es war im Gegentheil ein ganz freier Augenblick wo alle störende oder zerstreuende Bilder erblaßt waren, wo ich mit hellen Sinnen mein Inneres vor Dir aufschloß. --
Warum ich Dich mahnte an den Clemens zu schreiben das will ich Dir hier offenbaren. Du sagst Du liebst den Clemens, der Idee nach kann ich ihm auch herzlich gut sein, allein sein wirkliches Leben scheint mir so entfernt von demjenigen das ich ihm dieser Idee nach zumuthe, daß es mir immer ein wahres Ägerniß ist, deswegen kann ich auch nie eine feste Ansicht über ihn haben, -- aber in Deiner Liebe zu ihm, fasse ich auch wieder Glauben zu ihm und habe eine Art Zutrauen zu einem inneren Kern in ihm der nur durch allerlei Unarten verborgen und zurückgehal¬ ten ist, wie wenn ein gesunder und reiner Born sich theilweise im Schlamm und Sand versickert; nun mein ich, Dein Schreiben an ihn, räumt diese trübenden und schmälernden Hindernisse wohl hinweg, da Du so grade an sein Herz gehest, wo ich vielleicht zu ungeschickt bin durchzufinden. Es ist nur der Wille mich selbst besser zu ihm zu stellen, und alles was sich immer durch seine Briefe aufs neue zwischen uns drängte, zu überwinden, warum ich wünsche daß Du ihn nicht versäumst; dann ist es auch mein Ge¬
II. 8
es war im Gegentheil ein ganz freier Augenblick wo alle ſtörende oder zerſtreuende Bilder erblaßt waren, wo ich mit hellen Sinnen mein Inneres vor Dir aufſchloß. —
Warum ich Dich mahnte an den Clemens zu ſchreiben das will ich Dir hier offenbaren. Du ſagſt Du liebſt den Clemens, der Idee nach kann ich ihm auch herzlich gut ſein, allein ſein wirkliches Leben ſcheint mir ſo entfernt von demjenigen das ich ihm dieſer Idee nach zumuthe, daß es mir immer ein wahres Ägerniß iſt, deswegen kann ich auch nie eine feſte Anſicht über ihn haben, — aber in Deiner Liebe zu ihm, faſſe ich auch wieder Glauben zu ihm und habe eine Art Zutrauen zu einem inneren Kern in ihm der nur durch allerlei Unarten verborgen und zurückgehal¬ ten iſt, wie wenn ein geſunder und reiner Born ſich theilweiſe im Schlamm und Sand verſickert; nun mein ich, Dein Schreiben an ihn, räumt dieſe trübenden und ſchmälernden Hinderniſſe wohl hinweg, da Du ſo grade an ſein Herz geheſt, wo ich vielleicht zu ungeſchickt bin durchzufinden. Es iſt nur der Wille mich ſelbſt beſſer zu ihm zu ſtellen, und alles was ſich immer durch ſeine Briefe aufs neue zwiſchen uns drängte, zu überwinden, warum ich wünſche daß Du ihn nicht verſäumſt; dann iſt es auch mein Ge¬
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es war im Gegentheil ein ganz freier Augenblick wo alle
ſtörende oder zerſtreuende Bilder erblaßt waren, wo ich
mit hellen Sinnen mein Inneres vor Dir aufſchloß. —
Warum ich Dich mahnte an den Clemens zu
ſchreiben das will ich Dir hier offenbaren. Du
ſagſt Du liebſt den Clemens, der Idee nach kann
ich ihm auch herzlich gut ſein, allein ſein wirkliches
Leben ſcheint mir ſo entfernt von demjenigen das ich
ihm dieſer Idee nach zumuthe, daß es mir immer ein
wahres Ägerniß iſt, deswegen kann ich auch nie eine
feſte Anſicht über ihn haben, — aber in Deiner Liebe
zu ihm, faſſe ich auch wieder Glauben zu ihm und habe
eine Art Zutrauen zu einem inneren Kern in ihm der
nur durch allerlei Unarten verborgen und zurückgehal¬
ten iſt, wie wenn ein geſunder und reiner Born ſich
theilweiſe im Schlamm und Sand verſickert; nun mein
ich, Dein Schreiben an ihn, räumt dieſe trübenden
und ſchmälernden Hinderniſſe wohl hinweg, da Du
ſo grade an ſein Herz geheſt, wo ich vielleicht zu
ungeſchickt bin durchzufinden. Es iſt nur der Wille
mich ſelbſt beſſer zu ihm zu ſtellen, und alles was
ſich immer durch ſeine Briefe aufs neue zwiſchen
uns drängte, zu überwinden, warum ich wünſche daß
Du ihn nicht verſäumſt; dann iſt es auch mein Ge¬
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/183>, abgerufen am 22.11.2024.
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