Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.schmerzvoll klagend, daß es das Herz im Leibe erschütterte, es war nicht anzuhören. Diethelm brachte es mit dem Vetter und dem Schmiede dahin, daß sie eine Feuerwand einbrachen, um durch die Oeffnung die Schafe zu retten, und so viel auch die Umstehenden abwehrten, Diethelm konnte es nicht ertragen, daß auf Einmal so viel Leben, und sei es auch nur das der Thiere, draufging. Er drang selber durch die eingerissene Wand ein: wie in einen Knollen zusammengepreßt standen die Thiere, und von denen, die der Flamme nahe waren, sprang bald eines, bald das andere wie aufgeschnellt mitten in die Flamme hinein, that noch einen jämmerlichen Schrei, und die Unversehrten blökten vor sich nieder. Mit Gewalt drängte sich Diethelm in die Mitte der Thiere und suchte sie hinauszutreiben, aber sie preßten sich immer wieder zusammen, und plötzlich fiel er nieder, und die Thiere standen auf ihm und um ihn, und mit halb ersticktem Schrei konnte er nur noch um Hülfe rufen. Es gelang dem Vetter, ihn zu retten, und bewußtlos, aus unsichtbaren Wunden blutend, wurde Diethelm nach dem Dorfe in das Waldhorn getragen, während gerade das Haus zusammenkrachte und der Dachstuhl in die Umfassungsmauern stürzte. Ein unerträglicher Geruch benahm allen Menschen fast den Athem, so daß keiner ein Wort sprach. Nur der alte Schäferle rief dem Davongetragenen nach: Mordbrenner! du darfst nicht sterben. Du mußt doch am Galgen verfaulen. Er wurde erst ruhiger, als eben Frau Martha kam. Es war Tag, als Diethelm erwachte, und vor ihm stand seine Frau und hob die gefalteten Hände zum Himmel, als er die Augen aufschlug. Du da? frug Diethelm, ist sie todt? Ach Gott, ja, und sie hat noch im Sterben das Unglück gesehen. Wer hat mir meinen Arm verbunden? Bist du schon lang da? Hab' ich im Schlaf was geredet? frug Diethelm wieder in fast zornigem Tone. schmerzvoll klagend, daß es das Herz im Leibe erschütterte, es war nicht anzuhören. Diethelm brachte es mit dem Vetter und dem Schmiede dahin, daß sie eine Feuerwand einbrachen, um durch die Oeffnung die Schafe zu retten, und so viel auch die Umstehenden abwehrten, Diethelm konnte es nicht ertragen, daß auf Einmal so viel Leben, und sei es auch nur das der Thiere, draufging. Er drang selber durch die eingerissene Wand ein: wie in einen Knollen zusammengepreßt standen die Thiere, und von denen, die der Flamme nahe waren, sprang bald eines, bald das andere wie aufgeschnellt mitten in die Flamme hinein, that noch einen jämmerlichen Schrei, und die Unversehrten blökten vor sich nieder. Mit Gewalt drängte sich Diethelm in die Mitte der Thiere und suchte sie hinauszutreiben, aber sie preßten sich immer wieder zusammen, und plötzlich fiel er nieder, und die Thiere standen auf ihm und um ihn, und mit halb ersticktem Schrei konnte er nur noch um Hülfe rufen. Es gelang dem Vetter, ihn zu retten, und bewußtlos, aus unsichtbaren Wunden blutend, wurde Diethelm nach dem Dorfe in das Waldhorn getragen, während gerade das Haus zusammenkrachte und der Dachstuhl in die Umfassungsmauern stürzte. Ein unerträglicher Geruch benahm allen Menschen fast den Athem, so daß keiner ein Wort sprach. Nur der alte Schäferle rief dem Davongetragenen nach: Mordbrenner! du darfst nicht sterben. Du mußt doch am Galgen verfaulen. Er wurde erst ruhiger, als eben Frau Martha kam. Es war Tag, als Diethelm erwachte, und vor ihm stand seine Frau und hob die gefalteten Hände zum Himmel, als er die Augen aufschlug. Du da? frug Diethelm, ist sie todt? Ach Gott, ja, und sie hat noch im Sterben das Unglück gesehen. Wer hat mir meinen Arm verbunden? Bist du schon lang da? Hab' ich im Schlaf was geredet? frug Diethelm wieder in fast zornigem Tone. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="16"> <p><pb facs="#f0113"/> schmerzvoll klagend, daß es das Herz im Leibe erschütterte, es war nicht anzuhören. Diethelm brachte es mit dem Vetter und dem Schmiede dahin, daß sie eine Feuerwand einbrachen, um durch die Oeffnung die Schafe zu retten, und so viel auch die Umstehenden abwehrten, Diethelm konnte es nicht ertragen, daß auf Einmal so viel Leben, und sei es auch nur das der Thiere, draufging. Er drang selber durch die eingerissene Wand ein: wie in einen Knollen zusammengepreßt standen die Thiere, und von denen, die der Flamme nahe waren, sprang bald eines, bald das andere wie aufgeschnellt mitten in die Flamme hinein, that noch einen jämmerlichen Schrei, und die Unversehrten blökten vor sich nieder. Mit Gewalt drängte sich Diethelm in die Mitte der Thiere und suchte sie hinauszutreiben, aber sie preßten sich immer wieder zusammen, und plötzlich fiel er nieder, und die Thiere standen auf ihm und um ihn, und mit halb ersticktem Schrei konnte er nur noch um Hülfe rufen. Es gelang dem Vetter, ihn zu retten, und bewußtlos, aus unsichtbaren Wunden blutend, wurde Diethelm nach dem Dorfe in das Waldhorn getragen, während gerade das Haus zusammenkrachte und der Dachstuhl in die Umfassungsmauern stürzte. Ein unerträglicher Geruch benahm allen Menschen fast den Athem, so daß keiner ein Wort sprach. Nur der alte Schäferle rief dem Davongetragenen nach: Mordbrenner! du darfst nicht sterben. 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Er wurde erst ruhiger, als eben Frau Martha kam.
Es war Tag, als Diethelm erwachte, und vor ihm stand seine Frau und hob die gefalteten Hände zum Himmel, als er die Augen aufschlug.
Du da? frug Diethelm, ist sie todt?
Ach Gott, ja, und sie hat noch im Sterben das Unglück gesehen.
Wer hat mir meinen Arm verbunden? Bist du schon lang da? Hab' ich im Schlaf was geredet? frug Diethelm wieder in fast zornigem Tone.
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Zitationshilfe: | Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/113>, abgerufen am 05.07.2024. |