Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.Sidonie gegeben wurde, welche den Tanz leidenschaftlich liebte. Da Schönheit und Reichthum sich überall Geltung verschaffen, so war auch Madame Oburn mit zu diesem Feste geladen. Es war nicht Leichtsinn, daß sie erschien, nach so tiefen schmerzvollen Erlebnissen des Herzens: es war der Stolz, der weder andern, noch sich selbst einräumen wollte, daß sie unendlich litt. Als sie am Morgen ihre Wohnung wieder erreicht, schloß sie ihr Gemach, ließ die Vorhänge nieder, drückte des Gesicht tief in die Kissen des rothseidenen Divans, und preßte die Hände fest an das Herz. Das war die Feierstunde, in der sie alle Bilder der Seele heraufbeschwor, den Schmerz walten ließ mit aller Macht, bis die wilden, zerreißenden Akkorde allmählich übergingen in sanftere Melodien, bis sie schwelgen konnte in diesen phantastisch-süßen Uebergängen, und so den Schmerz besiegte, indem sie sich ganz ihm hingab. Als die Zeit der Toilette kam, erhob sie sich ruhig, klingelte ihrem Kammermädchen, und ließ sich zum Ball schmücken. Gleichgültig betrachtete sie in dem hohen Mahagoni-Spiegel Sidonie gegeben wurde, welche den Tanz leidenschaftlich liebte. Da Schönheit und Reichthum sich überall Geltung verschaffen, so war auch Madame Oburn mit zu diesem Feste geladen. Es war nicht Leichtsinn, daß sie erschien, nach so tiefen schmerzvollen Erlebnissen des Herzens: es war der Stolz, der weder andern, noch sich selbst einräumen wollte, daß sie unendlich litt. Als sie am Morgen ihre Wohnung wieder erreicht, schloß sie ihr Gemach, ließ die Vorhänge nieder, drückte des Gesicht tief in die Kissen des rothseidenen Divans, und preßte die Hände fest an das Herz. Das war die Feierstunde, in der sie alle Bilder der Seele heraufbeschwor, den Schmerz walten ließ mit aller Macht, bis die wilden, zerreißenden Akkorde allmählich übergingen in sanftere Melodien, bis sie schwelgen konnte in diesen phantastisch-süßen Uebergängen, und so den Schmerz besiegte, indem sie sich ganz ihm hingab. Als die Zeit der Toilette kam, erhob sie sich ruhig, klingelte ihrem Kammermädchen, und ließ sich zum Ball schmücken. Gleichgültig betrachtete sie in dem hohen Mahagoni-Spiegel <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0057" n="45"/> Sidonie gegeben wurde, welche den Tanz leidenschaftlich liebte.</p> <p> Da Schönheit und Reichthum sich überall Geltung verschaffen, so war auch Madame Oburn mit zu diesem Feste geladen. Es war nicht Leichtsinn, daß sie erschien, nach so tiefen schmerzvollen Erlebnissen des Herzens: es war der Stolz, der weder andern, noch sich selbst einräumen wollte, daß sie unendlich litt.</p> <p> Als sie am Morgen ihre Wohnung wieder erreicht, schloß sie ihr Gemach, ließ die Vorhänge nieder, drückte des Gesicht tief in die Kissen des rothseidenen Divans, und preßte die Hände fest an das Herz. Das war die Feierstunde, in der sie alle Bilder der Seele heraufbeschwor, den Schmerz walten ließ mit aller Macht, bis die wilden, zerreißenden Akkorde allmählich übergingen in sanftere Melodien, bis sie schwelgen konnte in diesen phantastisch-süßen Uebergängen, und so den Schmerz besiegte, indem sie sich ganz ihm hingab. Als die Zeit der Toilette kam, erhob sie sich ruhig, klingelte ihrem Kammermädchen, und ließ sich zum Ball schmücken. Gleichgültig betrachtete sie in dem hohen Mahagoni-Spiegel </p> </div> </body> </text> </TEI> [45/0057]
Sidonie gegeben wurde, welche den Tanz leidenschaftlich liebte.
Da Schönheit und Reichthum sich überall Geltung verschaffen, so war auch Madame Oburn mit zu diesem Feste geladen. Es war nicht Leichtsinn, daß sie erschien, nach so tiefen schmerzvollen Erlebnissen des Herzens: es war der Stolz, der weder andern, noch sich selbst einräumen wollte, daß sie unendlich litt.
Als sie am Morgen ihre Wohnung wieder erreicht, schloß sie ihr Gemach, ließ die Vorhänge nieder, drückte des Gesicht tief in die Kissen des rothseidenen Divans, und preßte die Hände fest an das Herz. Das war die Feierstunde, in der sie alle Bilder der Seele heraufbeschwor, den Schmerz walten ließ mit aller Macht, bis die wilden, zerreißenden Akkorde allmählich übergingen in sanftere Melodien, bis sie schwelgen konnte in diesen phantastisch-süßen Uebergängen, und so den Schmerz besiegte, indem sie sich ganz ihm hingab. Als die Zeit der Toilette kam, erhob sie sich ruhig, klingelte ihrem Kammermädchen, und ließ sich zum Ball schmücken. Gleichgültig betrachtete sie in dem hohen Mahagoni-Spiegel
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Zitationshilfe: | Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/57>, abgerufen am 23.07.2024. |