allein ist lebendige Zeit, aber uns selbst für abgeschlossen halten, und einer Zukunft entgegenschreiten, die nicht wir selbst sind, das scheint mir Unsinn und eben so wenig wahr, als wenn unsere Einsicht nicht Folge un¬ seres Begriffs wäre. Ich habe mich zusammengenommen, um deutlich zu sein, allein das ist das schwerste, man empfindet etwas unwidersprechlich und kanns dennoch nicht aussprechen. -- Deine Eifersucht um mich, die ich wahrhaftig erst für Laune hielt, später aber ihr Ge¬ rechtigkeit widerfahren ließ, obschon ich sie nicht billi¬ gen kann, leitete mich zu diesen Betrachtungen. Ich bin Dir nicht entgegen Bettine, daß Du mit Ernst und auch mit besonderem und vielleicht auch mit mehr Recht Theil an mir habest, wie alle die andern; denn da wir so unwillkührlich manchem lebendigen Begriff, nur ge¬ genseitiger Berührung zu danken haben, und ich mehr Dir, als Du mir, so sollte dies organische Ineinander¬ greifen, uns auch frei machen von jeder kleinlichen Ei¬ gensucht, und wir sollten wie die Jünglinge, während sie nach dem Ziel laufen, nicht uns Zeit gönnen, an was anders zu denken, als im schwebenden Lauf aus¬ zuharren. Und was habe ich auch am Ende von allen Andern? -- Du kannst Dir das selbst wohl beantwor¬
allein iſt lebendige Zeit, aber uns ſelbſt für abgeſchloſſen halten, und einer Zukunft entgegenſchreiten, die nicht wir ſelbſt ſind, das ſcheint mir Unſinn und eben ſo wenig wahr, als wenn unſere Einſicht nicht Folge un¬ ſeres Begriffs wäre. Ich habe mich zuſammengenommen, um deutlich zu ſein, allein das iſt das ſchwerſte, man empfindet etwas unwiderſprechlich und kanns dennoch nicht ausſprechen. — Deine Eiferſucht um mich, die ich wahrhaftig erſt für Laune hielt, ſpäter aber ihr Ge¬ rechtigkeit widerfahren ließ, obſchon ich ſie nicht billi¬ gen kann, leitete mich zu dieſen Betrachtungen. Ich bin Dir nicht entgegen Bettine, daß Du mit Ernſt und auch mit beſonderem und vielleicht auch mit mehr Recht Theil an mir habeſt, wie alle die andern; denn da wir ſo unwillkührlich manchem lebendigen Begriff, nur ge¬ genſeitiger Berührung zu danken haben, und ich mehr Dir, als Du mir, ſo ſollte dies organiſche Ineinander¬ greifen, uns auch frei machen von jeder kleinlichen Ei¬ genſucht, und wir ſollten wie die Jünglinge, während ſie nach dem Ziel laufen, nicht uns Zeit gönnen, an was anders zu denken, als im ſchwebenden Lauf aus¬ zuharren. Und was habe ich auch am Ende von allen Andern? — Du kannſt Dir das ſelbſt wohl beantwor¬
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allein iſt lebendige Zeit, aber uns ſelbſt für abgeſchloſſen
halten, und einer Zukunft entgegenſchreiten, die nicht
wir ſelbſt ſind, das ſcheint mir Unſinn und eben ſo
wenig wahr, als wenn unſere Einſicht nicht Folge un¬
ſeres Begriffs wäre. Ich habe mich zuſammengenommen,
um deutlich zu ſein, allein das iſt das ſchwerſte, man
empfindet etwas unwiderſprechlich und kanns dennoch
nicht ausſprechen. — Deine Eiferſucht um mich, die ich
wahrhaftig erſt für Laune hielt, ſpäter aber ihr Ge¬
rechtigkeit widerfahren ließ, obſchon ich ſie nicht billi¬
gen kann, leitete mich zu dieſen Betrachtungen. Ich
bin Dir nicht entgegen Bettine, daß Du mit Ernſt und
auch mit beſonderem und vielleicht auch mit mehr Recht
Theil an mir habeſt, wie alle die andern; denn da wir
ſo unwillkührlich manchem lebendigen Begriff, nur ge¬
genſeitiger Berührung zu danken haben, und ich mehr
Dir, als Du mir, ſo ſollte dies organiſche Ineinander¬
greifen, uns auch frei machen von jeder kleinlichen Ei¬
genſucht, und wir ſollten wie die Jünglinge, während
ſie nach dem Ziel laufen, nicht uns Zeit gönnen, an
was anders zu denken, als im ſchwebenden Lauf aus¬
zuharren. Und was habe ich auch am Ende von allen
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/63>, abgerufen am 24.11.2024.
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