Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.beim Aufblicke den Wunsch aus, daß seine Frau leben bleiben und Alles mit ihnen gut sein möge. Kaum eine Stunde war Diethelm gegangen, als er vor einem Berge wie festgewurzelt stand. Wehe! Von der Bergesspitze herunter kam wie aus dem Himmel heraus eine Heerde Schafe, die blökten so jämmerlich, wie damals in den Flammen. Diethelm setzte sich nieder und wusch sich die Augen mit dem Thau, der auf dem Grase lag, er wollte gewiß sein, daß er nicht träume. Er schlug die Augen auf, aber immer näher, immer näher kam es wie ein Hirt und eine Heerde, und aus der Brust Diethelm's rang sich der Schrei los: Was willst du? Keine Antwort. Im Laub auf dem Wege raschelten Schritte. Ist das der Gang des Geistes? Es nahte sich, und jetzt stand es vor ihm. Seid Ihr's, Diethelm? sprach eine Stimme. Bist's du's, Munde? rang Diethelm heraus. Ja. Wie kommt Ihr daher? Was habt Ihr? Aber das geht mich nichts an. Eure Frau schickt mich zu Euch, Ihr sollet gleich heim kommen, sie liegt schwer krank. Jetzt hab' ich's ausgerichtet, und nun red' ich kein Wort mehr mit dem Diethelm, so lang er lebt. O Himmel! O Himmel! Ich hab's geahnt, daß meine Frau todtkrank ist, schrie Diethelm. Hilf mir auf, Munde, ich kann ja nicht aufstehen. Meinetwegen. So, sagte Munde, ihn aufrichtend, Ihr seid mein Feind, aber ich will's doch thun. Ich bin nicht dein Feind, gewiß nicht, gewiß nicht, Munde, glaub mir. Meine Frau weiß das auch. Warum hat sie just dich geschickt? Sie hat mich grad' in der Stunde, wo ich zum Manöver fortgewollt hab', rufen lassen und hat mich noch gebeten, Euch gut Freund zu sein. Ich hab's ihr aber nicht versprechen können. Nie, nie werde ich Euch gut Freund, so gern ich beim Aufblicke den Wunsch aus, daß seine Frau leben bleiben und Alles mit ihnen gut sein möge. Kaum eine Stunde war Diethelm gegangen, als er vor einem Berge wie festgewurzelt stand. Wehe! Von der Bergesspitze herunter kam wie aus dem Himmel heraus eine Heerde Schafe, die blökten so jämmerlich, wie damals in den Flammen. Diethelm setzte sich nieder und wusch sich die Augen mit dem Thau, der auf dem Grase lag, er wollte gewiß sein, daß er nicht träume. Er schlug die Augen auf, aber immer näher, immer näher kam es wie ein Hirt und eine Heerde, und aus der Brust Diethelm's rang sich der Schrei los: Was willst du? Keine Antwort. Im Laub auf dem Wege raschelten Schritte. Ist das der Gang des Geistes? Es nahte sich, und jetzt stand es vor ihm. Seid Ihr's, Diethelm? sprach eine Stimme. Bist's du's, Munde? rang Diethelm heraus. Ja. Wie kommt Ihr daher? Was habt Ihr? Aber das geht mich nichts an. Eure Frau schickt mich zu Euch, Ihr sollet gleich heim kommen, sie liegt schwer krank. Jetzt hab' ich's ausgerichtet, und nun red' ich kein Wort mehr mit dem Diethelm, so lang er lebt. O Himmel! O Himmel! Ich hab's geahnt, daß meine Frau todtkrank ist, schrie Diethelm. Hilf mir auf, Munde, ich kann ja nicht aufstehen. Meinetwegen. So, sagte Munde, ihn aufrichtend, Ihr seid mein Feind, aber ich will's doch thun. Ich bin nicht dein Feind, gewiß nicht, gewiß nicht, Munde, glaub mir. Meine Frau weiß das auch. Warum hat sie just dich geschickt? Sie hat mich grad' in der Stunde, wo ich zum Manöver fortgewollt hab', rufen lassen und hat mich noch gebeten, Euch gut Freund zu sein. Ich hab's ihr aber nicht versprechen können. 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beim Aufblicke den Wunsch aus, daß seine Frau leben bleiben und Alles mit ihnen gut sein möge.
Kaum eine Stunde war Diethelm gegangen, als er vor einem Berge wie festgewurzelt stand. Wehe! Von der Bergesspitze herunter kam wie aus dem Himmel heraus eine Heerde Schafe, die blökten so jämmerlich, wie damals in den Flammen. Diethelm setzte sich nieder und wusch sich die Augen mit dem Thau, der auf dem Grase lag, er wollte gewiß sein, daß er nicht träume. Er schlug die Augen auf, aber immer näher, immer näher kam es wie ein Hirt und eine Heerde, und aus der Brust Diethelm's rang sich der Schrei los:
Was willst du?
Keine Antwort. Im Laub auf dem Wege raschelten Schritte. Ist das der Gang des Geistes? Es nahte sich, und jetzt stand es vor ihm.
Seid Ihr's, Diethelm? sprach eine Stimme.
Bist's du's, Munde? rang Diethelm heraus.
Ja. Wie kommt Ihr daher? Was habt Ihr? Aber das geht mich nichts an. Eure Frau schickt mich zu Euch, Ihr sollet gleich heim kommen, sie liegt schwer krank. Jetzt hab' ich's ausgerichtet, und nun red' ich kein Wort mehr mit dem Diethelm, so lang er lebt.
O Himmel! O Himmel! Ich hab's geahnt, daß meine Frau todtkrank ist, schrie Diethelm. Hilf mir auf, Munde, ich kann ja nicht aufstehen.
Meinetwegen. So, sagte Munde, ihn aufrichtend, Ihr seid mein Feind, aber ich will's doch thun.
Ich bin nicht dein Feind, gewiß nicht, gewiß nicht, Munde, glaub mir. Meine Frau weiß das auch. Warum hat sie just dich geschickt?
Sie hat mich grad' in der Stunde, wo ich zum Manöver fortgewollt hab', rufen lassen und hat mich noch gebeten, Euch gut Freund zu sein. Ich hab's ihr aber nicht versprechen können. Nie, nie werde ich Euch gut Freund, so gern ich
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Zitationshilfe: | Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/214>, abgerufen am 25.07.2024. |