des Wappens, sie erzählte, der Spruch sei wirklich Er¬ satz dem Großvater geworden, und er habe oft bei der Einschränkung in der er später leben mußte gesagt: "Bes¬ ser konnt ich mirs nicht wünschen." -- Das Wappen hing über seinem Schreibtisch, und da er bei Bauer und Bürger in großem Ansehen stand, so kamen sie oft zu ihm in schwierigen Angelegenheiten, da hat er denn durch den Spruch vom Wappen, manchen zur Gerechtigkeit oder zur Nachsicht bewogen, er sei dadurch so im An¬ sehn gestiegen daß sein Urtheil mehr wirkte wie alles Rechtsverfahren, und mancher der dem Buchstaben des Gesetzes nach, sich durchfechten konnte, hat um nicht das Urtheil des Großvaters gegen sich zu haben, sich ver¬ glichen, und der Kurfürst hat sich auch wieder mit ihm versöhnt und ihm vollkommen Recht gegeben, aber der Großvater schlug seine Anstellung aus, die der Kurfürst ihm wieder anbot; er sagte: "hat mir Gott das Hemd ausgezogen und gefällts ihm, mich schon auf Erden nackt und blos herumlaufen zu sehen, so will ich mir keine Staatslivree als Feigenblatt für den menschlichen Ehr¬ geiz vorhalten, dem Herrn Kurfürst steh ich zu Diensten in allen gerechten Dingen, so wie mich Gott geschaffen hat, und der sich nicht vor ihm zu schämen braucht; ich mag nicht aus meinem Paradies heraus, denn ich mag mich
des Wappens, ſie erzählte, der Spruch ſei wirklich Er¬ ſatz dem Großvater geworden, und er habe oft bei der Einſchränkung in der er ſpäter leben mußte geſagt: „Beſ¬ ſer konnt ich mirs nicht wünſchen.“ — Das Wappen hing über ſeinem Schreibtiſch, und da er bei Bauer und Bürger in großem Anſehen ſtand, ſo kamen ſie oft zu ihm in ſchwierigen Angelegenheiten, da hat er denn durch den Spruch vom Wappen, manchen zur Gerechtigkeit oder zur Nachſicht bewogen, er ſei dadurch ſo im An¬ ſehn geſtiegen daß ſein Urtheil mehr wirkte wie alles Rechtsverfahren, und mancher der dem Buchſtaben des Geſetzes nach, ſich durchfechten konnte, hat um nicht das Urtheil des Großvaters gegen ſich zu haben, ſich ver¬ glichen, und der Kurfürſt hat ſich auch wieder mit ihm verſöhnt und ihm vollkommen Recht gegeben, aber der Großvater ſchlug ſeine Anſtellung aus, die der Kurfürſt ihm wieder anbot; er ſagte: „hat mir Gott das Hemd ausgezogen und gefällts ihm, mich ſchon auf Erden nackt und blos herumlaufen zu ſehen, ſo will ich mir keine Staatslivree als Feigenblatt für den menſchlichen Ehr¬ geiz vorhalten, dem Herrn Kurfürſt ſteh ich zu Dienſten in allen gerechten Dingen, ſo wie mich Gott geſchaffen hat, und der ſich nicht vor ihm zu ſchämen braucht; ich mag nicht aus meinem Paradies heraus, denn ich mag mich
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des Wappens, ſie erzählte, der Spruch ſei wirklich Er¬
ſatz dem Großvater geworden, und er habe oft bei der
Einſchränkung in der er ſpäter leben mußte geſagt: „Beſ¬
ſer konnt ich mirs nicht wünſchen.“ — Das Wappen
hing über ſeinem Schreibtiſch, und da er bei Bauer und
Bürger in großem Anſehen ſtand, ſo kamen ſie oft zu
ihm in ſchwierigen Angelegenheiten, da hat er denn durch
den Spruch vom Wappen, manchen zur Gerechtigkeit
oder zur Nachſicht bewogen, er ſei dadurch ſo im An¬
ſehn geſtiegen daß ſein Urtheil mehr wirkte wie alles
Rechtsverfahren, und mancher der dem Buchſtaben des
Geſetzes nach, ſich durchfechten konnte, hat um nicht das
Urtheil des Großvaters gegen ſich zu haben, ſich ver¬
glichen, und der Kurfürſt hat ſich auch wieder mit ihm
verſöhnt und ihm vollkommen Recht gegeben, aber der
Großvater ſchlug ſeine Anſtellung aus, die der Kurfürſt
ihm wieder anbot; er ſagte: „hat mir Gott das Hemd
ausgezogen und gefällts ihm, mich ſchon auf Erden nackt
und blos herumlaufen zu ſehen, ſo will ich mir keine
Staatslivree als Feigenblatt für den menſchlichen Ehr¬
geiz vorhalten, dem Herrn Kurfürſt ſteh ich zu Dienſten
in allen gerechten Dingen, ſo wie mich Gott geſchaffen
hat, und der ſich nicht vor ihm zu ſchämen braucht; ich
mag nicht aus meinem Paradies heraus, denn ich mag mich
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/58>, abgerufen am 28.11.2024.
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