Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

Duft aus, der wie ein magisches Netz die Sinne gefangen hielt. Von Rose zu Rose ging die junge Frau, trank mit durstigen Lippen aus jedem Kelch die frischen Regentropfen, und nachdem sie so erquickende Frische eingesogen, brach sie noch tyrannisch die beraubten Blüthen und warf sie zerpflückt den Wellen der Eger zu. Einzelne helle Sterne lauschten dem kindischen Spiel und blickten doch so heilig ernst dazu, als begriffen sie des Spieles tiefe Bedeutung. "Ich bin mild gegen euch, ihr schönen, schönen Blumen; ich vernichte euch in eurer Schönheit; ich erspare euch den Schmerz nach und nach verwelken zu müssen! Ich bin gerechter als die Natur, die auch uns nur so kurze Zeit das Recht auf Glück und Liebe ertheilt, und uns dann, wenn die Tage der Jugend vorüber, zu den Qualen langer Entsagung verdammt!" So wühlte die junge, schöne Frau gedankenvoll in den unheimlichen Tiefen des Lebens. Am Ufer des Flusses stehend, sah sie starr in das Wasser hinein, so lange, bis es ihr unheimlich wohl ward und die Fluth sie lockend herab zu ziehen drohte!

Duft aus, der wie ein magisches Netz die Sinne gefangen hielt. Von Rose zu Rose ging die junge Frau, trank mit durstigen Lippen aus jedem Kelch die frischen Regentropfen, und nachdem sie so erquickende Frische eingesogen, brach sie noch tyrannisch die beraubten Blüthen und warf sie zerpflückt den Wellen der Eger zu. Einzelne helle Sterne lauschten dem kindischen Spiel und blickten doch so heilig ernst dazu, als begriffen sie des Spieles tiefe Bedeutung. „Ich bin mild gegen euch, ihr schönen, schönen Blumen; ich vernichte euch in eurer Schönheit; ich erspare euch den Schmerz nach und nach verwelken zu müssen! Ich bin gerechter als die Natur, die auch uns nur so kurze Zeit das Recht auf Glück und Liebe ertheilt, und uns dann, wenn die Tage der Jugend vorüber, zu den Qualen langer Entsagung verdammt!“ So wühlte die junge, schöne Frau gedankenvoll in den unheimlichen Tiefen des Lebens. Am Ufer des Flusses stehend, sah sie starr in das Wasser hinein, so lange, bis es ihr unheimlich wohl ward und die Fluth sie lockend herab zu ziehen drohte!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0098" n="86"/>
Duft aus, der wie ein magisches Netz die Sinne                     gefangen hielt. Von Rose zu Rose ging die junge Frau, trank mit durstigen Lippen                     aus jedem Kelch die frischen Regentropfen, und nachdem sie so erquickende                     Frische eingesogen, brach sie noch tyrannisch die beraubten Blüthen und warf sie                     zerpflückt den Wellen der Eger zu. Einzelne helle Sterne lauschten dem                     kindischen Spiel und blickten doch so heilig ernst dazu, als begriffen sie des                     Spieles tiefe Bedeutung. &#x201E;Ich bin mild gegen euch, ihr schönen, schönen Blumen;                     ich vernichte euch in eurer Schönheit; ich erspare euch den Schmerz nach und                     nach verwelken zu müssen! Ich bin gerechter als die Natur, die auch uns nur so                     kurze Zeit das Recht auf Glück und Liebe ertheilt, und uns dann, wenn die Tage                     der Jugend vorüber, zu den Qualen langer Entsagung verdammt!&#x201C; So wühlte die                     junge, schöne Frau gedankenvoll in den unheimlichen Tiefen des Lebens. Am Ufer                     des Flusses stehend, sah sie starr in das Wasser hinein, so lange, bis es ihr                     unheimlich wohl ward und die Fluth sie lockend herab zu ziehen drohte!
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0098] Duft aus, der wie ein magisches Netz die Sinne gefangen hielt. Von Rose zu Rose ging die junge Frau, trank mit durstigen Lippen aus jedem Kelch die frischen Regentropfen, und nachdem sie so erquickende Frische eingesogen, brach sie noch tyrannisch die beraubten Blüthen und warf sie zerpflückt den Wellen der Eger zu. Einzelne helle Sterne lauschten dem kindischen Spiel und blickten doch so heilig ernst dazu, als begriffen sie des Spieles tiefe Bedeutung. „Ich bin mild gegen euch, ihr schönen, schönen Blumen; ich vernichte euch in eurer Schönheit; ich erspare euch den Schmerz nach und nach verwelken zu müssen! Ich bin gerechter als die Natur, die auch uns nur so kurze Zeit das Recht auf Glück und Liebe ertheilt, und uns dann, wenn die Tage der Jugend vorüber, zu den Qualen langer Entsagung verdammt!“ So wühlte die junge, schöne Frau gedankenvoll in den unheimlichen Tiefen des Lebens. Am Ufer des Flusses stehend, sah sie starr in das Wasser hinein, so lange, bis es ihr unheimlich wohl ward und die Fluth sie lockend herab zu ziehen drohte!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie - A Digital Library of Works by German-Speaking Women: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax von "Sophie". (2013-03-13T15:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Heinrich Heine Universität Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-13T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-13T15:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/98
Zitationshilfe: Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/98>, abgerufen am 24.11.2024.