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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

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An die Günderode.

Der Jud kommt heut um fünf Uhr und sagt er
hatt den Brief heut Morgen im Stift abgegeben und
hat nichts von Dir gehört, der ungeheure Esel mußte
heute wie ein Windspiel herumlaufen, er hätt müssen
Paradiesäpfel zum Lauberhüttenfest einkaufen, da hätt
er nicht warten können, der Kerl sah so närrisch aus,
aus seinem Sack guckten lange Palmzweige über seinen
Kopf, mit der einen Hand hielt er seinen langen Bart
fest, mit der andern stellt er seinen langen Stab weit
von sich und schwört immer bei seinem Bart, und keuchte
unter der Last; ich ließ ihn eine Weile stehen, so gut
gefiels mir ihn anzusehen, ein Bild, wers verstünd zu
malen. Diesmal haben also meine Religionsdepeschen
wegen der Lauberhüttenangelegenheit nicht können be¬
fördert werden; -- wenn Du nur gesund bist, wie¬
der. -- Heut Abend mußt ich mit der Großmama
spazieren gehen, am Kanal im Mondschein. Sie er¬
zählte mir aus ihrer Jugendzeit, wie sie noch mit dem
Großpapa in Warthausen beim alten Stadion wohnte,
und wie der den Großpapa weit lieber gehabt als die
andern Söhne, und wie der ihn erzogen hat, gar wun¬

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An die Günderode.

Der Jud kommt heut um fünf Uhr und ſagt er
hatt den Brief heut Morgen im Stift abgegeben und
hat nichts von Dir gehört, der ungeheure Eſel mußte
heute wie ein Windſpiel herumlaufen, er hätt müſſen
Paradiesäpfel zum Lauberhüttenfeſt einkaufen, da hätt
er nicht warten können, der Kerl ſah ſo närriſch aus,
aus ſeinem Sack guckten lange Palmzweige über ſeinen
Kopf, mit der einen Hand hielt er ſeinen langen Bart
feſt, mit der andern ſtellt er ſeinen langen Stab weit
von ſich und ſchwört immer bei ſeinem Bart, und keuchte
unter der Laſt; ich ließ ihn eine Weile ſtehen, ſo gut
gefiels mir ihn anzuſehen, ein Bild, wers verſtünd zu
malen. Diesmal haben alſo meine Religionsdepeſchen
wegen der Lauberhüttenangelegenheit nicht können be¬
fördert werden; — wenn Du nur geſund biſt, wie¬
der. — Heut Abend mußt ich mit der Großmama
ſpazieren gehen, am Kanal im Mondſchein. Sie er¬
zählte mir aus ihrer Jugendzeit, wie ſie noch mit dem
Großpapa in Warthauſen beim alten Stadion wohnte,
und wie der den Großpapa weit lieber gehabt als die
andern Söhne, und wie der ihn erzogen hat, gar wun¬

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[273/0289] An die Günderode. Der Jud kommt heut um fünf Uhr und ſagt er hatt den Brief heut Morgen im Stift abgegeben und hat nichts von Dir gehört, der ungeheure Eſel mußte heute wie ein Windſpiel herumlaufen, er hätt müſſen Paradiesäpfel zum Lauberhüttenfeſt einkaufen, da hätt er nicht warten können, der Kerl ſah ſo närriſch aus, aus ſeinem Sack guckten lange Palmzweige über ſeinen Kopf, mit der einen Hand hielt er ſeinen langen Bart feſt, mit der andern ſtellt er ſeinen langen Stab weit von ſich und ſchwört immer bei ſeinem Bart, und keuchte unter der Laſt; ich ließ ihn eine Weile ſtehen, ſo gut gefiels mir ihn anzuſehen, ein Bild, wers verſtünd zu malen. Diesmal haben alſo meine Religionsdepeſchen wegen der Lauberhüttenangelegenheit nicht können be¬ fördert werden; — wenn Du nur geſund biſt, wie¬ der. — Heut Abend mußt ich mit der Großmama ſpazieren gehen, am Kanal im Mondſchein. Sie er¬ zählte mir aus ihrer Jugendzeit, wie ſie noch mit dem Großpapa in Warthauſen beim alten Stadion wohnte, und wie der den Großpapa weit lieber gehabt als die andern Söhne, und wie der ihn erzogen hat, gar wun¬ 12**

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/289>, abgerufen am 27.11.2024.