konnte auch aus Ehrfurcht ihm nichts sagen, er sah mich aber freundlich an und sagte: Ei wie! schon reife Maulbeeren; ich reichte ihm die Maulbeeren, er nahm auch welche davon, und den Strauß nahm er mir auch ab und steckte ihn in seinen Ärmel, denn ich war so überrascht, als ich ihn kommen sah, daß ich nicht wußte was ich that, und ihm beide Hände entgegenstreckte, ich wußte gar nicht, daß ich ihm den Strauß geboten hatte, und erst als er mir ihn mit einem Dank abnahm, merkte ichs. Nun ging er weg und ich blieb betäubt stehen, der Spitzhund aber begleitete ihn sehr höflich vor die Gartenthür, ich hörte ihn noch vor der Thür freundlich mit dem Hund sprechen: Geh nach Haus Lelaps sagte er. -- Ich war recht vergnügt, und mehr als all die Tage über auf der Terrasse, mit meinem Sonntagmorgen.
Wie ich nach Haus kam waren alle bei Leonhardi versammelt und tranken Chocolade; sie fragten wo ich geblieben war nach der Kirche, ich erzählte daß ich im Küstergärtchen gewesen und hätte den lieben Prediger gesehen. Da war aber schon die Kritik drüber her ge¬ wesen und hatte die Unmöglichkeiten von unchristlicher Gesinnung drin gefunden; der Mann ist berühmt und Leonhardis waren aus Neugierde auch drin gewesen
konnte auch aus Ehrfurcht ihm nichts ſagen, er ſah mich aber freundlich an und ſagte: Ei wie! ſchon reife Maulbeeren; ich reichte ihm die Maulbeeren, er nahm auch welche davon, und den Strauß nahm er mir auch ab und ſteckte ihn in ſeinen Ärmel, denn ich war ſo überraſcht, als ich ihn kommen ſah, daß ich nicht wußte was ich that, und ihm beide Hände entgegenſtreckte, ich wußte gar nicht, daß ich ihm den Strauß geboten hatte, und erſt als er mir ihn mit einem Dank abnahm, merkte ichs. Nun ging er weg und ich blieb betäubt ſtehen, der Spitzhund aber begleitete ihn ſehr höflich vor die Gartenthür, ich hörte ihn noch vor der Thür freundlich mit dem Hund ſprechen: Geh nach Haus Lelaps ſagte er. — Ich war recht vergnügt, und mehr als all die Tage über auf der Terraſſe, mit meinem Sonntagmorgen.
Wie ich nach Haus kam waren alle bei Leonhardi verſammelt und tranken Chocolade; ſie fragten wo ich geblieben war nach der Kirche, ich erzählte daß ich im Küſtergärtchen geweſen und hätte den lieben Prediger geſehen. Da war aber ſchon die Kritik drüber her ge¬ weſen und hatte die Unmöglichkeiten von unchriſtlicher Geſinnung drin gefunden; der Mann iſt berühmt und Leonhardis waren aus Neugierde auch drin geweſen
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konnte auch aus Ehrfurcht ihm nichts ſagen, er ſah
mich aber freundlich an und ſagte: Ei wie! ſchon reife
Maulbeeren; ich reichte ihm die Maulbeeren, er nahm
auch welche davon, und den Strauß nahm er mir auch
ab und ſteckte ihn in ſeinen Ärmel, denn ich war ſo
überraſcht, als ich ihn kommen ſah, daß ich nicht wußte
was ich that, und ihm beide Hände entgegenſtreckte, ich
wußte gar nicht, daß ich ihm den Strauß geboten hatte,
und erſt als er mir ihn mit einem Dank abnahm,
merkte ichs. Nun ging er weg und ich blieb betäubt
ſtehen, der Spitzhund aber begleitete ihn ſehr höflich
vor die Gartenthür, ich hörte ihn noch vor der Thür
freundlich mit dem Hund ſprechen: Geh nach Haus
Lelaps ſagte er. — Ich war recht vergnügt, und mehr
als all die Tage über auf der Terraſſe, mit meinem
Sonntagmorgen.
Wie ich nach Haus kam waren alle bei Leonhardi
verſammelt und tranken Chocolade; ſie fragten wo ich
geblieben war nach der Kirche, ich erzählte daß ich im
Küſtergärtchen geweſen und hätte den lieben Prediger
geſehen. Da war aber ſchon die Kritik drüber her ge¬
weſen und hatte die Unmöglichkeiten von unchriſtlicher
Geſinnung drin gefunden; der Mann iſt berühmt und
Leonhardis waren aus Neugierde auch drin geweſen
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/79>, abgerufen am 25.11.2024.
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