Als ich den Ephraim begleitet hatte, ging ich gleich auf den Thurm, obschon das nicht gilt wenn die Sterne noch nicht am Himmel stehen; aber ich mochte nicht wieder ins Haus, es war mir zu behaglich in freier Luft. Fühlst Du das auch, das Glücklichsein, blos weil Du athmest, -- wenn Du im Freien gehst und siehst den unermeßlichen Äther über Dir -- daß Du den trinkst, daß Du mit ihm verwandt bist, so nah daß alles Leben in Dich strömt von ihm? -- Ach was suchen wir doch noch nach einem Gegenstand den wir lieben wollen? -- gewiegt, gereizt, genährt, begeistigt vom Leben -- in seinem Schooß bald, bald auf seinen Flügeln; ist das nicht Liebe? ist das ganze Leben nicht Lieben? -- und Du suchst was Du lieben kannst? -- so lieb doch das Leben wieder, was Dich durch¬ dringt, was ewig mächtig Dich an sich zieht, aus dem allein alle Seligkeit Dir zuströmt; warum muß es doch grade dies oder jenes sein, an das Du dich hingiebst? -- nimm doch alles Geliebte hin als eine Zärtlichkeit, eine Schmeichelei vom Leben selbst, häng mit Begeistrung am Leben selbst, dessen Liebe Dich geistig macht; -- denn daß Du lebst das ist die heiße Liebe des Lebens zu Dir; Es allein hegt in sich den Zweck der Liebe, es ver¬ geistigt das Lebende, das Geliebte. -- Und alle Kreatur lebt von der Liebe, vom Leben selbst.
Als ich den Ephraim begleitet hatte, ging ich gleich auf den Thurm, obſchon das nicht gilt wenn die Sterne noch nicht am Himmel ſtehen; aber ich mochte nicht wieder ins Haus, es war mir zu behaglich in freier Luft. Fühlſt Du das auch, das Glücklichſein, blos weil Du athmeſt, — wenn Du im Freien gehſt und ſiehſt den unermeßlichen Äther über Dir — daß Du den trinkſt, daß Du mit ihm verwandt biſt, ſo nah daß alles Leben in Dich ſtrömt von ihm? — Ach was ſuchen wir doch noch nach einem Gegenſtand den wir lieben wollen? — gewiegt, gereizt, genährt, begeiſtigt vom Leben — in ſeinem Schooß bald, bald auf ſeinen Flügeln; iſt das nicht Liebe? iſt das ganze Leben nicht Lieben? — und Du ſuchſt was Du lieben kannſt? — ſo lieb doch das Leben wieder, was Dich durch¬ dringt, was ewig mächtig Dich an ſich zieht, aus dem allein alle Seligkeit Dir zuſtrömt; warum muß es doch grade dies oder jenes ſein, an das Du dich hingiebſt? — nimm doch alles Geliebte hin als eine Zärtlichkeit, eine Schmeichelei vom Leben ſelbſt, häng mit Begeiſtrung am Leben ſelbſt, deſſen Liebe Dich geiſtig macht; — denn daß Du lebſt das iſt die heiße Liebe des Lebens zu Dir; Es allein hegt in ſich den Zweck der Liebe, es ver¬ geiſtigt das Lebende, das Geliebte. — Und alle Kreatur lebt von der Liebe, vom Leben ſelbſt.
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Als ich den Ephraim begleitet hatte, ging ich gleich auf den
Thurm, obſchon das nicht gilt wenn die Sterne noch nicht
am Himmel ſtehen; aber ich mochte nicht wieder ins Haus,
es war mir zu behaglich in freier Luft. Fühlſt Du das
auch, das Glücklichſein, blos weil Du athmeſt, — wenn Du
im Freien gehſt und ſiehſt den unermeßlichen Äther über
Dir — daß Du den trinkſt, daß Du mit ihm verwandt
biſt, ſo nah daß alles Leben in Dich ſtrömt von ihm? —
Ach was ſuchen wir doch noch nach einem Gegenſtand
den wir lieben wollen? — gewiegt, gereizt, genährt,
begeiſtigt vom Leben — in ſeinem Schooß bald, bald auf
ſeinen Flügeln; iſt das nicht Liebe? iſt das ganze Leben
nicht Lieben? — und Du ſuchſt was Du lieben kannſt?
— ſo lieb doch das Leben wieder, was Dich durch¬
dringt, was ewig mächtig Dich an ſich zieht, aus dem
allein alle Seligkeit Dir zuſtrömt; warum muß es doch
grade dies oder jenes ſein, an das Du dich hingiebſt? —
nimm doch alles Geliebte hin als eine Zärtlichkeit, eine
Schmeichelei vom Leben ſelbſt, häng mit Begeiſtrung
am Leben ſelbſt, deſſen Liebe Dich geiſtig macht; — denn
daß Du lebſt das iſt die heiße Liebe des Lebens zu Dir;
Es allein hegt in ſich den Zweck der Liebe, es ver¬
geiſtigt das Lebende, das Geliebte. — Und alle Kreatur
lebt von der Liebe, vom Leben ſelbſt.
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/238>, abgerufen am 25.11.2024.
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