hält, ich fühle es liegt größere Freiheit darin mit dem Unterdrückten die Ketten tragen und schmälig vergehen als mit dem Unterdrücker sein Loos theilen. Was ist mir Talent das seine Bahn bezeichnet mit Friedensbruch mit Meuchelmord? -- ich würde selbst solche Bahn durchfliegen wollen? ja gewiß! -- ich möchte hoch bauen, daß keiner mir nahen könnt, er müßte denn fliegen, aber nicht wie ein Raubvogel der die Göt¬ tin Fortuna zerfleischt um sich satt an ihr zu fressen und sie dann als Aas liegen läßt; -- aber durch heiligen Friedensschluß, nicht durch Verrath an ihm; durch Schutz der Kindlichen, nicht durch ihren Mord; durch freie hei¬ lige unantastbare Posaunenstimme der Wahrheit, nicht daß ich ihr die Kehle zudrücke! -- Dein Scherz erzürnt mich, ich wollte mir Gelassenheit erschreiben, aber ich muß durchglühen. -- Der da! -- eine schwindelnde Ein¬ gebildheit, ohne Schaam ohne Gefühl? -- Den Gekrönte und Ungekrönte wie Frösche umhüpfen, der von allen Schwächen hin und her gezerrt, seine Abkunft verläug¬ net, sich um ein paar silberne Sterne im Wappen streitet, alle Franzosen wahnsinnig macht, der vergiftet, erdrosselt, erschießt, seiner Brüder Familienbande zerreißt, für den der Taumel des Volks sich erhält weil ihm alle Frechheiten glücklich ablaufen, und dann meinst Du "ich
hält, ich fühle es liegt größere Freiheit darin mit dem Unterdrückten die Ketten tragen und ſchmälig vergehen als mit dem Unterdrücker ſein Loos theilen. Was iſt mir Talent das ſeine Bahn bezeichnet mit Friedensbruch mit Meuchelmord? — ich würde ſelbſt ſolche Bahn durchfliegen wollen? ja gewiß! — ich möchte hoch bauen, daß keiner mir nahen könnt, er müßte denn fliegen, aber nicht wie ein Raubvogel der die Göt¬ tin Fortuna zerfleiſcht um ſich ſatt an ihr zu freſſen und ſie dann als Aas liegen läßt; — aber durch heiligen Friedensſchluß, nicht durch Verrath an ihm; durch Schutz der Kindlichen, nicht durch ihren Mord; durch freie hei¬ lige unantaſtbare Poſaunenſtimme der Wahrheit, nicht daß ich ihr die Kehle zudrücke! — Dein Scherz erzürnt mich, ich wollte mir Gelaſſenheit erſchreiben, aber ich muß durchglühen. — Der da! — eine ſchwindelnde Ein¬ gebildheit, ohne Schaam ohne Gefühl? — Den Gekrönte und Ungekrönte wie Fröſche umhüpfen, der von allen Schwächen hin und her gezerrt, ſeine Abkunft verläug¬ net, ſich um ein paar ſilberne Sterne im Wappen ſtreitet, alle Franzoſen wahnſinnig macht, der vergiftet, erdroſſelt, erſchießt, ſeiner Brüder Familienbande zerreißt, für den der Taumel des Volks ſich erhält weil ihm alle Frechheiten glücklich ablaufen, und dann meinſt Du „ich
<TEI><text><body><divn="1"><divtype="letter"><p><pbfacs="#f0133"n="119"/>
hält, ich fühle es liegt größere Freiheit darin mit dem<lb/>
Unterdrückten die Ketten tragen und ſchmälig vergehen<lb/>
als mit dem Unterdrücker ſein Loos theilen. Was iſt<lb/>
mir Talent das ſeine Bahn bezeichnet mit Friedensbruch<lb/>
mit Meuchelmord? — ich würde ſelbſt ſolche Bahn<lb/>
durchfliegen wollen? ja gewiß! — ich möchte hoch<lb/>
bauen, daß keiner mir nahen könnt, er müßte denn<lb/>
fliegen, aber nicht wie ein Raubvogel der die Göt¬<lb/>
tin Fortuna zerfleiſcht um ſich ſatt an ihr zu freſſen<lb/>
und ſie dann als Aas liegen läßt; — aber durch heiligen<lb/>
Friedensſchluß, nicht durch Verrath an ihm; durch Schutz<lb/>
der Kindlichen, nicht durch ihren Mord; durch freie hei¬<lb/>
lige unantaſtbare Poſaunenſtimme der Wahrheit, nicht<lb/>
daß ich ihr die Kehle zudrücke! — Dein Scherz erzürnt<lb/>
mich, ich wollte mir Gelaſſenheit erſchreiben, aber ich<lb/>
muß durchglühen. — Der da! — eine ſchwindelnde Ein¬<lb/>
gebildheit, ohne Schaam ohne Gefühl? — Den Gekrönte<lb/>
und Ungekrönte wie Fröſche umhüpfen, der von allen<lb/>
Schwächen hin und her gezerrt, ſeine Abkunft verläug¬<lb/>
net, ſich um ein paar ſilberne Sterne im Wappen<lb/>ſtreitet, alle Franzoſen wahnſinnig macht, der vergiftet,<lb/>
erdroſſelt, erſchießt, ſeiner Brüder Familienbande zerreißt,<lb/>
für den der Taumel des Volks ſich erhält weil ihm alle<lb/>
Frechheiten glücklich ablaufen, und dann meinſt Du „ich<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[119/0133]
hält, ich fühle es liegt größere Freiheit darin mit dem
Unterdrückten die Ketten tragen und ſchmälig vergehen
als mit dem Unterdrücker ſein Loos theilen. Was iſt
mir Talent das ſeine Bahn bezeichnet mit Friedensbruch
mit Meuchelmord? — ich würde ſelbſt ſolche Bahn
durchfliegen wollen? ja gewiß! — ich möchte hoch
bauen, daß keiner mir nahen könnt, er müßte denn
fliegen, aber nicht wie ein Raubvogel der die Göt¬
tin Fortuna zerfleiſcht um ſich ſatt an ihr zu freſſen
und ſie dann als Aas liegen läßt; — aber durch heiligen
Friedensſchluß, nicht durch Verrath an ihm; durch Schutz
der Kindlichen, nicht durch ihren Mord; durch freie hei¬
lige unantaſtbare Poſaunenſtimme der Wahrheit, nicht
daß ich ihr die Kehle zudrücke! — Dein Scherz erzürnt
mich, ich wollte mir Gelaſſenheit erſchreiben, aber ich
muß durchglühen. — Der da! — eine ſchwindelnde Ein¬
gebildheit, ohne Schaam ohne Gefühl? — Den Gekrönte
und Ungekrönte wie Fröſche umhüpfen, der von allen
Schwächen hin und her gezerrt, ſeine Abkunft verläug¬
net, ſich um ein paar ſilberne Sterne im Wappen
ſtreitet, alle Franzoſen wahnſinnig macht, der vergiftet,
erdroſſelt, erſchießt, ſeiner Brüder Familienbande zerreißt,
für den der Taumel des Volks ſich erhält weil ihm alle
Frechheiten glücklich ablaufen, und dann meinſt Du „ich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/133>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.