Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.reichem, goldenen Rahmen in seinem Geschäftszimmer. Schnell öffnete er die Thüre, die dahin führte, und zog den Prinzen hinein mit den Worten: "Wie gefällt Ihnen dies Bild?" Wie die Sonne plötzlich durch finsteres Gewölk bricht: so erhellte sich das verdüsterte Gesicht des Prinzen zu einem Freudenschein, der im Nachglanz noch die Züge des Herrn Oburn verklärte. "O mein Gott! wie schön ist sie doch!" sprach der Prinz nach langem Anschauen fast bewußtlos vor sich hin; "und wie wunderbar ist dies Bild getroffen!" Den Schritten des Prinzen war sein Leibarzt unmittelbar gefolgt. Auch er stand vor diesem Portrait wie festgebannt; Erinnerungen an eine theure Vergangenheit überkamen ihn mächtig bei dem Anblick dieser Züge. Sein Auge blitzte auf wie vor Freude und Seligkeit; die strengen, edeln Züge wurden weicher, ein Hauch des Friedens wehte darüber hin; doch diese stille Seligkeit wich plötzlich einem höhnischen bittern Ausdruck. Wie von heftigen innerm Leiden erfaßt, ballte er beide Hände, preßte die Lippen fest zusammen, und wandte sich dem Fenster zu. Herr reichem, goldenen Rahmen in seinem Geschäftszimmer. Schnell öffnete er die Thüre, die dahin führte, und zog den Prinzen hinein mit den Worten: „Wie gefällt Ihnen dies Bild?“ Wie die Sonne plötzlich durch finsteres Gewölk bricht: so erhellte sich das verdüsterte Gesicht des Prinzen zu einem Freudenschein, der im Nachglanz noch die Züge des Herrn Oburn verklärte. „O mein Gott! wie schön ist sie doch!“ sprach der Prinz nach langem Anschauen fast bewußtlos vor sich hin; „und wie wunderbar ist dies Bild getroffen!“ Den Schritten des Prinzen war sein Leibarzt unmittelbar gefolgt. Auch er stand vor diesem Portrait wie festgebannt; Erinnerungen an eine theure Vergangenheit überkamen ihn mächtig bei dem Anblick dieser Züge. Sein Auge blitzte auf wie vor Freude und Seligkeit; die strengen, edeln Züge wurden weicher, ein Hauch des Friedens wehte darüber hin; doch diese stille Seligkeit wich plötzlich einem höhnischen bittern Ausdruck. Wie von heftigen innerm Leiden erfaßt, ballte er beide Hände, preßte die Lippen fest zusammen, und wandte sich dem Fenster zu. Herr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0153" n="141"/> reichem, goldenen Rahmen in seinem Geschäftszimmer. Schnell öffnete er die Thüre, die dahin führte, und zog den Prinzen hinein mit den Worten: „Wie gefällt Ihnen dies Bild?“</p> <p> Wie die Sonne plötzlich durch finsteres Gewölk bricht: so erhellte sich das verdüsterte Gesicht des Prinzen zu einem Freudenschein, der im Nachglanz noch die Züge des Herrn Oburn verklärte. „O mein Gott! wie schön ist sie doch!“ sprach der Prinz nach langem Anschauen fast bewußtlos vor sich hin; „und wie wunderbar ist dies Bild getroffen!“ Den Schritten des Prinzen war sein Leibarzt unmittelbar gefolgt. Auch er stand vor diesem Portrait wie festgebannt; Erinnerungen an eine theure Vergangenheit überkamen ihn mächtig bei dem Anblick dieser Züge. Sein Auge blitzte auf wie vor Freude und Seligkeit; die strengen, edeln Züge wurden weicher, ein Hauch des Friedens wehte darüber hin; doch diese stille Seligkeit wich plötzlich einem höhnischen bittern Ausdruck. Wie von heftigen innerm Leiden erfaßt, ballte er beide Hände, preßte die Lippen fest zusammen, und wandte sich dem Fenster zu. Herr </p> </div> </body> </text> </TEI> [141/0153]
reichem, goldenen Rahmen in seinem Geschäftszimmer. Schnell öffnete er die Thüre, die dahin führte, und zog den Prinzen hinein mit den Worten: „Wie gefällt Ihnen dies Bild?“
Wie die Sonne plötzlich durch finsteres Gewölk bricht: so erhellte sich das verdüsterte Gesicht des Prinzen zu einem Freudenschein, der im Nachglanz noch die Züge des Herrn Oburn verklärte. „O mein Gott! wie schön ist sie doch!“ sprach der Prinz nach langem Anschauen fast bewußtlos vor sich hin; „und wie wunderbar ist dies Bild getroffen!“ Den Schritten des Prinzen war sein Leibarzt unmittelbar gefolgt. Auch er stand vor diesem Portrait wie festgebannt; Erinnerungen an eine theure Vergangenheit überkamen ihn mächtig bei dem Anblick dieser Züge. Sein Auge blitzte auf wie vor Freude und Seligkeit; die strengen, edeln Züge wurden weicher, ein Hauch des Friedens wehte darüber hin; doch diese stille Seligkeit wich plötzlich einem höhnischen bittern Ausdruck. Wie von heftigen innerm Leiden erfaßt, ballte er beide Hände, preßte die Lippen fest zusammen, und wandte sich dem Fenster zu. Herr
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Zitationshilfe: | Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/153>, abgerufen am 23.07.2024. |