Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Im Stall traf Diethelm den Medard, der ein großes Seil mit Karrensalbe einschmierte, und auf seine verwunderte Frage erhielt er die Antwort, daß dieses das Seil aus der Radwinde sei, das mit Fett getränkt als Lunte dienen müsse, um das Feuer blitzschnell in den Nebenbau auf den Heuboden zu leiten. Diethelm konnte nicht umhin, auch diese erfinderische Klugheit zu loben; dennoch sprach er davon, die Sache noch zu verschieben, da man an die dumme Prophezeiung glaube; Medard aber erwiderte: Just deßwegen müssen wir gleich losschießen. Weil Alle davon schwätzen, ist Jeder versorglich und glaubt Niemand dran, und geschieht jetzt was, da heißt's: das hat sein müssen, das hat kein Mensch gethan, es hat sein müssen, weil's prophezeit gewesen ist. Wie doch Alles auch seine Kehrseite hat, das erfuhr jetzt Diethelm; die Wendung, die Medard der Sache gab, war doch überaus sinnreich und fein berechnet, und doch war Diethelm schwer beklommen, schwerer als je; ihm war's, als wäre die That nicht mehr sein, sie war in fremde Hand gegeben und mußte geschehen, sei er nun willfährig oder nicht. Fast die ganze Nacht hindurch war Diethelm mit Medard beschäftigt, Alles herzurichten. Die Mäuse liefen ohne Scheu wie toll hin und her, als ahnten sie den Untergang des Hauses. Diethelm zitterten oft die Hände, aber Medard war voll heiterer Laune, und wenn es Diethelm versäumte, lobte er sich selbst über hundert kleine Erfindungen, die er noch machte, und kneifte sich selbst in die Wangen. Diethelm schauderte als Medard über die geweihten Kerzen im Kirchentone einen wild närrischen Feuersegen sprach. Als der Morgen graute und ein luftiger Wind pfiff, entzündeten sie die Kerzen und verschlossen Alles sorgfältig, daß kein Lichtschein nach außen dringe. Diethelm sagte nun, daß er verreise. Bis wann kommst du wieder? fragte Medard. Betroffen Im Stall traf Diethelm den Medard, der ein großes Seil mit Karrensalbe einschmierte, und auf seine verwunderte Frage erhielt er die Antwort, daß dieses das Seil aus der Radwinde sei, das mit Fett getränkt als Lunte dienen müsse, um das Feuer blitzschnell in den Nebenbau auf den Heuboden zu leiten. Diethelm konnte nicht umhin, auch diese erfinderische Klugheit zu loben; dennoch sprach er davon, die Sache noch zu verschieben, da man an die dumme Prophezeiung glaube; Medard aber erwiderte: Just deßwegen müssen wir gleich losschießen. Weil Alle davon schwätzen, ist Jeder versorglich und glaubt Niemand dran, und geschieht jetzt was, da heißt's: das hat sein müssen, das hat kein Mensch gethan, es hat sein müssen, weil's prophezeit gewesen ist. Wie doch Alles auch seine Kehrseite hat, das erfuhr jetzt Diethelm; die Wendung, die Medard der Sache gab, war doch überaus sinnreich und fein berechnet, und doch war Diethelm schwer beklommen, schwerer als je; ihm war's, als wäre die That nicht mehr sein, sie war in fremde Hand gegeben und mußte geschehen, sei er nun willfährig oder nicht. Fast die ganze Nacht hindurch war Diethelm mit Medard beschäftigt, Alles herzurichten. Die Mäuse liefen ohne Scheu wie toll hin und her, als ahnten sie den Untergang des Hauses. Diethelm zitterten oft die Hände, aber Medard war voll heiterer Laune, und wenn es Diethelm versäumte, lobte er sich selbst über hundert kleine Erfindungen, die er noch machte, und kneifte sich selbst in die Wangen. Diethelm schauderte als Medard über die geweihten Kerzen im Kirchentone einen wild närrischen Feuersegen sprach. Als der Morgen graute und ein luftiger Wind pfiff, entzündeten sie die Kerzen und verschlossen Alles sorgfältig, daß kein Lichtschein nach außen dringe. Diethelm sagte nun, daß er verreise. Bis wann kommst du wieder? fragte Medard. Betroffen <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="13"> <pb facs="#f0094"/> <p>Im Stall traf Diethelm den Medard, der ein großes Seil mit Karrensalbe einschmierte, und auf seine verwunderte Frage erhielt er die Antwort, daß dieses das Seil aus der Radwinde sei, das mit Fett getränkt als Lunte dienen müsse, um das Feuer blitzschnell in den Nebenbau auf den Heuboden zu leiten. Diethelm konnte nicht umhin, auch diese erfinderische Klugheit zu loben; dennoch sprach er davon, die Sache noch zu verschieben, da man an die dumme Prophezeiung glaube; Medard aber erwiderte:</p><lb/> <p>Just deßwegen müssen wir gleich losschießen. 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Just deßwegen müssen wir gleich losschießen. Weil Alle davon schwätzen, ist Jeder versorglich und glaubt Niemand dran, und geschieht jetzt was, da heißt's: das hat sein müssen, das hat kein Mensch gethan, es hat sein müssen, weil's prophezeit gewesen ist.
Wie doch Alles auch seine Kehrseite hat, das erfuhr jetzt Diethelm; die Wendung, die Medard der Sache gab, war doch überaus sinnreich und fein berechnet, und doch war Diethelm schwer beklommen, schwerer als je; ihm war's, als wäre die That nicht mehr sein, sie war in fremde Hand gegeben und mußte geschehen, sei er nun willfährig oder nicht.
Fast die ganze Nacht hindurch war Diethelm mit Medard beschäftigt, Alles herzurichten. Die Mäuse liefen ohne Scheu wie toll hin und her, als ahnten sie den Untergang des Hauses. Diethelm zitterten oft die Hände, aber Medard war voll heiterer Laune, und wenn es Diethelm versäumte, lobte er sich selbst über hundert kleine Erfindungen, die er noch machte, und kneifte sich selbst in die Wangen. Diethelm schauderte als Medard über die geweihten Kerzen im Kirchentone einen wild närrischen Feuersegen sprach.
Als der Morgen graute und ein luftiger Wind pfiff, entzündeten sie die Kerzen und verschlossen Alles sorgfältig, daß kein Lichtschein nach außen dringe. Diethelm sagte nun, daß er verreise.
Bis wann kommst du wieder? fragte Medard. Betroffen
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Zitationshilfe: | Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/94>, abgerufen am 25.07.2024. |