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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

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Besitz ist nur insofern Glücksgüter zu nennen, als sie
uns gegeben sind damit wir sie verläugnen können um
der höheren Bedürfnisse der inneren Menschheit willen.
-- Dies Verläugnen, dies Dahingeben, daß es durch
jene Glücksgüter in die Hand gegeben ist, uns über sie
hinaus zu schwingen, das deucht mir göttliche Gabe,
ach! ach! die lassen wir aber fallen; wir lassen die
Begeisterung, die im Göttertrank des Glücks unsre
Sinne durchrauschen dürfte -- und fürchten uns davor,
und wenn wir schon lüstern wären, doch deucht es ge¬
fährlich wie ein Gott trunken den Becher in die Weite
hinzuschleudern wenn er ausgetrunken ist. -- Merks,
zu unserer schwebenden Religion gehört das auch daß
wir den Wein den Göttern trinken und trunken die
Neige mit sammt dem Becher in den Strom der Zeiten
schleudern. -- So ists, sonst weiß ich nichts was glück¬
lich wär zu preisen als nur Thatenfroh immer Neues
schaffen, und nimmer mit Argusaugen Altes bewachen.
-- Außerdem wüßt ich nichts was mich anfechte, was
ich möcht sein oder haben als nur mit meinem Geist
durchdringen. -- Von mir soll niemand hören ich sei
unglücklich, mags gehen wies will, und was mir begeg¬
net im Lebensweg das nehm ich auf mich als seis von
Gott mir auferlegt. Merks wieder, das gehört auch

Beſitz iſt nur inſofern Glücksgüter zu nennen, als ſie
uns gegeben ſind damit wir ſie verläugnen können um
der höheren Bedürfniſſe der inneren Menſchheit willen.
— Dies Verläugnen, dies Dahingeben, daß es durch
jene Glücksgüter in die Hand gegeben iſt, uns über ſie
hinaus zu ſchwingen, das deucht mir göttliche Gabe,
ach! ach! die laſſen wir aber fallen; wir laſſen die
Begeiſterung, die im Göttertrank des Glücks unſre
Sinne durchrauſchen dürfte — und fürchten uns davor,
und wenn wir ſchon lüſtern wären, doch deucht es ge¬
fährlich wie ein Gott trunken den Becher in die Weite
hinzuſchleudern wenn er ausgetrunken iſt. — Merks,
zu unſerer ſchwebenden Religion gehört das auch daß
wir den Wein den Göttern trinken und trunken die
Neige mit ſammt dem Becher in den Strom der Zeiten
ſchleudern. — So iſts, ſonſt weiß ich nichts was glück¬
lich wär zu preiſen als nur Thatenfroh immer Neues
ſchaffen, und nimmer mit Argusaugen Altes bewachen.
— Außerdem wüßt ich nichts was mich anfechte, was
ich möcht ſein oder haben als nur mit meinem Geiſt
durchdringen. — Von mir ſoll niemand hören ich ſei
unglücklich, mags gehen wies will, und was mir begeg¬
net im Lebensweg das nehm ich auf mich als ſeis von
Gott mir auferlegt. Merks wieder, das gehört auch

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[283/0299] Beſitz iſt nur inſofern Glücksgüter zu nennen, als ſie uns gegeben ſind damit wir ſie verläugnen können um der höheren Bedürfniſſe der inneren Menſchheit willen. — Dies Verläugnen, dies Dahingeben, daß es durch jene Glücksgüter in die Hand gegeben iſt, uns über ſie hinaus zu ſchwingen, das deucht mir göttliche Gabe, ach! ach! die laſſen wir aber fallen; wir laſſen die Begeiſterung, die im Göttertrank des Glücks unſre Sinne durchrauſchen dürfte — und fürchten uns davor, und wenn wir ſchon lüſtern wären, doch deucht es ge¬ fährlich wie ein Gott trunken den Becher in die Weite hinzuſchleudern wenn er ausgetrunken iſt. — Merks, zu unſerer ſchwebenden Religion gehört das auch daß wir den Wein den Göttern trinken und trunken die Neige mit ſammt dem Becher in den Strom der Zeiten ſchleudern. — So iſts, ſonſt weiß ich nichts was glück¬ lich wär zu preiſen als nur Thatenfroh immer Neues ſchaffen, und nimmer mit Argusaugen Altes bewachen. — Außerdem wüßt ich nichts was mich anfechte, was ich möcht ſein oder haben als nur mit meinem Geiſt durchdringen. — Von mir ſoll niemand hören ich ſei unglücklich, mags gehen wies will, und was mir begeg¬ net im Lebensweg das nehm ich auf mich als ſeis von Gott mir auferlegt. Merks wieder, das gehört auch

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/299>, abgerufen am 22.11.2024.