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Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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mit seinem Großthun im Stand und ladet den Wagen noch einmal zu hoch, daß er umschmeißen muß.

Munde hieb gewaltig auf die Pferde ein, als müßten sie ihn schnell an dem Abgrunde vorüberführen, in den er plötzlich hinein sah. So hatte der alte Schäferle Recht, und war vielleicht das Gräßlichste wahr?

Hätten sie nicht zu Gevatter stehen müssen, Munde wäre vielleicht gleich umgekehrt. Aus allem dem nahm seine Gemüthsart eine unberechenbare Wendung.

Die Scheidekünstler wissen zu bestimmen, welche Wirkung ein Stoff auf den andern hervorbringt; welche Wirkung aber ein Wort in fremdem Gemüthe verursacht, ist nicht so leicht in ein Gesetz zu fassen.

Das freut mich, du bist nicht so stolz, wie ich glaubt hab', sagte Munde endlich.

Warum? Wie meinst? fragte Fränz verwundert.

Wenn du stolz wärst, hättest du mir das nicht gesagt und hättest mich auf dem Glauben gelassen, daß mir eine besondere Gnade damit geschieht, des Diethelm's Tochtermann zu werden. Aber jetzt ist mir's fast lieb, daß du mir's gesagt hast. Ich seh', ich geh' dir über Vater und Mutter, und du hast mich an mir selber gern und willst nichts vor mir voraus.

Fränz rieb sich Anfangs betroffen die Stirne. Sie hatte mit ihrem losen Herausplaudern, statt dem Vater einen Fallstrick zu legen, sich selber gefesselt. Sie hatte nicht den Muth, zu thun, als ob sie Alles nur im Spaß geredet, und als sie zuletzt hörte, wie gut der Munde ihre Rede auslegte, bewältigte sie diese Macht der harmlosen Treuherzigkeit. Der Munde war doch so ohne Falsch und so seelengut, daß sie ihn in diesem Augenblicke mehr liebte als je, und sie gab ihm von selber einen Kuß.

Munde war ein finsterer Gevatter von gar nicht bräutlicher Laune, und als ihn der Geistliche um den Namen des Täuflings, fragte, gab er nicht, wie verabredet, den Diethelm's an, sondem rief zitternd: Medard! Er bebte in der

mit seinem Großthun im Stand und ladet den Wagen noch einmal zu hoch, daß er umschmeißen muß.

Munde hieb gewaltig auf die Pferde ein, als müßten sie ihn schnell an dem Abgrunde vorüberführen, in den er plötzlich hinein sah. So hatte der alte Schäferle Recht, und war vielleicht das Gräßlichste wahr?

Hätten sie nicht zu Gevatter stehen müssen, Munde wäre vielleicht gleich umgekehrt. Aus allem dem nahm seine Gemüthsart eine unberechenbare Wendung.

Die Scheidekünstler wissen zu bestimmen, welche Wirkung ein Stoff auf den andern hervorbringt; welche Wirkung aber ein Wort in fremdem Gemüthe verursacht, ist nicht so leicht in ein Gesetz zu fassen.

Das freut mich, du bist nicht so stolz, wie ich glaubt hab', sagte Munde endlich.

Warum? Wie meinst? fragte Fränz verwundert.

Wenn du stolz wärst, hättest du mir das nicht gesagt und hättest mich auf dem Glauben gelassen, daß mir eine besondere Gnade damit geschieht, des Diethelm's Tochtermann zu werden. Aber jetzt ist mir's fast lieb, daß du mir's gesagt hast. Ich seh', ich geh' dir über Vater und Mutter, und du hast mich an mir selber gern und willst nichts vor mir voraus.

Fränz rieb sich Anfangs betroffen die Stirne. Sie hatte mit ihrem losen Herausplaudern, statt dem Vater einen Fallstrick zu legen, sich selber gefesselt. Sie hatte nicht den Muth, zu thun, als ob sie Alles nur im Spaß geredet, und als sie zuletzt hörte, wie gut der Munde ihre Rede auslegte, bewältigte sie diese Macht der harmlosen Treuherzigkeit. Der Munde war doch so ohne Falsch und so seelengut, daß sie ihn in diesem Augenblicke mehr liebte als je, und sie gab ihm von selber einen Kuß.

Munde war ein finsterer Gevatter von gar nicht bräutlicher Laune, und als ihn der Geistliche um den Namen des Täuflings, fragte, gab er nicht, wie verabredet, den Diethelm's an, sondem rief zitternd: Medard! Er bebte in der

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[0171] mit seinem Großthun im Stand und ladet den Wagen noch einmal zu hoch, daß er umschmeißen muß. Munde hieb gewaltig auf die Pferde ein, als müßten sie ihn schnell an dem Abgrunde vorüberführen, in den er plötzlich hinein sah. So hatte der alte Schäferle Recht, und war vielleicht das Gräßlichste wahr? Hätten sie nicht zu Gevatter stehen müssen, Munde wäre vielleicht gleich umgekehrt. Aus allem dem nahm seine Gemüthsart eine unberechenbare Wendung. Die Scheidekünstler wissen zu bestimmen, welche Wirkung ein Stoff auf den andern hervorbringt; welche Wirkung aber ein Wort in fremdem Gemüthe verursacht, ist nicht so leicht in ein Gesetz zu fassen. Das freut mich, du bist nicht so stolz, wie ich glaubt hab', sagte Munde endlich. Warum? Wie meinst? fragte Fränz verwundert. Wenn du stolz wärst, hättest du mir das nicht gesagt und hättest mich auf dem Glauben gelassen, daß mir eine besondere Gnade damit geschieht, des Diethelm's Tochtermann zu werden. Aber jetzt ist mir's fast lieb, daß du mir's gesagt hast. Ich seh', ich geh' dir über Vater und Mutter, und du hast mich an mir selber gern und willst nichts vor mir voraus. Fränz rieb sich Anfangs betroffen die Stirne. Sie hatte mit ihrem losen Herausplaudern, statt dem Vater einen Fallstrick zu legen, sich selber gefesselt. Sie hatte nicht den Muth, zu thun, als ob sie Alles nur im Spaß geredet, und als sie zuletzt hörte, wie gut der Munde ihre Rede auslegte, bewältigte sie diese Macht der harmlosen Treuherzigkeit. Der Munde war doch so ohne Falsch und so seelengut, daß sie ihn in diesem Augenblicke mehr liebte als je, und sie gab ihm von selber einen Kuß. Munde war ein finsterer Gevatter von gar nicht bräutlicher Laune, und als ihn der Geistliche um den Namen des Täuflings, fragte, gab er nicht, wie verabredet, den Diethelm's an, sondem rief zitternd: Medard! Er bebte in der

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:04:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T13:04:01Z)

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Zitationshilfe: Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/171>, abgerufen am 24.11.2024.