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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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Die Luft ist der Genius des Lebens, sein höheres Ich,
so wie Wasser und Erde seine Erzeuger sind. -- Die
Luft ist Vermittlerin zwischen dem göttlichen Liebesfeuer
und dem jungen kindlichen Streben danach, küssen die
Strahlen zu heiß dann kühlt sie mit sanftem Wehen
und erleichtert den verhaltnen Lebensathem; wie doppelt
schlägt das Herz wenn ihr Strom rascher eindringt! --
-- wie ganz giebt sich ihr das Leben hin, wenn es von
mächtigeren Regungen bewältigt wird. Ja ihr allein
vertraut es sich wenn es von sich selber nicht mehr weiß,
sie umlebt das erstorbene, bis Leben eindringt wieder,
mächtiger und gewaltiger wie früher. So fühl ich deut¬
lich, wenn mein Geist erstarrt war, es ist Genuß zwischen
mir und der Gottheit der mich weckt, die Luft, die mich
nährt und erhält, ohne welche Geist erstorben wär, nie
der Seele könnt Nahrung bringen, von oben. -- Ja alle
Offenbarung ist die Geistesluft die ihn durchathmet, ohne
welche er nicht leben kann einen Augenblick, sondern
müßt ersticken, und ob er schläft oder wacht, so athmet
er doch immer den Genius, die Luft. -- Ich bin so glück¬
lich Günderode wenn ich hier auf den Bergen stehe und
der Wind braust das er mich davon tragen will, --
dann muß ich lachen vor Muthwillen und denk ob

Die Luft iſt der Genius des Lebens, ſein höheres Ich,
ſo wie Waſſer und Erde ſeine Erzeuger ſind. — Die
Luft iſt Vermittlerin zwiſchen dem göttlichen Liebesfeuer
und dem jungen kindlichen Streben danach, küſſen die
Strahlen zu heiß dann kühlt ſie mit ſanftem Wehen
und erleichtert den verhaltnen Lebensathem; wie doppelt
ſchlägt das Herz wenn ihr Strom raſcher eindringt! —
— wie ganz giebt ſich ihr das Leben hin, wenn es von
mächtigeren Regungen bewältigt wird. Ja ihr allein
vertraut es ſich wenn es von ſich ſelber nicht mehr weiß,
ſie umlebt das erſtorbene, bis Leben eindringt wieder,
mächtiger und gewaltiger wie früher. So fühl ich deut¬
lich, wenn mein Geiſt erſtarrt war, es iſt Genuß zwiſchen
mir und der Gottheit der mich weckt, die Luft, die mich
nährt und erhält, ohne welche Geiſt erſtorben wär, nie
der Seele könnt Nahrung bringen, von oben. — Ja alle
Offenbarung iſt die Geiſtesluft die ihn durchathmet, ohne
welche er nicht leben kann einen Augenblick, ſondern
müßt erſticken, und ob er ſchläft oder wacht, ſo athmet
er doch immer den Genius, die Luft. — Ich bin ſo glück¬
lich Günderode wenn ich hier auf den Bergen ſtehe und
der Wind brauſt das er mich davon tragen will, —
dann muß ich lachen vor Muthwillen und denk ob

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[187/0201] Die Luft iſt der Genius des Lebens, ſein höheres Ich, ſo wie Waſſer und Erde ſeine Erzeuger ſind. — Die Luft iſt Vermittlerin zwiſchen dem göttlichen Liebesfeuer und dem jungen kindlichen Streben danach, küſſen die Strahlen zu heiß dann kühlt ſie mit ſanftem Wehen und erleichtert den verhaltnen Lebensathem; wie doppelt ſchlägt das Herz wenn ihr Strom raſcher eindringt! — — wie ganz giebt ſich ihr das Leben hin, wenn es von mächtigeren Regungen bewältigt wird. Ja ihr allein vertraut es ſich wenn es von ſich ſelber nicht mehr weiß, ſie umlebt das erſtorbene, bis Leben eindringt wieder, mächtiger und gewaltiger wie früher. So fühl ich deut¬ lich, wenn mein Geiſt erſtarrt war, es iſt Genuß zwiſchen mir und der Gottheit der mich weckt, die Luft, die mich nährt und erhält, ohne welche Geiſt erſtorben wär, nie der Seele könnt Nahrung bringen, von oben. — Ja alle Offenbarung iſt die Geiſtesluft die ihn durchathmet, ohne welche er nicht leben kann einen Augenblick, ſondern müßt erſticken, und ob er ſchläft oder wacht, ſo athmet er doch immer den Genius, die Luft. — Ich bin ſo glück¬ lich Günderode wenn ich hier auf den Bergen ſtehe und der Wind brauſt das er mich davon tragen will, — dann muß ich lachen vor Muthwillen und denk ob

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/201>, abgerufen am 23.11.2024.