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Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Kein Mensch. Ich weiß es von mir. Du hast mit dem Mordbrenner Händel gehabt. Ich weiß das so gewiß, als wenn ich dabei gewesen wär.

Munde starrte drein vor dieser prophetischen Sehergabe des Vaters, und dieser fuhr fort:

Ich hab's schon lang kommen sehen. Es ist mir aber lieb, daß ich's noch erlebt hab'. Ich treib's nimmer lang. Von heut in sieben Tagen seh' ich meinen Medard, und der muß mir sagen, wie er so schnell von der Welt kommen ist, und wenn ich dir's berichten kann thu' ich's. Setz dich zu mir aufs Bett. Gelt, jetzt bist wieder mein? Gelt, jetzt bist wieder mein? Gehst nicht mehr zu dem Mordbrenner? Ich kann dir auch was geben, daß du nicht mehr an die Fränz denkst. Und ich sag' dir all' meine Mittel. Ich hab' dem Medard schon viele gesagt gehabt, und ihm gehören sie auch, aber du bist jetzt mein Einziger.

Munde weinte laut und erzählte dann Alles, wie es ihm ergangen. Der alte Schäferle richtete sich auf, nahm die Pfeife in die linke Hand, hob die Rechte in die Höhe und rief:

Ich schwöre, so wahr ich bald vor Gott komm', der Diethelm ist nicht unschuldig an dem Tod deines Bruders, wie, das weiß ich nicht, das weiß Gott allein. Munde, leg' deine Hand auf meine Herzgrube, dir vererb' ich's, daß du nicht ruhst, bis der Diethelm seine Strafe hat. Willst du mir schwören, nicht zu ruhen und nicht zu rasten, bis der Tod deines Bruders gerächt ist?

Ich kann's nicht, Vater, ich kann's nicht, ich thät' Euch ja Alles so gern, rief Munde, dem plötzlich davor graute, diese schwere Last auf sich zu nehmen, aber das sag' ich, ich will dem Diethelm, so lange ich lebe, zeigen, daß ich ihn für einen schlechten Menschen halte.

Gut, das ist mir genug, du hast ein weiches Herz, du kannst nicht mehr.

Der alte Schäferle begann nun, Munde alle seine sym-

Kein Mensch. Ich weiß es von mir. Du hast mit dem Mordbrenner Händel gehabt. Ich weiß das so gewiß, als wenn ich dabei gewesen wär.

Munde starrte drein vor dieser prophetischen Sehergabe des Vaters, und dieser fuhr fort:

Ich hab's schon lang kommen sehen. Es ist mir aber lieb, daß ich's noch erlebt hab'. Ich treib's nimmer lang. Von heut in sieben Tagen seh' ich meinen Medard, und der muß mir sagen, wie er so schnell von der Welt kommen ist, und wenn ich dir's berichten kann thu' ich's. Setz dich zu mir aufs Bett. Gelt, jetzt bist wieder mein? Gelt, jetzt bist wieder mein? Gehst nicht mehr zu dem Mordbrenner? Ich kann dir auch was geben, daß du nicht mehr an die Fränz denkst. Und ich sag' dir all' meine Mittel. Ich hab' dem Medard schon viele gesagt gehabt, und ihm gehören sie auch, aber du bist jetzt mein Einziger.

Munde weinte laut und erzählte dann Alles, wie es ihm ergangen. Der alte Schäferle richtete sich auf, nahm die Pfeife in die linke Hand, hob die Rechte in die Höhe und rief:

Ich schwöre, so wahr ich bald vor Gott komm', der Diethelm ist nicht unschuldig an dem Tod deines Bruders, wie, das weiß ich nicht, das weiß Gott allein. Munde, leg' deine Hand auf meine Herzgrube, dir vererb' ich's, daß du nicht ruhst, bis der Diethelm seine Strafe hat. Willst du mir schwören, nicht zu ruhen und nicht zu rasten, bis der Tod deines Bruders gerächt ist?

Ich kann's nicht, Vater, ich kann's nicht, ich thät' Euch ja Alles so gern, rief Munde, dem plötzlich davor graute, diese schwere Last auf sich zu nehmen, aber das sag' ich, ich will dem Diethelm, so lange ich lebe, zeigen, daß ich ihn für einen schlechten Menschen halte.

Gut, das ist mir genug, du hast ein weiches Herz, du kannst nicht mehr.

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Zitationshilfe: Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/187>, abgerufen am 26.11.2024.