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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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regt von der Natur berührt zu sein, sind als ob es eine
mich mitfühlende Gewalt berühre, und das wird wohl
der liebende Inhalt meiner Seele sein und nichts
andres.

Es wird Dichtung meiner Natur sein daß ich so
liebe; -- aufnehmend, hingebend, aber nicht aufge¬
nommen werdend. -- Drum! es ist die Liebe die dichtet
den Menschengeist und des Gedichtes Inhalt, ist Liebe
ohne Gegenliebe -- die höchste elektrische Kraft! -- Gei¬
stestrieb! -- -- der meinige! -- --

Vielleicht sind Naturen Gedichtkeime, sie sollen ohne
Fehl sich entwicklen und ist das ihr einziger Beruf. Ich
wollt ich sproßt aus einem großen Dichtergeist, der
allerhaben fühlt, und menschlich doch auch; -- keine
üppige schwärmende Aufregung, nein süße Naturkraft,
selbst bewußte -- gefühlige, -- die aus Innigkeit mich
erzeugte, -- aus beglückendem Reiz des Frühlingslichts!
Ja ich wollt ich wär kein schlecht Gedicht. Gedräng¬
ter quellet Zwillingsbeeren
, und reifet schnel¬
ler und glänzendvoller
! Euch brütet der Mut¬
ter Sonne Scheideblick, euch umsäuselt des hol¬
den Himmels fruchtende Fülle
; euch kühlet des
Mondes freundlicher Zauberhauch
, und euch be¬
thauen -- ach
! -- aus diesen Augen, -- der ewig

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regt von der Natur berührt zu ſein, ſind als ob es eine
mich mitfühlende Gewalt berühre, und das wird wohl
der liebende Inhalt meiner Seele ſein und nichts
andres.

Es wird Dichtung meiner Natur ſein daß ich ſo
liebe; — aufnehmend, hingebend, aber nicht aufge¬
nommen werdend. — Drum! es iſt die Liebe die dichtet
den Menſchengeiſt und des Gedichtes Inhalt, iſt Liebe
ohne Gegenliebe — die höchſte elektriſche Kraft! — Gei¬
ſtestrieb! — — der meinige! — —

Vielleicht ſind Naturen Gedichtkeime, ſie ſollen ohne
Fehl ſich entwicklen und iſt das ihr einziger Beruf. Ich
wollt ich ſproßt aus einem großen Dichtergeiſt, der
allerhaben fühlt, und menſchlich doch auch; — keine
üppige ſchwärmende Aufregung, nein ſüße Naturkraft,
ſelbſt bewußte — gefühlige, — die aus Innigkeit mich
erzeugte, — aus beglückendem Reiz des Frühlingslichts!
Ja ich wollt ich wär kein ſchlecht Gedicht. Gedräng¬
ter quellet Zwillingsbeeren
, und reifet ſchnel¬
ler und glänzendvoller
! Euch brütet der Mut¬
ter Sonne Scheideblick, euch umſäuſelt des hol¬
den Himmels fruchtende Fülle
; euch kühlet des
Mondes freundlicher Zauberhauch
, und euch be¬
thauen — ach
! — aus dieſen Augen, — der ewig

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[177/0191] regt von der Natur berührt zu ſein, ſind als ob es eine mich mitfühlende Gewalt berühre, und das wird wohl der liebende Inhalt meiner Seele ſein und nichts andres. Es wird Dichtung meiner Natur ſein daß ich ſo liebe; — aufnehmend, hingebend, aber nicht aufge¬ nommen werdend. — Drum! es iſt die Liebe die dichtet den Menſchengeiſt und des Gedichtes Inhalt, iſt Liebe ohne Gegenliebe — die höchſte elektriſche Kraft! — Gei¬ ſtestrieb! — — der meinige! — — Vielleicht ſind Naturen Gedichtkeime, ſie ſollen ohne Fehl ſich entwicklen und iſt das ihr einziger Beruf. Ich wollt ich ſproßt aus einem großen Dichtergeiſt, der allerhaben fühlt, und menſchlich doch auch; — keine üppige ſchwärmende Aufregung, nein ſüße Naturkraft, ſelbſt bewußte — gefühlige, — die aus Innigkeit mich erzeugte, — aus beglückendem Reiz des Frühlingslichts! Ja ich wollt ich wär kein ſchlecht Gedicht. Gedräng¬ ter quellet Zwillingsbeeren, und reifet ſchnel¬ ler und glänzendvoller! Euch brütet der Mut¬ ter Sonne Scheideblick, euch umſäuſelt des hol¬ den Himmels fruchtende Fülle; euch kühlet des Mondes freundlicher Zauberhauch, und euch be¬ thauen — ach! — aus dieſen Augen, — der ewig 8**

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/191>, abgerufen am 18.05.2024.