Ort und Stelle eingefunden hatten, mißkannt. Der sie befehligende Officier ward mit Steinwürfen empfangen und mußte sich mit seiner Abtheilung von dem Platze zurückziehen. Gegen 11 Uhr begaben sich die ganze Brigade Gendarmerie und etwa 150 Mann Linientruppen, an deren Spitze der Präfect und der Maire sich befanden, an den Ort der Emeute; im Augenblick aber, wo Hr. Petit de Bantel sprechen wollte, verwundete ein Hagel von Steinen mehrere Militäre und der Präfect selbst ward an der Lippe getroffen. Darauf feuerte die Truppe. Neun Mann oder Weiber wurden getödtet, 3 Personen tödtlich und 11 bis 14 minder bedeutend verwundet. Die Erbitterung stieg in Folge der Anwendung einer so extremen Maaßregel aufs Aeußerste. Die Flinten und die Kanonen der Nationalgarde wurden aus Furcht vor einem Handstreich in der Caserne eingeschlossen. Die Officiere der Nationalgarde wurden durch die Behörden zusammenberufen. Man fürchtet, die Leute von Barguilliere und andere Bergbewohner möchten in die Stadt herabkommen." -- Die France meridionale vom 14 sagt: "Ein schreckliches Unglück hat die Stadt Foix (Ariege) mit Trauer erfüllt. Gestern war der Tag des Viehmarkts. Ein neuer Tarif, der das dahin kommende Vieh treffen sollte, ward in Vollziehung gesetzt. Die ersten Ankömmlinge unterwarfen sich demselben ohne Murren, die Masse der Reclamanten nahm aber in solchem Grade zu, daß die Behörde sich genöthigt sah, die Gendarmen und die Truppen der Besatzung zu versammeln. Alle Ueberredungsmittel waren erschöpft, die gesetzlichen Aufforderungen erfolgt; die Zusammenrottungen nahmen aber zu, und man sah sich bei den begangenen Ausschweifungen in die traurige Nothwendigkeit versetzt, feuern zu lassen. Man versichert, daß 15 Personen das Leben verloren haben, und gegen vierzig verwundet sind."

* Der Stenograph [s]agt: "Wir beeilen uns folgende Note bekannt zu machen: Mehrere Nationalgarden, die am letzten Sonntag an dem bei mehreren Deputirten des Comite's für Wahlreform gemachten Schritte Theil genommen, haben gehört, daß eine neue Demonstration ähnlicher Art sich am nächsten Sonntag erneueren sollte; sie glauben zum voraus erklären zu müssen, daß sie keinen Theil daran nehmen werden, und fordern aufs lebhafteste ihre Cameraden auf, ihr fremd zu bleiben."

Das Tagsgespräch bildet das von Hrn. Passy vorgelegte Gesetz über die Rentenconversion. Die Meinungen über dessen Erfolg, die früher einstimmig dessen Verwerfung vorhersagten und in deren Folge den Austritt des Finanzministers, sind jetzt getheilt. Die einen glauben immer noch, daß entweder die Pairs es verwerfen oder der König die Executionsordonnanz verweigern wird; andere meinen jedoch, daß man auf eine Majorität von etwa dreißig Stimmen in der Pairskammer werde zählen können. So viel ist gewiß, daß zwei Umstände die Hoffnung der letztern bestärken: einmal hat man einen Theil des Gesetzes dem Budget einverleibt, indem man das durch die Reduction zu Erzielende unter die Einnahmen brachte; so geriethe die Pairskammer durch Verwerfung mit den Deputirten in eine doppelte Collision; dann glaubt man an der Börse zu wissen, daß Hr. Passy vorhabe, gegen die 5Proc. zu 112, 3Proc. zu 84 zu bewilligen, während sie jetzt 81 stehen. Dieß scheint den 5Procentbesitzern eine gute Speculation. Darum stiegen die 5Proc., weil man sich deren zu jener bevorstehenden Speculation zu verschaffen sucht, und die 3Procents folgen natürlich dieser Bewegung. Der Eindruck, den die Gesetzvorlage an der Börse gemacht, ist somit kein ungünstiger und deutet zugleich an, daß man dort das Durchbringen des Gesetzes für möglich hält. Viele entwaffnet auch die Bestimmung, welche den Zeitpunkt der Umwandlung immer noch in des Ministers Ermessen stellt.

Niederlande.

Die Vorlage, welche fünf Mitglieder der zweiten Kammer der Generalstaaten, bezüglich

sie eben so groß, eben so schön, eben so einstimmig wieder zu geben, aber nur unter Einer Bedingung: so wie ihr ein großes, vaterländisches Interesse, ein großes Motiv der Nationalehre habt, so werdet ihr, welche Fehler auch die Regierung begehen mag, die schöne Begeisterung der ersten Tage unserer Revolution wieder erwachen sehen.” (Rauschender Beifall von allen Bänken der Kammer.)

Der Pairshof hielt am 15 Jan. wieder eine Sitzung Darin ward zuerst der Angeklagte Piefort, ein Zimmermannsgesell, verhört, der auf dem Châteletplatz verwundet worden war. Er sagt, er sey zufällig mit seinem Bettgenossen auf den Insurgentenhaufen gestoßen, indem er dort in der Nähe eine Schwester habe besuchen wollen. Der erste Flintenschuß von einem Posten, den er gehört, habe ihn verwundet. Der Angeklagte Faucillon, der mit ihm verhaftet ward, sagt aus, sie seyen sich zufällig begegnet, und versichert, sie hätten keine Waffen gehabt. Die Zeugin Vitalis, die selbst nicht kommen konnte, sagt schriftlich aus, daß sie am 12 Mai den Angeklagten Faucillon in einem Hause in der Straße Vielle Tannerie mit einem Verwundeten gesehen. Mehrere Individuen, die den letztern begleitet, hätten zu ihm gesagt: “Fasse Muth, wir sind hier zu deiner Vertheidigung; sollte man uns angreifen, so werden wir uns zu rächen wissen.” Der Angeklagte Henderick sagt, er habe in der Straße St. Jacques la Bougerie einen Schuster besuchen wollen, und da er dessen Bude verschlossen gefunden, sey er nach Haus und nicht mehr ausgegangen. Der Präsident bemerkt ihm, seine Aussage sey unrichtig, man habe ihn in den Straßen, wo die Insurrection stattgefunden, gesehen, und er sey der Mitschuld bei der Ermordung des Unterofficiers Jonas bezichtigt. Drei Zeugen wollen ihn am 12 Mai in der Arcisstraße mit einer Flinte und in Krapphosen unter den Insurgenten gesehen haben. Hendrick beharrt bei seiner Behauptung. Hierauf wurden die Angeklagten Espinousse, Hubert, Simon und Dupouy verhört, die alle vier am 12 Mai in einem Hause in der Straße St. Magloire verhaftet worden waren. Bei den drei ersten fand man Kugeln, Patronen und Käpselchen. Dupouy hatte nur von Schießpulver geschwärzte Hände. Alle sind der Theilnahme an den Vorfällen bei der Barricade St. Magloire bezichtigt. Zeugen, die sie früher erkannt hatten, wollen in der Audienz die Angeklagten nicht mehr positiv erkennen. Nur Gard, Capitän in der zweiten Legion, und Mignet, Corporal des 4ten Linienregiments, erkennen den von ihm verhafteten Simon wieder. Ein Municipalgardist Guyard, der zur Verhaftung Simons beigetragen, hörte ihn im Augenblick der Verhaftung sagen: “Ich bin ein verlorner Mann; am meisten ist meine Mutter zu beklagen.” Nach Anhörung mehrerer Entlastungszeugen ward die Sitzung aufgehoben.

Das Journal Emancipation von Toulouse gibt folgende Details über die vorgestern erwähnten, in der Gemeinde Foix stattgehabten Unruhen: “Foix, 13 Jan. Die Gemeinde Foix hatte ein Grundstück gekauft, um daraus eine Art Marktplatz zu bilden, wohin alles zum Verkauf bestimmte Vieh für eine zum Vortheil der Gemeindecasse bestimmte Abgabe getrieben werden sollte. Darüber ward ein Beschluß gefaßt, der heute vollzogen werden sollte. Alles war bis um 9 Uhr Morgens in Ordnung gegangen, darauf ward aber die Autorität von 2 oder 3 Gendarmen und 12 bis 15 Mann Linientruppen, die sich an Ort und Stelle eingefunden hatten, mißkannt. Der sie befehligende Officier ward mit Steinwürfen empfangen und mußte sich mit seiner Abtheilung von dem Platze zurückziehen. Gegen 11 Uhr begaben sich die ganze Brigade Gendarmerie und etwa 150 Mann Linientruppen, an deren Spitze der Präfect und der Maire sich befanden, an den Ort der Emeute; im Augenblick aber, wo Hr. Petit de Bantel sprechen wollte, verwundete ein Hagel von Steinen mehrere Militäre und der Präfect selbst ward an der Lippe getroffen. Darauf feuerte die Truppe. Neun Mann oder Weiber wurden getödtet, 3 Personen tödtlich und 11 bis 14 minder bedeutend verwundet. Die Erbitterung stieg in Folge der Anwendung einer so extremen Maaßregel aufs Aeußerste. Die Flinten und die Kanonen der Nationalgarde wurden aus Furcht vor einem Handstreich in der Caserne eingeschlossen. Die Officiere der Nationalgarde wurden durch die Behörden zusammenberufen. Man fürchtet, die Leute von Barguilliere und andere Bergbewohner möchten in die Stadt herabkommen.” — Die France méridionale vom 14 sagt: “Ein schreckliches Unglück hat die Stadt Foix (Ariege) mit Trauer erfüllt. Gestern war der Tag des Viehmarkts. Ein neuer Tarif, der das dahin kommende Vieh treffen sollte, ward in Vollziehung gesetzt. Die ersten Ankömmlinge unterwarfen sich demselben ohne Murren, die Masse der Reclamanten nahm aber in solchem Grade zu, daß die Behörde sich genöthigt sah, die Gendarmen und die Truppen der Besatzung zu versammeln. Alle Ueberredungsmittel waren erschöpft, die gesetzlichen Aufforderungen erfolgt; die Zusammenrottungen nahmen aber zu, und man sah sich bei den begangenen Ausschweifungen in die traurige Nothwendigkeit versetzt, feuern zu lassen. Man versichert, daß 15 Personen das Leben verloren haben, und gegen vierzig verwundet sind.”

* Der Stenograph [s]agt: “Wir beeilen uns folgende Note bekannt zu machen: Mehrere Nationalgarden, die am letzten Sonntag an dem bei mehreren Deputirten des Comité's für Wahlreform gemachten Schritte Theil genommen, haben gehört, daß eine neue Demonstration ähnlicher Art sich am nächsten Sonntag erneueren sollte; sie glauben zum voraus erklären zu müssen, daß sie keinen Theil daran nehmen werden, und fordern aufs lebhafteste ihre Cameraden auf, ihr fremd zu bleiben.”

Das Tagsgespräch bildet das von Hrn. Passy vorgelegte Gesetz über die Rentenconversion. Die Meinungen über dessen Erfolg, die früher einstimmig dessen Verwerfung vorhersagten und in deren Folge den Austritt des Finanzministers, sind jetzt getheilt. Die einen glauben immer noch, daß entweder die Pairs es verwerfen oder der König die Executionsordonnanz verweigern wird; andere meinen jedoch, daß man auf eine Majorität von etwa dreißig Stimmen in der Pairskammer werde zählen können. So viel ist gewiß, daß zwei Umstände die Hoffnung der letztern bestärken: einmal hat man einen Theil des Gesetzes dem Budget einverleibt, indem man das durch die Reduction zu Erzielende unter die Einnahmen brachte; so geriethe die Pairskammer durch Verwerfung mit den Deputirten in eine doppelte Collision; dann glaubt man an der Börse zu wissen, daß Hr. Passy vorhabe, gegen die 5Proc. zu 112, 3Proc. zu 84 zu bewilligen, während sie jetzt 81 stehen. Dieß scheint den 5Procentbesitzern eine gute Speculation. Darum stiegen die 5Proc., weil man sich deren zu jener bevorstehenden Speculation zu verschaffen sucht, und die 3Procents folgen natürlich dieser Bewegung. Der Eindruck, den die Gesetzvorlage an der Börse gemacht, ist somit kein ungünstiger und deutet zugleich an, daß man dort das Durchbringen des Gesetzes für möglich hält. Viele entwaffnet auch die Bestimmung, welche den Zeitpunkt der Umwandlung immer noch in des Ministers Ermessen stellt.

Niederlande.

Die Vorlage, welche fünf Mitglieder der zweiten Kammer der Generalstaaten, bezüglich

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[0174/0006] sie eben so groß, eben so schön, eben so einstimmig wieder zu geben, aber nur unter Einer Bedingung: so wie ihr ein großes, vaterländisches Interesse, ein großes Motiv der Nationalehre habt, so werdet ihr, welche Fehler auch die Regierung begehen mag, die schöne Begeisterung der ersten Tage unserer Revolution wieder erwachen sehen.” (Rauschender Beifall von allen Bänken der Kammer.) Der Pairshof hielt am 15 Jan. wieder eine Sitzung Darin ward zuerst der Angeklagte Piefort, ein Zimmermannsgesell, verhört, der auf dem Châteletplatz verwundet worden war. Er sagt, er sey zufällig mit seinem Bettgenossen auf den Insurgentenhaufen gestoßen, indem er dort in der Nähe eine Schwester habe besuchen wollen. Der erste Flintenschuß von einem Posten, den er gehört, habe ihn verwundet. Der Angeklagte Faucillon, der mit ihm verhaftet ward, sagt aus, sie seyen sich zufällig begegnet, und versichert, sie hätten keine Waffen gehabt. Die Zeugin Vitalis, die selbst nicht kommen konnte, sagt schriftlich aus, daß sie am 12 Mai den Angeklagten Faucillon in einem Hause in der Straße Vielle Tannerie mit einem Verwundeten gesehen. Mehrere Individuen, die den letztern begleitet, hätten zu ihm gesagt: “Fasse Muth, wir sind hier zu deiner Vertheidigung; sollte man uns angreifen, so werden wir uns zu rächen wissen.” Der Angeklagte Henderick sagt, er habe in der Straße St. Jacques la Bougerie einen Schuster besuchen wollen, und da er dessen Bude verschlossen gefunden, sey er nach Haus und nicht mehr ausgegangen. Der Präsident bemerkt ihm, seine Aussage sey unrichtig, man habe ihn in den Straßen, wo die Insurrection stattgefunden, gesehen, und er sey der Mitschuld bei der Ermordung des Unterofficiers Jonas bezichtigt. Drei Zeugen wollen ihn am 12 Mai in der Arcisstraße mit einer Flinte und in Krapphosen unter den Insurgenten gesehen haben. Hendrick beharrt bei seiner Behauptung. Hierauf wurden die Angeklagten Espinousse, Hubert, Simon und Dupouy verhört, die alle vier am 12 Mai in einem Hause in der Straße St. Magloire verhaftet worden waren. Bei den drei ersten fand man Kugeln, Patronen und Käpselchen. Dupouy hatte nur von Schießpulver geschwärzte Hände. Alle sind der Theilnahme an den Vorfällen bei der Barricade St. Magloire bezichtigt. Zeugen, die sie früher erkannt hatten, wollen in der Audienz die Angeklagten nicht mehr positiv erkennen. Nur Gard, Capitän in der zweiten Legion, und Mignet, Corporal des 4ten Linienregiments, erkennen den von ihm verhafteten Simon wieder. Ein Municipalgardist Guyard, der zur Verhaftung Simons beigetragen, hörte ihn im Augenblick der Verhaftung sagen: “Ich bin ein verlorner Mann; am meisten ist meine Mutter zu beklagen.” Nach Anhörung mehrerer Entlastungszeugen ward die Sitzung aufgehoben. Das Journal Emancipation von Toulouse gibt folgende Details über die vorgestern erwähnten, in der Gemeinde Foix stattgehabten Unruhen: “Foix, 13 Jan. Die Gemeinde Foix hatte ein Grundstück gekauft, um daraus eine Art Marktplatz zu bilden, wohin alles zum Verkauf bestimmte Vieh für eine zum Vortheil der Gemeindecasse bestimmte Abgabe getrieben werden sollte. Darüber ward ein Beschluß gefaßt, der heute vollzogen werden sollte. Alles war bis um 9 Uhr Morgens in Ordnung gegangen, darauf ward aber die Autorität von 2 oder 3 Gendarmen und 12 bis 15 Mann Linientruppen, die sich an Ort und Stelle eingefunden hatten, mißkannt. Der sie befehligende Officier ward mit Steinwürfen empfangen und mußte sich mit seiner Abtheilung von dem Platze zurückziehen. Gegen 11 Uhr begaben sich die ganze Brigade Gendarmerie und etwa 150 Mann Linientruppen, an deren Spitze der Präfect und der Maire sich befanden, an den Ort der Emeute; im Augenblick aber, wo Hr. Petit de Bantel sprechen wollte, verwundete ein Hagel von Steinen mehrere Militäre und der Präfect selbst ward an der Lippe getroffen. Darauf feuerte die Truppe. Neun Mann oder Weiber wurden getödtet, 3 Personen tödtlich und 11 bis 14 minder bedeutend verwundet. Die Erbitterung stieg in Folge der Anwendung einer so extremen Maaßregel aufs Aeußerste. Die Flinten und die Kanonen der Nationalgarde wurden aus Furcht vor einem Handstreich in der Caserne eingeschlossen. Die Officiere der Nationalgarde wurden durch die Behörden zusammenberufen. Man fürchtet, die Leute von Barguilliere und andere Bergbewohner möchten in die Stadt herabkommen.” — Die France méridionale vom 14 sagt: “Ein schreckliches Unglück hat die Stadt Foix (Ariege) mit Trauer erfüllt. Gestern war der Tag des Viehmarkts. Ein neuer Tarif, der das dahin kommende Vieh treffen sollte, ward in Vollziehung gesetzt. Die ersten Ankömmlinge unterwarfen sich demselben ohne Murren, die Masse der Reclamanten nahm aber in solchem Grade zu, daß die Behörde sich genöthigt sah, die Gendarmen und die Truppen der Besatzung zu versammeln. Alle Ueberredungsmittel waren erschöpft, die gesetzlichen Aufforderungen erfolgt; die Zusammenrottungen nahmen aber zu, und man sah sich bei den begangenen Ausschweifungen in die traurige Nothwendigkeit versetzt, feuern zu lassen. Man versichert, daß 15 Personen das Leben verloren haben, und gegen vierzig verwundet sind.” * Der Stenograph sagt: “Wir beeilen uns folgende Note bekannt zu machen: Mehrere Nationalgarden, die am letzten Sonntag an dem bei mehreren Deputirten des Comité's für Wahlreform gemachten Schritte Theil genommen, haben gehört, daß eine neue Demonstration ähnlicher Art sich am nächsten Sonntag erneueren sollte; sie glauben zum voraus erklären zu müssen, daß sie keinen Theil daran nehmen werden, und fordern aufs lebhafteste ihre Cameraden auf, ihr fremd zu bleiben.” _ Paris, 17 Jan. Das Tagsgespräch bildet das von Hrn. Passy vorgelegte Gesetz über die Rentenconversion. Die Meinungen über dessen Erfolg, die früher einstimmig dessen Verwerfung vorhersagten und in deren Folge den Austritt des Finanzministers, sind jetzt getheilt. Die einen glauben immer noch, daß entweder die Pairs es verwerfen oder der König die Executionsordonnanz verweigern wird; andere meinen jedoch, daß man auf eine Majorität von etwa dreißig Stimmen in der Pairskammer werde zählen können. So viel ist gewiß, daß zwei Umstände die Hoffnung der letztern bestärken: einmal hat man einen Theil des Gesetzes dem Budget einverleibt, indem man das durch die Reduction zu Erzielende unter die Einnahmen brachte; so geriethe die Pairskammer durch Verwerfung mit den Deputirten in eine doppelte Collision; dann glaubt man an der Börse zu wissen, daß Hr. Passy vorhabe, gegen die 5Proc. zu 112, 3Proc. zu 84 zu bewilligen, während sie jetzt 81 stehen. Dieß scheint den 5Procentbesitzern eine gute Speculation. Darum stiegen die 5Proc., weil man sich deren zu jener bevorstehenden Speculation zu verschaffen sucht, und die 3Procents folgen natürlich dieser Bewegung. Der Eindruck, den die Gesetzvorlage an der Börse gemacht, ist somit kein ungünstiger und deutet zugleich an, daß man dort das Durchbringen des Gesetzes für möglich hält. Viele entwaffnet auch die Bestimmung, welche den Zeitpunkt der Umwandlung immer noch in des Ministers Ermessen stellt. Niederlande. _ Aus dem Haag, 15 Jan. Die Vorlage, welche fünf Mitglieder der zweiten Kammer der Generalstaaten, bezüglich

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 22. Augsburg, 22. Januar 1840, S. 0174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_022_18400122/6>, abgerufen am 28.03.2024.