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Allgemeine Zeitung. Nr. 8. Augsburg, 8. Januar 1840.

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Hintergrund enthalten, und der "reizbare und leidenschaftliche Lord Palmerston" mit dem "alternden und immer kraftloser werdenden England" im Rücken tritt nach einem vollständigen, wenn auch vielleicht nicht dauernden Sieg seiner Beständigkeit und der Größe von England mit einer bedenklichen Frage vor die vereinsamte Politik der Tuilerien.

Frankreich wird nicht widerstehen, weil es allein gegen Europa nichts vermag: seiner Schilderhebung gegen den Orient hin ist die Eintracht der vor 25 Jahren gegen seinen Ehrgeiz verbundenen Mächte alsobald wieder entgegengetreten. Denn es ist einerlei, ob es von der Republik oder von dem Kaiserthum, von der Restauration oder von dem Juliusthron bewegt und gelenkt wird - es bleibt in jeder Form dasselbe Frankreich mit seinem Geist, seinen Interessen, Planen und Absichten, es bleibt sich gleich unter allen Gestalten seiner bodenlosen und wechselvollen Staatsordnung. Dieses vorausgesetzt, wird man den Schlüssel haben, um die etwas stark chiffrirte Sprache des Briefs, von dem wir ausgingen, zu verstehen, die Ungeduld des Hrn. v. Pontois, die Unentschlossenheit seines Cabinets und daß er den Stand der orientalischen Frage begriffen habe. Er hat zwar, wie es heißt, dazu wenig Zeit gebraucht, aber er hat doch immer Zeit dazu gebraucht. Er kam mit einem Begriff von dem Stande der orientalischen Frage auf dem Platz an, und man weiß, daß er mit ihm aufgetreten, nach ihm gehandelt hat. Er hat also den aus den Tuilerien und den vertraulichen Mittheilungen derselben geschöpften Begriff aufgegeben, um sich einen andern anzueignen. Es handelt sich nicht mehr von dem ersten und thörichten Glaubensartikel des doctrinär-orientalischen Evangeliums, den sein Apostel, Hr. St. Marc Girardin, nach Konstantinopel gebracht, und von da aus verkündigt hatte, nicht mehr von der durch die Theilung bedingten Glückseligkeit und Stärke der ihres Heers und ihrer Flotte durch Falschheit und Arglist entkleideten Pforte, sondern es handelt sich, wie man hört, davon, ihr das Zutrauen wieder zu geben, das sie, und doch wohl in Folge jener Vorgänge, verloren hatte, d. i. sie in den Stand zu setzen, ihr Heer herstellen, ihre Flotte heimführen und wenn auch unter der Aegide von Europa, doch mit eigenen Mitteln ihre Sicherheit und Unabhängigkeit schützen und behaupten zu können, sey es gegen Aegypten, oder gegen Rußland, oder gegen innere Feinde. Zu diesem Behufe aber ist nöthig, daß man den Täuschungen entsage, welche Eitelkeit und Beschränktheit um die sonst hellen Blicke verbreitet oder wenigstens andere zu verbreiten gesucht hatten, daß man Ja sage, wo man Nein gesagt hat und umgekehrt. Ist das der Sinn jenes Briefes, so ist er nur die Einleitung des Thema's, das bald unter allerlei Variationen in Journalen und auf der Rednerbühne von Paris nicht ohne viele Dissonanzen wird gespielt werden; aber man wird eben nicht umhin können, es zum Ziele eines harmonischen Finale zu bringen. Diese Ansicht des Hrn. v. Pontois, im Falle wir sie recht verstanden haben, erregt allerdings für ihn eine vortheilhafte Meinung. Es macht ihm Ehre, die Lage der Dinge daselbst in ihren Bedingungen richtig gefaßt zu haben, und eine nicht geringere Ehre macht es seiner Gewandtheit, sich der Nothwendigkeit bei Zeiten gefügt, dadurch aber den Rückzug in den Tuilerien zugleich eingeleitet und gedeckt zu haben, noch ehe man dort ihn so nahe und so nöthig glauben konnte. Dahin wird nun auch die Aufklärung gerichtet seyn, die er besser als ein anderer, z. B. besser als Hr. Thiers, Hr. Guizot und als Hr. St. Marc Girardin, sein Echo, dem französischen Cabinet zu geben im Stande seyn soll; die Besorgniß aber, daß man ihn dort nicht verstehen werde, darf nun wohl als eine unbegründete betrachtet werden, nachdem die Mittheilungen von London angekommen sind. Fata trahunt homines.

(Beschluß folgt.)

Die Hadschuten.

(Beschluß.)

In Europa hat man vielleicht Mühe zu begreifen, wie es möglich ist, daß ein einziger Stamm, der nicht über 1000 Reiter ins Feld stellen kann, den französischen Heeren Trotz bieten und der Schrecken der Colonisten, wie der mit den Franzosen befreundeten Araberstämme seyn könne. Die Hadschuten verdanken die Ungestraftheit ihrer Raubzüge hauptsächlich der natürlichen Lage ihres Gebiets. Sie bewohnen ein Terrain, dessen östliche Gränze eine Menge von Sümpfen deckt. Die trockenen Zugänge von dieser Seite sind schmal und stets von einigen Späherposten der Hadschuten bewacht, so daß ihre Dörfer immer durch Lärmsignale einige Stunden vor der Ankunft der Franzosen gewarnt sind. Von Norden ist ihnen wegen des steilen Meerufers nicht beizukommen. Im Süden liegen die Gebirge, für sie eine Festung, ein Asyl, und im Westen, der einzigen verwundbaren Seite ihres Gebiets, gibt es keine französischen Lager. Wundern muß man sich, daß die Franzosen nach einem neunjährigen erfolglosen Kampf noch immer nicht zu der Besetzung von Scherschel sich entschließen konnten. Dieser kleine Seehafen, die alte Julia Caesarea, ist nordwestlich vom Hadschutenlande gelegen. Wenn eine Colonne von Coleah und eine andere von Scherschel aufbräche, könnte man die feindlichen Duars auf zwei Seiten bedrohen und die Bewohner von ihrer Zufluchtsstätte, den Bergen, abschneiden. Der Marschall Clauzel schlug während seiner Verwaltung der Regierung mehrmals vor, in die Citadelle von Scherschel eine Besatzung zu legen. Aber immer wurde der Vorschlag verworfen, mit der Antwort, der Marschall solle sich in den Schranken des von der Kammer bewilligten Budgets halten und die Occupation eher einschränken. Man fand in Paris die Kosten von einigen hunderttausend Franken für die Ruhe der Colonie zu theuer. So lange aber Scherschel den Hadschuten zugänglich und ein Verkaufsmarkt ihres Raubes ist, helfen alle Lager und Blockhäuser in der Nähe Algiers wenig. Bei der vollkommenen Kenntniß des Landes und all' seiner Schlupfwinkel ist es jenen Räubern leicht, sich von den französischen Posten unbemerkt in das Gebiet der andern Stämme oder der europäischen Colonisten zu schleichen und dort die kecksten Ueberfälle auszuführen. Ehe die Lärmsignale sich verbreiten, sind die Hadschuten mit ihrer Beute auf dem Rückwege, wechseln mit den Soldaten der Blockhäuser einige Schüsse und haben, wenn die verfolgenden Spahis ihnen auf dem Nacken sind, gewöhnlich die Hälfte des Raubes in Sicherheit, die andere Hälfte lassen sie unterwegs im Stiche, um die Eile der Verfolger zu hemmen.

Die Hadschuten sind alle vortreffliche Reiter und besitzen die besten Pferde des Landes. Wenn sie in ihren weiten flatternden Gewändern, auf feurigen, silbergrauen Rossen, deren Mähne fast die Erde berührt, Flinte und Yatagan schwingend und ihre Schlachtgesänge singend, wie der Sturmwind in das Treffen fliegen, sind ihre wilden Gestalten gar herrlich anzuschauen. Sie kommen im vollsten Laufe angesprengt, halten ihre Pferde plötzlich an, feuern ihre Gewehre ab und jagen dann wieder davon, um aufs neue zu laden. Ihre Manöuvres bestehen übrigens in immerwährendem, kämpfendem Rückzuge, so lange die Franzosen vorrücken. Durch diese Fechtart gelingt es ihnen oft, die hitzigsten Verfolger in Hinterhalte zu locken, wo dann schnell über diese eine zehnfach größere Zahl von Feinden herfällt


Hintergrund enthalten, und der „reizbare und leidenschaftliche Lord Palmerston“ mit dem „alternden und immer kraftloser werdenden England“ im Rücken tritt nach einem vollständigen, wenn auch vielleicht nicht dauernden Sieg seiner Beständigkeit und der Größe von England mit einer bedenklichen Frage vor die vereinsamte Politik der Tuilerien.

Frankreich wird nicht widerstehen, weil es allein gegen Europa nichts vermag: seiner Schilderhebung gegen den Orient hin ist die Eintracht der vor 25 Jahren gegen seinen Ehrgeiz verbundenen Mächte alsobald wieder entgegengetreten. Denn es ist einerlei, ob es von der Republik oder von dem Kaiserthum, von der Restauration oder von dem Juliusthron bewegt und gelenkt wird – es bleibt in jeder Form dasselbe Frankreich mit seinem Geist, seinen Interessen, Planen und Absichten, es bleibt sich gleich unter allen Gestalten seiner bodenlosen und wechselvollen Staatsordnung. Dieses vorausgesetzt, wird man den Schlüssel haben, um die etwas stark chiffrirte Sprache des Briefs, von dem wir ausgingen, zu verstehen, die Ungeduld des Hrn. v. Pontois, die Unentschlossenheit seines Cabinets und daß er den Stand der orientalischen Frage begriffen habe. Er hat zwar, wie es heißt, dazu wenig Zeit gebraucht, aber er hat doch immer Zeit dazu gebraucht. Er kam mit einem Begriff von dem Stande der orientalischen Frage auf dem Platz an, und man weiß, daß er mit ihm aufgetreten, nach ihm gehandelt hat. Er hat also den aus den Tuilerien und den vertraulichen Mittheilungen derselben geschöpften Begriff aufgegeben, um sich einen andern anzueignen. Es handelt sich nicht mehr von dem ersten und thörichten Glaubensartikel des doctrinär-orientalischen Evangeliums, den sein Apostel, Hr. St. Marc Girardin, nach Konstantinopel gebracht, und von da aus verkündigt hatte, nicht mehr von der durch die Theilung bedingten Glückseligkeit und Stärke der ihres Heers und ihrer Flotte durch Falschheit und Arglist entkleideten Pforte, sondern es handelt sich, wie man hört, davon, ihr das Zutrauen wieder zu geben, das sie, und doch wohl in Folge jener Vorgänge, verloren hatte, d. i. sie in den Stand zu setzen, ihr Heer herstellen, ihre Flotte heimführen und wenn auch unter der Aegide von Europa, doch mit eigenen Mitteln ihre Sicherheit und Unabhängigkeit schützen und behaupten zu können, sey es gegen Aegypten, oder gegen Rußland, oder gegen innere Feinde. Zu diesem Behufe aber ist nöthig, daß man den Täuschungen entsage, welche Eitelkeit und Beschränktheit um die sonst hellen Blicke verbreitet oder wenigstens andere zu verbreiten gesucht hatten, daß man Ja sage, wo man Nein gesagt hat und umgekehrt. Ist das der Sinn jenes Briefes, so ist er nur die Einleitung des Thema's, das bald unter allerlei Variationen in Journalen und auf der Rednerbühne von Paris nicht ohne viele Dissonanzen wird gespielt werden; aber man wird eben nicht umhin können, es zum Ziele eines harmonischen Finale zu bringen. Diese Ansicht des Hrn. v. Pontois, im Falle wir sie recht verstanden haben, erregt allerdings für ihn eine vortheilhafte Meinung. Es macht ihm Ehre, die Lage der Dinge daselbst in ihren Bedingungen richtig gefaßt zu haben, und eine nicht geringere Ehre macht es seiner Gewandtheit, sich der Nothwendigkeit bei Zeiten gefügt, dadurch aber den Rückzug in den Tuilerien zugleich eingeleitet und gedeckt zu haben, noch ehe man dort ihn so nahe und so nöthig glauben konnte. Dahin wird nun auch die Aufklärung gerichtet seyn, die er besser als ein anderer, z. B. besser als Hr. Thiers, Hr. Guizot und als Hr. St. Marc Girardin, sein Echo, dem französischen Cabinet zu geben im Stande seyn soll; die Besorgniß aber, daß man ihn dort nicht verstehen werde, darf nun wohl als eine unbegründete betrachtet werden, nachdem die Mittheilungen von London angekommen sind. Fata trahunt homines.

(Beschluß folgt.)

Die Hadschuten.

(Beschluß.)

In Europa hat man vielleicht Mühe zu begreifen, wie es möglich ist, daß ein einziger Stamm, der nicht über 1000 Reiter ins Feld stellen kann, den französischen Heeren Trotz bieten und der Schrecken der Colonisten, wie der mit den Franzosen befreundeten Araberstämme seyn könne. Die Hadschuten verdanken die Ungestraftheit ihrer Raubzüge hauptsächlich der natürlichen Lage ihres Gebiets. Sie bewohnen ein Terrain, dessen östliche Gränze eine Menge von Sümpfen deckt. Die trockenen Zugänge von dieser Seite sind schmal und stets von einigen Späherposten der Hadschuten bewacht, so daß ihre Dörfer immer durch Lärmsignale einige Stunden vor der Ankunft der Franzosen gewarnt sind. Von Norden ist ihnen wegen des steilen Meerufers nicht beizukommen. Im Süden liegen die Gebirge, für sie eine Festung, ein Asyl, und im Westen, der einzigen verwundbaren Seite ihres Gebiets, gibt es keine französischen Lager. Wundern muß man sich, daß die Franzosen nach einem neunjährigen erfolglosen Kampf noch immer nicht zu der Besetzung von Scherschel sich entschließen konnten. Dieser kleine Seehafen, die alte Julia Caesarea, ist nordwestlich vom Hadschutenlande gelegen. Wenn eine Colonne von Coleah und eine andere von Scherschel aufbräche, könnte man die feindlichen Duars auf zwei Seiten bedrohen und die Bewohner von ihrer Zufluchtsstätte, den Bergen, abschneiden. Der Marschall Clauzel schlug während seiner Verwaltung der Regierung mehrmals vor, in die Citadelle von Scherschel eine Besatzung zu legen. Aber immer wurde der Vorschlag verworfen, mit der Antwort, der Marschall solle sich in den Schranken des von der Kammer bewilligten Budgets halten und die Occupation eher einschränken. Man fand in Paris die Kosten von einigen hunderttausend Franken für die Ruhe der Colonie zu theuer. So lange aber Scherschel den Hadschuten zugänglich und ein Verkaufsmarkt ihres Raubes ist, helfen alle Lager und Blockhäuser in der Nähe Algiers wenig. Bei der vollkommenen Kenntniß des Landes und all' seiner Schlupfwinkel ist es jenen Räubern leicht, sich von den französischen Posten unbemerkt in das Gebiet der andern Stämme oder der europäischen Colonisten zu schleichen und dort die kecksten Ueberfälle auszuführen. Ehe die Lärmsignale sich verbreiten, sind die Hadschuten mit ihrer Beute auf dem Rückwege, wechseln mit den Soldaten der Blockhäuser einige Schüsse und haben, wenn die verfolgenden Spahis ihnen auf dem Nacken sind, gewöhnlich die Hälfte des Raubes in Sicherheit, die andere Hälfte lassen sie unterwegs im Stiche, um die Eile der Verfolger zu hemmen.

Die Hadschuten sind alle vortreffliche Reiter und besitzen die besten Pferde des Landes. Wenn sie in ihren weiten flatternden Gewändern, auf feurigen, silbergrauen Rossen, deren Mähne fast die Erde berührt, Flinte und Yatagan schwingend und ihre Schlachtgesänge singend, wie der Sturmwind in das Treffen fliegen, sind ihre wilden Gestalten gar herrlich anzuschauen. Sie kommen im vollsten Laufe angesprengt, halten ihre Pferde plötzlich an, feuern ihre Gewehre ab und jagen dann wieder davon, um aufs neue zu laden. Ihre Manöuvres bestehen übrigens in immerwährendem, kämpfendem Rückzuge, so lange die Franzosen vorrücken. Durch diese Fechtart gelingt es ihnen oft, die hitzigsten Verfolger in Hinterhalte zu locken, wo dann schnell über diese eine zehnfach größere Zahl von Feinden herfällt

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[0058/0010] Hintergrund enthalten, und der „reizbare und leidenschaftliche Lord Palmerston“ mit dem „alternden und immer kraftloser werdenden England“ im Rücken tritt nach einem vollständigen, wenn auch vielleicht nicht dauernden Sieg seiner Beständigkeit und der Größe von England mit einer bedenklichen Frage vor die vereinsamte Politik der Tuilerien. Frankreich wird nicht widerstehen, weil es allein gegen Europa nichts vermag: seiner Schilderhebung gegen den Orient hin ist die Eintracht der vor 25 Jahren gegen seinen Ehrgeiz verbundenen Mächte alsobald wieder entgegengetreten. Denn es ist einerlei, ob es von der Republik oder von dem Kaiserthum, von der Restauration oder von dem Juliusthron bewegt und gelenkt wird – es bleibt in jeder Form dasselbe Frankreich mit seinem Geist, seinen Interessen, Planen und Absichten, es bleibt sich gleich unter allen Gestalten seiner bodenlosen und wechselvollen Staatsordnung. Dieses vorausgesetzt, wird man den Schlüssel haben, um die etwas stark chiffrirte Sprache des Briefs, von dem wir ausgingen, zu verstehen, die Ungeduld des Hrn. v. Pontois, die Unentschlossenheit seines Cabinets und daß er den Stand der orientalischen Frage begriffen habe. Er hat zwar, wie es heißt, dazu wenig Zeit gebraucht, aber er hat doch immer Zeit dazu gebraucht. Er kam mit einem Begriff von dem Stande der orientalischen Frage auf dem Platz an, und man weiß, daß er mit ihm aufgetreten, nach ihm gehandelt hat. Er hat also den aus den Tuilerien und den vertraulichen Mittheilungen derselben geschöpften Begriff aufgegeben, um sich einen andern anzueignen. Es handelt sich nicht mehr von dem ersten und thörichten Glaubensartikel des doctrinär-orientalischen Evangeliums, den sein Apostel, Hr. St. Marc Girardin, nach Konstantinopel gebracht, und von da aus verkündigt hatte, nicht mehr von der durch die Theilung bedingten Glückseligkeit und Stärke der ihres Heers und ihrer Flotte durch Falschheit und Arglist entkleideten Pforte, sondern es handelt sich, wie man hört, davon, ihr das Zutrauen wieder zu geben, das sie, und doch wohl in Folge jener Vorgänge, verloren hatte, d. i. sie in den Stand zu setzen, ihr Heer herstellen, ihre Flotte heimführen und wenn auch unter der Aegide von Europa, doch mit eigenen Mitteln ihre Sicherheit und Unabhängigkeit schützen und behaupten zu können, sey es gegen Aegypten, oder gegen Rußland, oder gegen innere Feinde. Zu diesem Behufe aber ist nöthig, daß man den Täuschungen entsage, welche Eitelkeit und Beschränktheit um die sonst hellen Blicke verbreitet oder wenigstens andere zu verbreiten gesucht hatten, daß man Ja sage, wo man Nein gesagt hat und umgekehrt. Ist das der Sinn jenes Briefes, so ist er nur die Einleitung des Thema's, das bald unter allerlei Variationen in Journalen und auf der Rednerbühne von Paris nicht ohne viele Dissonanzen wird gespielt werden; aber man wird eben nicht umhin können, es zum Ziele eines harmonischen Finale zu bringen. Diese Ansicht des Hrn. v. Pontois, im Falle wir sie recht verstanden haben, erregt allerdings für ihn eine vortheilhafte Meinung. Es macht ihm Ehre, die Lage der Dinge daselbst in ihren Bedingungen richtig gefaßt zu haben, und eine nicht geringere Ehre macht es seiner Gewandtheit, sich der Nothwendigkeit bei Zeiten gefügt, dadurch aber den Rückzug in den Tuilerien zugleich eingeleitet und gedeckt zu haben, noch ehe man dort ihn so nahe und so nöthig glauben konnte. Dahin wird nun auch die Aufklärung gerichtet seyn, die er besser als ein anderer, z. B. besser als Hr. Thiers, Hr. Guizot und als Hr. St. Marc Girardin, sein Echo, dem französischen Cabinet zu geben im Stande seyn soll; die Besorgniß aber, daß man ihn dort nicht verstehen werde, darf nun wohl als eine unbegründete betrachtet werden, nachdem die Mittheilungen von London angekommen sind. Fata trahunt homines. (Beschluß folgt.) Die Hadschuten. (Beschluß.) In Europa hat man vielleicht Mühe zu begreifen, wie es möglich ist, daß ein einziger Stamm, der nicht über 1000 Reiter ins Feld stellen kann, den französischen Heeren Trotz bieten und der Schrecken der Colonisten, wie der mit den Franzosen befreundeten Araberstämme seyn könne. Die Hadschuten verdanken die Ungestraftheit ihrer Raubzüge hauptsächlich der natürlichen Lage ihres Gebiets. Sie bewohnen ein Terrain, dessen östliche Gränze eine Menge von Sümpfen deckt. Die trockenen Zugänge von dieser Seite sind schmal und stets von einigen Späherposten der Hadschuten bewacht, so daß ihre Dörfer immer durch Lärmsignale einige Stunden vor der Ankunft der Franzosen gewarnt sind. Von Norden ist ihnen wegen des steilen Meerufers nicht beizukommen. Im Süden liegen die Gebirge, für sie eine Festung, ein Asyl, und im Westen, der einzigen verwundbaren Seite ihres Gebiets, gibt es keine französischen Lager. Wundern muß man sich, daß die Franzosen nach einem neunjährigen erfolglosen Kampf noch immer nicht zu der Besetzung von Scherschel sich entschließen konnten. Dieser kleine Seehafen, die alte Julia Caesarea, ist nordwestlich vom Hadschutenlande gelegen. Wenn eine Colonne von Coleah und eine andere von Scherschel aufbräche, könnte man die feindlichen Duars auf zwei Seiten bedrohen und die Bewohner von ihrer Zufluchtsstätte, den Bergen, abschneiden. Der Marschall Clauzel schlug während seiner Verwaltung der Regierung mehrmals vor, in die Citadelle von Scherschel eine Besatzung zu legen. Aber immer wurde der Vorschlag verworfen, mit der Antwort, der Marschall solle sich in den Schranken des von der Kammer bewilligten Budgets halten und die Occupation eher einschränken. Man fand in Paris die Kosten von einigen hunderttausend Franken für die Ruhe der Colonie zu theuer. So lange aber Scherschel den Hadschuten zugänglich und ein Verkaufsmarkt ihres Raubes ist, helfen alle Lager und Blockhäuser in der Nähe Algiers wenig. Bei der vollkommenen Kenntniß des Landes und all' seiner Schlupfwinkel ist es jenen Räubern leicht, sich von den französischen Posten unbemerkt in das Gebiet der andern Stämme oder der europäischen Colonisten zu schleichen und dort die kecksten Ueberfälle auszuführen. Ehe die Lärmsignale sich verbreiten, sind die Hadschuten mit ihrer Beute auf dem Rückwege, wechseln mit den Soldaten der Blockhäuser einige Schüsse und haben, wenn die verfolgenden Spahis ihnen auf dem Nacken sind, gewöhnlich die Hälfte des Raubes in Sicherheit, die andere Hälfte lassen sie unterwegs im Stiche, um die Eile der Verfolger zu hemmen. Die Hadschuten sind alle vortreffliche Reiter und besitzen die besten Pferde des Landes. Wenn sie in ihren weiten flatternden Gewändern, auf feurigen, silbergrauen Rossen, deren Mähne fast die Erde berührt, Flinte und Yatagan schwingend und ihre Schlachtgesänge singend, wie der Sturmwind in das Treffen fliegen, sind ihre wilden Gestalten gar herrlich anzuschauen. Sie kommen im vollsten Laufe angesprengt, halten ihre Pferde plötzlich an, feuern ihre Gewehre ab und jagen dann wieder davon, um aufs neue zu laden. Ihre Manöuvres bestehen übrigens in immerwährendem, kämpfendem Rückzuge, so lange die Franzosen vorrücken. Durch diese Fechtart gelingt es ihnen oft, die hitzigsten Verfolger in Hinterhalte zu locken, wo dann schnell über diese eine zehnfach größere Zahl von Feinden herfällt

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 8. Augsburg, 8. Januar 1840, S. 0058. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_008_18400108/10>, abgerufen am 24.11.2024.