Besitz ist nur insofern Glücksgüter zu nennen, als sie uns gegeben sind damit wir sie verläugnen können um der höheren Bedürfnisse der inneren Menschheit willen. -- Dies Verläugnen, dies Dahingeben, daß es durch jene Glücksgüter in die Hand gegeben ist, uns über sie hinaus zu schwingen, das deucht mir göttliche Gabe, ach! ach! die lassen wir aber fallen; wir lassen die Begeisterung, die im Göttertrank des Glücks unsre Sinne durchrauschen dürfte -- und fürchten uns davor, und wenn wir schon lüstern wären, doch deucht es ge¬ fährlich wie ein Gott trunken den Becher in die Weite hinzuschleudern wenn er ausgetrunken ist. -- Merks, zu unserer schwebenden Religion gehört das auch daß wir den Wein den Göttern trinken und trunken die Neige mit sammt dem Becher in den Strom der Zeiten schleudern. -- So ists, sonst weiß ich nichts was glück¬ lich wär zu preisen als nur Thatenfroh immer Neues schaffen, und nimmer mit Argusaugen Altes bewachen. -- Außerdem wüßt ich nichts was mich anfechte, was ich möcht sein oder haben als nur mit meinem Geist durchdringen. -- Von mir soll niemand hören ich sei unglücklich, mags gehen wies will, und was mir begeg¬ net im Lebensweg das nehm ich auf mich als seis von Gott mir auferlegt. Merks wieder, das gehört auch
Beſitz iſt nur inſofern Glücksgüter zu nennen, als ſie uns gegeben ſind damit wir ſie verläugnen können um der höheren Bedürfniſſe der inneren Menſchheit willen. — Dies Verläugnen, dies Dahingeben, daß es durch jene Glücksgüter in die Hand gegeben iſt, uns über ſie hinaus zu ſchwingen, das deucht mir göttliche Gabe, ach! ach! die laſſen wir aber fallen; wir laſſen die Begeiſterung, die im Göttertrank des Glücks unſre Sinne durchrauſchen dürfte — und fürchten uns davor, und wenn wir ſchon lüſtern wären, doch deucht es ge¬ fährlich wie ein Gott trunken den Becher in die Weite hinzuſchleudern wenn er ausgetrunken iſt. — Merks, zu unſerer ſchwebenden Religion gehört das auch daß wir den Wein den Göttern trinken und trunken die Neige mit ſammt dem Becher in den Strom der Zeiten ſchleudern. — So iſts, ſonſt weiß ich nichts was glück¬ lich wär zu preiſen als nur Thatenfroh immer Neues ſchaffen, und nimmer mit Argusaugen Altes bewachen. — Außerdem wüßt ich nichts was mich anfechte, was ich möcht ſein oder haben als nur mit meinem Geiſt durchdringen. — Von mir ſoll niemand hören ich ſei unglücklich, mags gehen wies will, und was mir begeg¬ net im Lebensweg das nehm ich auf mich als ſeis von Gott mir auferlegt. Merks wieder, das gehört auch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0299"n="283"/>
Beſitz iſt nur inſofern Glücksgüter zu nennen, als ſie<lb/>
uns gegeben ſind damit wir ſie verläugnen können um<lb/>
der höheren Bedürfniſſe der inneren Menſchheit willen.<lb/>— Dies Verläugnen, dies Dahingeben, daß es durch<lb/>
jene Glücksgüter in die Hand gegeben iſt, uns über ſie<lb/>
hinaus zu ſchwingen, das deucht mir göttliche Gabe,<lb/><hirendition="#g">ach</hi>! <hirendition="#g">ach</hi>! die laſſen wir aber fallen; wir laſſen die<lb/>
Begeiſterung, die im Göttertrank des Glücks unſre<lb/>
Sinne durchrauſchen dürfte — und fürchten uns davor,<lb/>
und wenn wir ſchon lüſtern wären, doch deucht es ge¬<lb/>
fährlich wie ein Gott trunken den Becher in die Weite<lb/>
hinzuſchleudern wenn er ausgetrunken iſt. — Merks,<lb/>
zu unſerer ſchwebenden Religion gehört das auch daß<lb/>
wir den Wein den Göttern trinken und trunken die<lb/>
Neige mit ſammt dem Becher in den Strom der Zeiten<lb/>ſchleudern. — So iſts, ſonſt weiß ich nichts was glück¬<lb/>
lich wär zu preiſen als nur Thatenfroh immer Neues<lb/>ſchaffen, und nimmer mit Argusaugen Altes bewachen.<lb/>— Außerdem wüßt ich nichts was mich anfechte, was<lb/>
ich möcht ſein oder haben als nur mit meinem Geiſt<lb/>
durchdringen. — Von mir ſoll niemand hören ich ſei<lb/>
unglücklich, mags gehen wies will, und was mir begeg¬<lb/>
net im Lebensweg das nehm ich auf mich als ſeis von<lb/>
Gott mir auferlegt. Merks wieder, das gehört auch<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[283/0299]
Beſitz iſt nur inſofern Glücksgüter zu nennen, als ſie
uns gegeben ſind damit wir ſie verläugnen können um
der höheren Bedürfniſſe der inneren Menſchheit willen.
— Dies Verläugnen, dies Dahingeben, daß es durch
jene Glücksgüter in die Hand gegeben iſt, uns über ſie
hinaus zu ſchwingen, das deucht mir göttliche Gabe,
ach! ach! die laſſen wir aber fallen; wir laſſen die
Begeiſterung, die im Göttertrank des Glücks unſre
Sinne durchrauſchen dürfte — und fürchten uns davor,
und wenn wir ſchon lüſtern wären, doch deucht es ge¬
fährlich wie ein Gott trunken den Becher in die Weite
hinzuſchleudern wenn er ausgetrunken iſt. — Merks,
zu unſerer ſchwebenden Religion gehört das auch daß
wir den Wein den Göttern trinken und trunken die
Neige mit ſammt dem Becher in den Strom der Zeiten
ſchleudern. — So iſts, ſonſt weiß ich nichts was glück¬
lich wär zu preiſen als nur Thatenfroh immer Neues
ſchaffen, und nimmer mit Argusaugen Altes bewachen.
— Außerdem wüßt ich nichts was mich anfechte, was
ich möcht ſein oder haben als nur mit meinem Geiſt
durchdringen. — Von mir ſoll niemand hören ich ſei
unglücklich, mags gehen wies will, und was mir begeg¬
net im Lebensweg das nehm ich auf mich als ſeis von
Gott mir auferlegt. Merks wieder, das gehört auch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/299>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.