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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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Da fällt mir wieder mein Kindertraum ein, wo ich auf
einem backsteinernen Fluß auf der Reise war, und die
Ruderer vergeblich Wellen schlagen wollten, und nur
mit den Stechstangen gings langsam vorwärts, -- und
das krachte so unangenehm, es pfiff daß es mir zwischen
den Zähnchen weh that. Ach und die Reisegefährten
schnitten so fürchterliche Gesichter, -- da hab ich recht in
Natura gesehen, und ohne Schleier, was ein Philister
für eine fürchterliche Lebenslarve hat. -- Der Trieb zur
Schönheit ist doch wohl noch das einzige was von einer
höheren Natur übrig ist. --

Am Feiertag wollt ich der Ephraim sollt mich be¬
suchen, es war mein Lerntag, aber weils Feiertag war,
so konnt ich einmal die Stund verplaudern mit ihm,
wozu ich so große Lust hatte, und mit meinen Tannen¬
bäumen eine Laube um seinen Sitz gebaut das hat mir
groß Vergnügen gemacht, ich schenkte ihm auch Wein
ein, da kam der Professor Weiß dazu, der hatte mit
ihm zu reden wegen zwei Schüler, der sprach auch mit
großer Achtung mit ihm, daß er so große Kenntnisse
habe. Sein Enkel holte ihn ab, und blieb noch eine
Weile da, aber er setzte sich nicht vor seinem Großvater
und blieb stehen, und von dem Wein nippte er nur --
und ich will Dir gestehen daß ich die ganze Zeit von Dir

Da fällt mir wieder mein Kindertraum ein, wo ich auf
einem backſteinernen Fluß auf der Reiſe war, und die
Ruderer vergeblich Wellen ſchlagen wollten, und nur
mit den Stechſtangen gings langſam vorwärts, — und
das krachte ſo unangenehm, es pfiff daß es mir zwiſchen
den Zähnchen weh that. Ach und die Reiſegefährten
ſchnitten ſo fürchterliche Geſichter, — da hab ich recht in
Natura geſehen, und ohne Schleier, was ein Philiſter
für eine fürchterliche Lebenslarve hat. — Der Trieb zur
Schönheit iſt doch wohl noch das einzige was von einer
höheren Natur übrig iſt. —

Am Feiertag wollt ich der Ephraim ſollt mich be¬
ſuchen, es war mein Lerntag, aber weils Feiertag war,
ſo konnt ich einmal die Stund verplaudern mit ihm,
wozu ich ſo große Luſt hatte, und mit meinen Tannen¬
bäumen eine Laube um ſeinen Sitz gebaut das hat mir
groß Vergnügen gemacht, ich ſchenkte ihm auch Wein
ein, da kam der Profeſſor Weiß dazu, der hatte mit
ihm zu reden wegen zwei Schüler, der ſprach auch mit
großer Achtung mit ihm, daß er ſo große Kenntniſſe
habe. Sein Enkel holte ihn ab, und blieb noch eine
Weile da, aber er ſetzte ſich nicht vor ſeinem Großvater
und blieb ſtehen, und von dem Wein nippte er nur —
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[251/0265] Da fällt mir wieder mein Kindertraum ein, wo ich auf einem backſteinernen Fluß auf der Reiſe war, und die Ruderer vergeblich Wellen ſchlagen wollten, und nur mit den Stechſtangen gings langſam vorwärts, — und das krachte ſo unangenehm, es pfiff daß es mir zwiſchen den Zähnchen weh that. Ach und die Reiſegefährten ſchnitten ſo fürchterliche Geſichter, — da hab ich recht in Natura geſehen, und ohne Schleier, was ein Philiſter für eine fürchterliche Lebenslarve hat. — Der Trieb zur Schönheit iſt doch wohl noch das einzige was von einer höheren Natur übrig iſt. — Am Feiertag wollt ich der Ephraim ſollt mich be¬ ſuchen, es war mein Lerntag, aber weils Feiertag war, ſo konnt ich einmal die Stund verplaudern mit ihm, wozu ich ſo große Luſt hatte, und mit meinen Tannen¬ bäumen eine Laube um ſeinen Sitz gebaut das hat mir groß Vergnügen gemacht, ich ſchenkte ihm auch Wein ein, da kam der Profeſſor Weiß dazu, der hatte mit ihm zu reden wegen zwei Schüler, der ſprach auch mit großer Achtung mit ihm, daß er ſo große Kenntniſſe habe. Sein Enkel holte ihn ab, und blieb noch eine Weile da, aber er ſetzte ſich nicht vor ſeinem Großvater und blieb ſtehen, und von dem Wein nippte er nur — und ich will Dir geſtehen daß ich die ganze Zeit von Dir

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/265>, abgerufen am 24.11.2024.