Allgemeine Zeitung. Nr. 12. Augsburg, 12. Januar 1840.
Ein Bericht des Obristen De Barrail im Moniteur gibt ausführliche Details über die Ereignisse bei Masagran und Mostaganem, welche unsere Briefe aus Algier und Toulon meldeten. Zwei interessante Thatsachen treten aus der Darstellung des französischen Commandanten von Mostaganem besonders hervor: die große Tapferkeit der Kuruglis von Tlemsan, welche in Mostaganem sich angesiedelt haben, ihre außerordentliche Treue und Hingebung für Frankreich; dann auch der Muth der Feinde, welche bei dieser Gelegenheit nicht weniger hartnäckig kämpften, als die Truppen des Emirs in der Metidscha und zum erstenmal einen Sturm gegen feste Mauern versuchten. Am 15 bei Tagesanbruch waren die Hügel zwischen Mostaganem und Masagran von 3000 Arabern bedeckt. Eine Colonne von 15 bis 18,000 Mann näherte sich dem kleinen Städtchen Masagran. Lieutenant Magnien, der die Besatzung befehligte, ließ seine Truppen nur feuern, so oft die Feinde sehr nahe kamen. Diese drangen bis dicht an die Mauern, schossen Bresche und suchten in den Platz einzudringen. Es waren viele rothgekleidete Truppen unter ihnen, wahrscheinlich die regulären Reiter Abd-El-Kaders, welche vom Pferd gestiegen waren, um mit den übrigen Arabern Sturm zu laufen. Sie wurden mit einer Salve empfangen und erlitten ziemlich starken Verlust, über 30 Mann sollen getödtet und 80 verwundet worden seyn. Die Franzosen verloren nur einen Corporal, der einen Schuß in den Kopf erhielt. Obrist De Barrail eilte inzwischen mit einem Theile der Besatzung von Mostaganem dem bedrohten Masagran zu Hülfe. Am Tage zuvor hatte der Obrist zwei Compagnien der Kuruglis formirt, welche inständigst verlangten, am Kampfe mit Theil nehmen zu dürfen. Dreißig von ihnen erhielten diese Erlaubniß und sollten als Tirailleurs fechten. Kaum hatte aber der Obrist mit seiner Colonne die Thore verlassen, als noch etwa hundert Kuruglis sich ohne Erlaubniß mit begeistertem Rufe den übrigen anschlossen. Der Kampf war sehr hartnäckig, und wie aus dem Bericht deutlich genug hervorgeht, nicht zum Vortheil der Franzosen, Die Colonne konnte Masagran nicht erreichen und wurde zum Rückzug gezwungen. Obrist De Barrail befahl dem Commandanten der Kuruglis, Hadschi-Achmet, sich der französischen Infanterie auf ihrer rückgängigen Bewegung anzuschließen. Der Befehl aber wurde nicht befolgt. Alle Kuruglis wollten miteinander an Muth wetteifern und die meisten blieben voran, trotz des Befehls zur Retirade. Die Feinde machten inzwischen einen kräftigen Angriff, wodurch die Kuruglis von der Colonne abgeschnitten wurden. Nur 70 Mann von ihnen gelang es, sich nach Masagran zu werfen; der muthige Hadschi Achmet aber, einer der hochherzigsten Häuptlinge des Landes, wurde in ein Gemäuer zurückgedrängt und fiel dort tapfer fechtend mit seinen Türkensöhnen. Am Abend zog sich der Feind zurück. Die Einwohner von Mostaganem holten die Leichen der Ihrigen, die tapfersten Kuruglis waren getödtet. Die Verwandten, obwohl in tiefer Trauer, erklärten dem Obristen, daß sie bereit seyen, mit derselben Hingebung zu fechten, wenn der Feind sich wieder zeigen sollte. Der Khalifa von Mascara, Hadschi-Mustapha-ben-Thaui, soll in Person die Feinde commandirt haben. Man hörte seine Musik und Tambours beim Angriff. Dieser Häuptling ist jetzt nach Mascara zurückgekehrt. In Mostaganem ging das Gerücht, Abd-El-Kader werde bald in eigener Person den Angriff erneuern. In der Sitzung der Pairskammer am 6 Jan., in welcher, wie schon erwähnt, die Adressediscussion begonnen wurde, griff der Herzog v. Noailles besonders die auswärtige Politik des Cabinets an, indem er die Politik der Restauration entgegenstellte, die in einer Allianz mit Rußland Frankreich die größten Hoffnungen gegeben habe, während das jetzige Cabinet nicht wisse, wohin es sich wenden solle, und fast isolirt stehe. Hr. Villemain antwortete im Namen des Ministeriums besonders in Betreff der orientalischen Frage: die Restauration habe, entgegen Oesterreich und England, den Vertrag von Adrianopel begünstigt und damit die Schwächung der Türkei besiegelt. Das Frankreich des Julius dagegen habe gegen den Vertrag von Hunkiar-Skelessi protestirt, und bei der späteren Entwicklung habe sich die Protestation als bedeutsam gezeigt. Es handle sich jetzt nicht von Theilungen, die eine Weltrevolution herbeiführen würden; den Waffen Stillstand geboten zu haben, und ihnen noch zu gebieten, sey auch eine ehrenvolle und mächtige Politik. Keine große politische Entscheidung könne ohne Frankreich gegeben werden. Wenn Rußland und England sich auf einem Punkte nähern, so stoßen sie auf andern Gebieten wieder gegeneinander, während Frankreich und England durch gleiche Grundsätze und weniger widerstreitende Interessen immer wieder zusammengeführt werden. (Wir werden auf diese Rede, die am bedeutendsten durch ihre Anspielungen war, morgen umständlich zurückkommen.) Graf Tascher sprach für die Polen und den polnischen Katholicismus, wie für die Selbstständigkeit von Krakau. Marschall Soult erklärte, das französische Cabinet habe nie einen die Verträge verletzenden Act des russischen Cabinets sanctionirt. Hierauf wurde der vierte Paragraph der Adresse angenommen, nachdem die drei ersten, innere Politik, fast ohne Discussion durchgegangen waren. Der Paragraph über Spanien gab Hrn. v. Dreux-Breze Veranlassung zu einer langen Rede. Hr. v. Fezensac erbat sich das Wort. Die Discussion ward aber verschoben. * In der Sitzung vom 7 Jan. hielt Hr. v. Fezensac (bekanntlich zuletzt Botschafter am Madrider Hof) die Gegenrede zur Vertheidigung der Regierung Christinens und der Politik Ludwig Philipps. Die betreffende Stelle der Adresse ward unverändert angenommen. - Nun schlägt Graf Harcourt die Einschaltung eines Paragraphen für Polen vor. Die Kammer nimmt dieses Amendement an. Der Paragraph über Algier erhielt ohne lange Discussionen die Zustimmung; ebenso die folgenden Stellen. Zuletzt ergaben sich bei der Abstimmung über die ganze Adresse, bei 146 Votanten, nur 17 schwarze Kugeln. * Die Deputirtenkammer hörte am 7 Jan. die Verlesung des Adreßentwurfs. Mehrere Stellen wurden mit Beifall begrüßt, z. B. die über Polen, über die Nothwendigkeit einer parlamentarischen Haltung der Regierung und über Afrika. Es ward beschlossen, die Debatten am 9 zu beginnen. Folgende Stellen in Betreff des Orients und Polens kommen im Adreßentwurf der Deputirtenkammer vor. "Frankreichs Politik darf nicht dulden, daß irgend eine europäische Macht die Unabhängigkeit oder Integrität des ottomanischen Reichs bedrohe, dessen Existenz zur Erhaltung des allgemeinen Friedens so nothwendig ist. Indem aber die französische Politik Rechte unterstützt, welche durch die Zeit geheiligt sind, nimmt sie auch Rücksicht auf die Ereignisse und gibt die neuen Rechte nicht preis. Der Tractat, welcher so verschiedene Interessen versöhnen soll, muß allen eine dauerhafte Sicherheit bieten. Ew. Maj. hegt die Hoffnung, daß eine befriedigende Lösung durch den Einklang der großen Mächte bald herbeigeführt werde. - Bei allen Fragen, welche die Welt entzweien, ruft Frankreich nur die Gerechtigkeit an; es verlangt nichts, als die Achtung aller Rechte. Wie sollte es aufhören,
Ein Bericht des Obristen De Barrail im Moniteur gibt ausführliche Details über die Ereignisse bei Masagran und Mostaganem, welche unsere Briefe aus Algier und Toulon meldeten. Zwei interessante Thatsachen treten aus der Darstellung des französischen Commandanten von Mostaganem besonders hervor: die große Tapferkeit der Kuruglis von Tlemsan, welche in Mostaganem sich angesiedelt haben, ihre außerordentliche Treue und Hingebung für Frankreich; dann auch der Muth der Feinde, welche bei dieser Gelegenheit nicht weniger hartnäckig kämpften, als die Truppen des Emirs in der Metidscha und zum erstenmal einen Sturm gegen feste Mauern versuchten. Am 15 bei Tagesanbruch waren die Hügel zwischen Mostaganem und Masagran von 3000 Arabern bedeckt. Eine Colonne von 15 bis 18,000 Mann näherte sich dem kleinen Städtchen Masagran. Lieutenant Magnien, der die Besatzung befehligte, ließ seine Truppen nur feuern, so oft die Feinde sehr nahe kamen. Diese drangen bis dicht an die Mauern, schossen Bresche und suchten in den Platz einzudringen. Es waren viele rothgekleidete Truppen unter ihnen, wahrscheinlich die regulären Reiter Abd-El-Kaders, welche vom Pferd gestiegen waren, um mit den übrigen Arabern Sturm zu laufen. Sie wurden mit einer Salve empfangen und erlitten ziemlich starken Verlust, über 30 Mann sollen getödtet und 80 verwundet worden seyn. Die Franzosen verloren nur einen Corporal, der einen Schuß in den Kopf erhielt. Obrist De Barrail eilte inzwischen mit einem Theile der Besatzung von Mostaganem dem bedrohten Masagran zu Hülfe. Am Tage zuvor hatte der Obrist zwei Compagnien der Kuruglis formirt, welche inständigst verlangten, am Kampfe mit Theil nehmen zu dürfen. Dreißig von ihnen erhielten diese Erlaubniß und sollten als Tirailleurs fechten. Kaum hatte aber der Obrist mit seiner Colonne die Thore verlassen, als noch etwa hundert Kuruglis sich ohne Erlaubniß mit begeistertem Rufe den übrigen anschlossen. Der Kampf war sehr hartnäckig, und wie aus dem Bericht deutlich genug hervorgeht, nicht zum Vortheil der Franzosen, Die Colonne konnte Masagran nicht erreichen und wurde zum Rückzug gezwungen. Obrist De Barrail befahl dem Commandanten der Kuruglis, Hadschi-Achmet, sich der französischen Infanterie auf ihrer rückgängigen Bewegung anzuschließen. Der Befehl aber wurde nicht befolgt. Alle Kuruglis wollten miteinander an Muth wetteifern und die meisten blieben voran, trotz des Befehls zur Retirade. Die Feinde machten inzwischen einen kräftigen Angriff, wodurch die Kuruglis von der Colonne abgeschnitten wurden. Nur 70 Mann von ihnen gelang es, sich nach Masagran zu werfen; der muthige Hadschi Achmet aber, einer der hochherzigsten Häuptlinge des Landes, wurde in ein Gemäuer zurückgedrängt und fiel dort tapfer fechtend mit seinen Türkensöhnen. Am Abend zog sich der Feind zurück. Die Einwohner von Mostaganem holten die Leichen der Ihrigen, die tapfersten Kuruglis waren getödtet. Die Verwandten, obwohl in tiefer Trauer, erklärten dem Obristen, daß sie bereit seyen, mit derselben Hingebung zu fechten, wenn der Feind sich wieder zeigen sollte. Der Khalifa von Mascara, Hadschi-Mustapha-ben-Thaui, soll in Person die Feinde commandirt haben. Man hörte seine Musik und Tambours beim Angriff. Dieser Häuptling ist jetzt nach Mascara zurückgekehrt. In Mostaganem ging das Gerücht, Abd-El-Kader werde bald in eigener Person den Angriff erneuern. In der Sitzung der Pairskammer am 6 Jan., in welcher, wie schon erwähnt, die Adressediscussion begonnen wurde, griff der Herzog v. Noailles besonders die auswärtige Politik des Cabinets an, indem er die Politik der Restauration entgegenstellte, die in einer Allianz mit Rußland Frankreich die größten Hoffnungen gegeben habe, während das jetzige Cabinet nicht wisse, wohin es sich wenden solle, und fast isolirt stehe. Hr. Villemain antwortete im Namen des Ministeriums besonders in Betreff der orientalischen Frage: die Restauration habe, entgegen Oesterreich und England, den Vertrag von Adrianopel begünstigt und damit die Schwächung der Türkei besiegelt. Das Frankreich des Julius dagegen habe gegen den Vertrag von Hunkiar-Skelessi protestirt, und bei der späteren Entwicklung habe sich die Protestation als bedeutsam gezeigt. Es handle sich jetzt nicht von Theilungen, die eine Weltrevolution herbeiführen würden; den Waffen Stillstand geboten zu haben, und ihnen noch zu gebieten, sey auch eine ehrenvolle und mächtige Politik. Keine große politische Entscheidung könne ohne Frankreich gegeben werden. Wenn Rußland und England sich auf einem Punkte nähern, so stoßen sie auf andern Gebieten wieder gegeneinander, während Frankreich und England durch gleiche Grundsätze und weniger widerstreitende Interessen immer wieder zusammengeführt werden. (Wir werden auf diese Rede, die am bedeutendsten durch ihre Anspielungen war, morgen umständlich zurückkommen.) Graf Tascher sprach für die Polen und den polnischen Katholicismus, wie für die Selbstständigkeit von Krakau. Marschall Soult erklärte, das französische Cabinet habe nie einen die Verträge verletzenden Act des russischen Cabinets sanctionirt. Hierauf wurde der vierte Paragraph der Adresse angenommen, nachdem die drei ersten, innere Politik, fast ohne Discussion durchgegangen waren. Der Paragraph über Spanien gab Hrn. v. Dreux-Brézé Veranlassung zu einer langen Rede. Hr. v. Fezensac erbat sich das Wort. Die Discussion ward aber verschoben. * In der Sitzung vom 7 Jan. hielt Hr. v. Fezensac (bekanntlich zuletzt Botschafter am Madrider Hof) die Gegenrede zur Vertheidigung der Regierung Christinens und der Politik Ludwig Philipps. Die betreffende Stelle der Adresse ward unverändert angenommen. – Nun schlägt Graf Harcourt die Einschaltung eines Paragraphen für Polen vor. Die Kammer nimmt dieses Amendement an. Der Paragraph über Algier erhielt ohne lange Discussionen die Zustimmung; ebenso die folgenden Stellen. Zuletzt ergaben sich bei der Abstimmung über die ganze Adresse, bei 146 Votanten, nur 17 schwarze Kugeln. * Die Deputirtenkammer hörte am 7 Jan. die Verlesung des Adreßentwurfs. Mehrere Stellen wurden mit Beifall begrüßt, z. B. die über Polen, über die Nothwendigkeit einer parlamentarischen Haltung der Regierung und über Afrika. Es ward beschlossen, die Debatten am 9 zu beginnen. Folgende Stellen in Betreff des Orients und Polens kommen im Adreßentwurf der Deputirtenkammer vor. „Frankreichs Politik darf nicht dulden, daß irgend eine europäische Macht die Unabhängigkeit oder Integrität des ottomanischen Reichs bedrohe, dessen Existenz zur Erhaltung des allgemeinen Friedens so nothwendig ist. Indem aber die französische Politik Rechte unterstützt, welche durch die Zeit geheiligt sind, nimmt sie auch Rücksicht auf die Ereignisse und gibt die neuen Rechte nicht preis. Der Tractat, welcher so verschiedene Interessen versöhnen soll, muß allen eine dauerhafte Sicherheit bieten. Ew. Maj. hegt die Hoffnung, daß eine befriedigende Lösung durch den Einklang der großen Mächte bald herbeigeführt werde. – Bei allen Fragen, welche die Welt entzweien, ruft Frankreich nur die Gerechtigkeit an; es verlangt nichts, als die Achtung aller Rechte. Wie sollte es aufhören, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0003" n="0091"/><lb/> eine große Anzahl Flinten und die Trommeln der Trommler sind in unsern Händen geblieben.</p><lb/> <p>Ein Bericht des Obristen De Barrail im <hi rendition="#g">Moniteur</hi> gibt ausführliche Details über die Ereignisse bei Masagran und Mostaganem, welche unsere Briefe aus Algier und Toulon meldeten. 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Es waren viele rothgekleidete Truppen unter ihnen, wahrscheinlich die regulären Reiter Abd-El-Kaders, welche vom Pferd gestiegen waren, um mit den übrigen Arabern Sturm zu laufen. Sie wurden mit einer Salve empfangen und erlitten ziemlich starken Verlust, über 30 Mann sollen getödtet und 80 verwundet worden seyn. Die Franzosen verloren nur einen Corporal, der einen Schuß in den Kopf erhielt. Obrist De Barrail eilte inzwischen mit einem Theile der Besatzung von Mostaganem dem bedrohten Masagran zu Hülfe. Am Tage zuvor hatte der Obrist zwei Compagnien der Kuruglis formirt, welche inständigst verlangten, am Kampfe mit Theil nehmen zu dürfen. Dreißig von ihnen erhielten diese Erlaubniß und sollten als Tirailleurs fechten. Kaum hatte aber der Obrist mit seiner Colonne die Thore verlassen, als noch etwa hundert Kuruglis sich ohne Erlaubniß mit begeistertem Rufe den übrigen anschlossen. Der Kampf war sehr hartnäckig, und wie aus dem Bericht deutlich genug hervorgeht, nicht zum Vortheil der Franzosen, Die Colonne konnte Masagran nicht erreichen und wurde zum Rückzug gezwungen. Obrist De Barrail befahl dem Commandanten der Kuruglis, Hadschi-Achmet, sich der französischen Infanterie auf ihrer rückgängigen Bewegung anzuschließen. Der Befehl aber wurde nicht befolgt. Alle Kuruglis wollten miteinander an Muth wetteifern und die meisten blieben voran, trotz des Befehls zur Retirade. Die Feinde machten inzwischen einen kräftigen Angriff, wodurch die Kuruglis von der Colonne abgeschnitten wurden. Nur 70 Mann von ihnen gelang es, sich nach Masagran zu werfen; der muthige Hadschi Achmet aber, einer der hochherzigsten Häuptlinge des Landes, wurde in ein Gemäuer zurückgedrängt und fiel dort tapfer fechtend mit seinen Türkensöhnen. Am Abend zog sich der Feind zurück. Die Einwohner von Mostaganem holten die Leichen der Ihrigen, die tapfersten Kuruglis waren getödtet. Die Verwandten, obwohl in tiefer Trauer, erklärten dem Obristen, daß sie bereit seyen, mit derselben Hingebung zu fechten, wenn der Feind sich wieder zeigen sollte. Der Khalifa von Mascara, Hadschi-Mustapha-ben-Thaui, soll in Person die Feinde commandirt haben. Man hörte seine Musik und Tambours beim Angriff. Dieser Häuptling ist jetzt nach Mascara zurückgekehrt. In Mostaganem ging das Gerücht, Abd-El-Kader werde bald in eigener Person den Angriff erneuern.</p><lb/> <p>In der Sitzung der <hi rendition="#g">Pairskammer</hi> am 6 Jan., in welcher, wie schon erwähnt, die Adressediscussion begonnen wurde, griff der Herzog v. <hi rendition="#g">Noailles</hi> besonders die auswärtige Politik des Cabinets an, indem er die Politik der Restauration entgegenstellte, die in einer Allianz mit Rußland Frankreich die größten Hoffnungen gegeben habe, während das jetzige Cabinet nicht wisse, wohin es sich wenden solle, und fast isolirt stehe. Hr. <hi rendition="#g">Villemain</hi> antwortete im Namen des Ministeriums besonders in Betreff der orientalischen Frage: die Restauration habe, entgegen Oesterreich und England, den Vertrag von Adrianopel begünstigt und damit die Schwächung der Türkei besiegelt. Das Frankreich des Julius dagegen habe gegen den Vertrag von Hunkiar-Skelessi protestirt, und bei der späteren Entwicklung habe sich die Protestation als bedeutsam gezeigt. Es handle sich jetzt nicht von Theilungen, die eine Weltrevolution herbeiführen würden; den Waffen Stillstand geboten zu haben, und ihnen noch zu gebieten, sey auch eine ehrenvolle und mächtige Politik. Keine große politische Entscheidung könne ohne Frankreich gegeben werden. Wenn Rußland und England sich auf einem Punkte nähern, so stoßen sie auf andern Gebieten wieder gegeneinander, während Frankreich und England durch gleiche Grundsätze und weniger widerstreitende Interessen immer wieder zusammengeführt werden. 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eine große Anzahl Flinten und die Trommeln der Trommler sind in unsern Händen geblieben.
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In der Sitzung der Pairskammer am 6 Jan., in welcher, wie schon erwähnt, die Adressediscussion begonnen wurde, griff der Herzog v. Noailles besonders die auswärtige Politik des Cabinets an, indem er die Politik der Restauration entgegenstellte, die in einer Allianz mit Rußland Frankreich die größten Hoffnungen gegeben habe, während das jetzige Cabinet nicht wisse, wohin es sich wenden solle, und fast isolirt stehe. Hr. Villemain antwortete im Namen des Ministeriums besonders in Betreff der orientalischen Frage: die Restauration habe, entgegen Oesterreich und England, den Vertrag von Adrianopel begünstigt und damit die Schwächung der Türkei besiegelt. Das Frankreich des Julius dagegen habe gegen den Vertrag von Hunkiar-Skelessi protestirt, und bei der späteren Entwicklung habe sich die Protestation als bedeutsam gezeigt. Es handle sich jetzt nicht von Theilungen, die eine Weltrevolution herbeiführen würden; den Waffen Stillstand geboten zu haben, und ihnen noch zu gebieten, sey auch eine ehrenvolle und mächtige Politik. Keine große politische Entscheidung könne ohne Frankreich gegeben werden. Wenn Rußland und England sich auf einem Punkte nähern, so stoßen sie auf andern Gebieten wieder gegeneinander, während Frankreich und England durch gleiche Grundsätze und weniger widerstreitende Interessen immer wieder zusammengeführt werden. (Wir werden auf diese Rede, die am bedeutendsten durch ihre Anspielungen war, morgen umständlich zurückkommen.) Graf Tascher sprach für die Polen und den polnischen Katholicismus, wie für die Selbstständigkeit von Krakau. Marschall Soult erklärte, das französische Cabinet habe nie einen die Verträge verletzenden Act des russischen Cabinets sanctionirt. Hierauf wurde der vierte Paragraph der Adresse angenommen, nachdem die drei ersten, innere Politik, fast ohne Discussion durchgegangen waren. Der Paragraph über Spanien gab Hrn. v. Dreux-Brézé Veranlassung zu einer langen Rede. Hr. v. Fezensac erbat sich das Wort. Die Discussion ward aber verschoben.
* In der Sitzung vom 7 Jan. hielt Hr. v. Fezensac (bekanntlich zuletzt Botschafter am Madrider Hof) die Gegenrede zur Vertheidigung der Regierung Christinens und der Politik Ludwig Philipps. Die betreffende Stelle der Adresse ward unverändert angenommen. – Nun schlägt Graf Harcourt die Einschaltung eines Paragraphen für Polen vor. Die Kammer nimmt dieses Amendement an. Der Paragraph über Algier erhielt ohne lange Discussionen die Zustimmung; ebenso die folgenden Stellen. Zuletzt ergaben sich bei der Abstimmung über die ganze Adresse, bei 146 Votanten, nur 17 schwarze Kugeln.
* Die Deputirtenkammer hörte am 7 Jan. die Verlesung des Adreßentwurfs. Mehrere Stellen wurden mit Beifall begrüßt, z. B. die über Polen, über die Nothwendigkeit einer parlamentarischen Haltung der Regierung und über Afrika. Es ward beschlossen, die Debatten am 9 zu beginnen.
Folgende Stellen in Betreff des Orients und Polens kommen im Adreßentwurf der Deputirtenkammer vor. „Frankreichs Politik darf nicht dulden, daß irgend eine europäische Macht die Unabhängigkeit oder Integrität des ottomanischen Reichs bedrohe, dessen Existenz zur Erhaltung des allgemeinen Friedens so nothwendig ist. Indem aber die französische Politik Rechte unterstützt, welche durch die Zeit geheiligt sind, nimmt sie auch Rücksicht auf die Ereignisse und gibt die neuen Rechte nicht preis. Der Tractat, welcher so verschiedene Interessen versöhnen soll, muß allen eine dauerhafte Sicherheit bieten. Ew. Maj. hegt die Hoffnung, daß eine befriedigende Lösung durch den Einklang der großen Mächte bald herbeigeführt werde. – Bei allen Fragen, welche die Welt entzweien, ruft Frankreich nur die Gerechtigkeit an; es verlangt nichts, als die Achtung aller Rechte. Wie sollte es aufhören,
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