Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.wenn sie das einmal am hellen Tag und in der Ruhe sehen. Könnet Euch denken, Vetter, was auf die Red' für ein Geschnatter und Getrappel ist, und wo man hinguckt, hängt so ein junger Malefizbub, und mit Müh' und Noth werden wir fertig, ohne so Einem die Finger abzutreten. Wie wir eben fortwollen und der Schmied das Thor in der Hand hat, um zuzuschließen, da hören wir, wie die Spritze von selber zweimal pumpt, grad', als ob man's hüben und drüben heben thät'. Da ruft der alt Schäferle: Höret ihr? Eh drei Tage vergehen, brennt's im Ort. Der Schmied ist so bös, daß er die Thüre zuschlägt und fast den alten Schäferle dazwischen klemmt. Dein Knecht, des Schäferle's Medard, hat sich geschämt, daß sein alter Vater so dummes Zeug schwätzt und ist davon, und die Schulbuben rennen durchs Dorf und schreien überall: In drei Tagen brennt's. Dem alten Schäferle sollte man seine dummen Prophezeiungen verbieten, aber hier fürchtet sich Alles vor ihm, und -- sollt' man's meinen? -- wo man hört, glauben die Leut' alle an die Prophezeiung, und da sind die Leut' hier noch stolz auf ihren Ort. Bei uns daheim in Letzweiler fände man keine zwei alten Weiber, die so was glauben thäten, und der Ort liegt doch nicht an der Landstraß' wie Buchenberg. Diethelm griff aus dieser langen Mittheilung gern den letztangeregten Gegenstand auf; der alte Wettkampf, der in Spott und Neckerei überall zwischen einem Dorf und dem andern ist, hatte ihn schon viel erlustigt, aber keiner der anwesenden Buchenberger ging heute darauf ein, und Diethelm schien es fast, als ob er Mißtrauen errege, weil er von dem Schreckgespenst gar nicht rede, er sagte daher überlenkend: Der alt' Schäferle hat nichts Besonderes prophezeit. Jedesmal, wenn man was an den Spritzen zu thun hat, hält man das für ein Wahrzeichen, daß eine Feuersbrunst auskommt, und da ist's am gescheidtesten, man macht den Aber- wenn sie das einmal am hellen Tag und in der Ruhe sehen. Könnet Euch denken, Vetter, was auf die Red' für ein Geschnatter und Getrappel ist, und wo man hinguckt, hängt so ein junger Malefizbub, und mit Müh' und Noth werden wir fertig, ohne so Einem die Finger abzutreten. Wie wir eben fortwollen und der Schmied das Thor in der Hand hat, um zuzuschließen, da hören wir, wie die Spritze von selber zweimal pumpt, grad', als ob man's hüben und drüben heben thät'. Da ruft der alt Schäferle: Höret ihr? Eh drei Tage vergehen, brennt's im Ort. Der Schmied ist so bös, daß er die Thüre zuschlägt und fast den alten Schäferle dazwischen klemmt. Dein Knecht, des Schäferle's Medard, hat sich geschämt, daß sein alter Vater so dummes Zeug schwätzt und ist davon, und die Schulbuben rennen durchs Dorf und schreien überall: In drei Tagen brennt's. Dem alten Schäferle sollte man seine dummen Prophezeiungen verbieten, aber hier fürchtet sich Alles vor ihm, und — sollt' man's meinen? — wo man hört, glauben die Leut' alle an die Prophezeiung, und da sind die Leut' hier noch stolz auf ihren Ort. Bei uns daheim in Letzweiler fände man keine zwei alten Weiber, die so was glauben thäten, und der Ort liegt doch nicht an der Landstraß' wie Buchenberg. Diethelm griff aus dieser langen Mittheilung gern den letztangeregten Gegenstand auf; der alte Wettkampf, der in Spott und Neckerei überall zwischen einem Dorf und dem andern ist, hatte ihn schon viel erlustigt, aber keiner der anwesenden Buchenberger ging heute darauf ein, und Diethelm schien es fast, als ob er Mißtrauen errege, weil er von dem Schreckgespenst gar nicht rede, er sagte daher überlenkend: Der alt' Schäferle hat nichts Besonderes prophezeit. Jedesmal, wenn man was an den Spritzen zu thun hat, hält man das für ein Wahrzeichen, daß eine Feuersbrunst auskommt, und da ist's am gescheidtesten, man macht den Aber- <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="13"> <p><pb facs="#f0092"/> wenn sie das einmal am hellen Tag und in der Ruhe sehen. Könnet Euch denken, Vetter, was auf die Red' für ein Geschnatter und Getrappel ist, und wo man hinguckt, hängt so ein junger Malefizbub, und mit Müh' und Noth werden wir fertig, ohne so Einem die Finger abzutreten. Wie wir eben fortwollen und der Schmied das Thor in der Hand hat, um zuzuschließen, da hören wir, wie die Spritze von selber zweimal pumpt, grad', als ob man's hüben und drüben heben thät'. Da ruft der alt Schäferle: Höret ihr? Eh drei Tage vergehen, brennt's im Ort. Der Schmied ist so bös, daß er die Thüre zuschlägt und fast den alten Schäferle dazwischen klemmt. Dein Knecht, des Schäferle's Medard, hat sich geschämt, daß sein alter Vater so dummes Zeug schwätzt und ist davon, und die Schulbuben rennen durchs Dorf und schreien überall: In drei Tagen brennt's. Dem alten Schäferle sollte man seine dummen Prophezeiungen verbieten, aber hier fürchtet sich Alles vor ihm, und — sollt' man's meinen? — wo man hört, glauben die Leut' alle an die Prophezeiung, und da sind die Leut' hier noch stolz auf ihren Ort. 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Diethelm griff aus dieser langen Mittheilung gern den letztangeregten Gegenstand auf; der alte Wettkampf, der in Spott und Neckerei überall zwischen einem Dorf und dem andern ist, hatte ihn schon viel erlustigt, aber keiner der anwesenden Buchenberger ging heute darauf ein, und Diethelm schien es fast, als ob er Mißtrauen errege, weil er von dem Schreckgespenst gar nicht rede, er sagte daher überlenkend:
Der alt' Schäferle hat nichts Besonderes prophezeit. Jedesmal, wenn man was an den Spritzen zu thun hat, hält man das für ein Wahrzeichen, daß eine Feuersbrunst auskommt, und da ist's am gescheidtesten, man macht den Aber-
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Zitationshilfe: | Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/92>, abgerufen am 26.07.2024. |