Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
An Clemens.
Die Hirten lagen auf der Erde
Und schlummerten um Mitternacht,
Da kam mit freundlicher Geberde
Ein Engel in der Himmelspracht.
Mit Sonnenglanz war er umgeben.
Und zu den Hirten neigt er sich,
Er sprach geboren ist das Leben,
Euch offenbart der Himmel sich. --
Auch ich lag träumend auf der Erde,
Ihr dunkler Geist war schwer auf mir,
Da trat mit freundlicher Geberde
Die heil'ge Poesie zu mir,
In ihrem Glanz warst Du verkläret,
Vertrauet mit der Geisterwelt,
Den Becher hattest Du geleeret.
Der Dich zu ihrem Chor gesellt.
Dein Lied war eine Strahlenkrone,
Die sich um Deine Stirne wand,
Die Töne eine Lebenssonne
Erleuchtend der Verheißung Land.
Der Liebe Reich hab ich gesehen
In Deiner Dichtung Abendroth;
Wie Moses auf des Berges Höhen,
Als ihm der Herr zu schaun gebot;
Er sah das Ziel der Erdenwallen
Und mochte fürder nichts mehr sehn.
Wohin, wohin soll ich noch wallen,
Da ich das Heilige gesehn? --
An Clemens.
Die Hirten lagen auf der Erde
Und ſchlummerten um Mitternacht,
Da kam mit freundlicher Geberde
Ein Engel in der Himmelspracht.
Mit Sonnenglanz war er umgeben.
Und zu den Hirten neigt er ſich,
Er ſprach geboren iſt das Leben,
Euch offenbart der Himmel ſich. —
Auch ich lag träumend auf der Erde,
Ihr dunkler Geiſt war ſchwer auf mir,
Da trat mit freundlicher Geberde
Die heil’ge Poeſie zu mir,
In ihrem Glanz warſt Du verkläret,
Vertrauet mit der Geiſterwelt,
Den Becher hatteſt Du geleeret.
Der Dich zu ihrem Chor geſellt.
Dein Lied war eine Strahlenkrone,
Die ſich um Deine Stirne wand,
Die Töne eine Lebensſonne
Erleuchtend der Verheißung Land.
Der Liebe Reich hab ich geſehen
In Deiner Dichtung Abendroth;
Wie Moſes auf des Berges Höhen,
Als ihm der Herr zu ſchaun gebot;
Er ſah das Ziel der Erdenwallen
Und mochte fürder nichts mehr ſehn.
Wohin, wohin ſoll ich noch wallen,
Da ich das Heilige geſehn? —
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0258" n="242"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head>An Clemens.<lb/></head>
          <lg type="poem">
            <l>Die Hirten lagen auf der Erde</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;chlummerten um Mitternacht,</l><lb/>
            <l>Da kam mit freundlicher Geberde</l><lb/>
            <l>Ein Engel in der Himmelspracht.</l><lb/>
            <l>Mit Sonnenglanz war er umgeben.</l><lb/>
            <l>Und zu den Hirten neigt er &#x017F;ich,</l><lb/>
            <l>Er &#x017F;prach geboren i&#x017F;t das Leben,</l><lb/>
            <l>Euch offenbart der Himmel &#x017F;ich. &#x2014;</l><lb/>
            <l>Auch ich lag träumend auf der Erde,</l><lb/>
            <l>Ihr dunkler Gei&#x017F;t war &#x017F;chwer auf mir,</l><lb/>
            <l>Da trat mit freundlicher Geberde</l><lb/>
            <l>Die heil&#x2019;ge Poe&#x017F;ie zu mir,</l><lb/>
            <l>In ihrem Glanz war&#x017F;t Du verkläret,</l><lb/>
            <l>Vertrauet mit der Gei&#x017F;terwelt,</l><lb/>
            <l>Den Becher hatte&#x017F;t Du geleeret.</l><lb/>
            <l>Der Dich zu ihrem Chor ge&#x017F;ellt.</l><lb/>
            <l>Dein Lied war eine Strahlenkrone,</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;ich um Deine Stirne wand,</l><lb/>
            <l>Die Töne eine Lebens&#x017F;onne</l><lb/>
            <l>Erleuchtend der Verheißung Land.</l><lb/>
            <l>Der Liebe Reich hab ich ge&#x017F;ehen</l><lb/>
            <l>In Deiner Dichtung Abendroth;</l><lb/>
            <l>Wie Mo&#x017F;es auf des Berges Höhen,</l><lb/>
            <l>Als ihm der Herr zu &#x017F;chaun gebot;</l><lb/>
            <l>Er &#x017F;ah das Ziel der Erdenwallen</l><lb/>
            <l>Und mochte fürder nichts mehr &#x017F;ehn.</l><lb/>
            <l>Wohin, wohin &#x017F;oll ich noch wallen,</l><lb/>
            <l>Da ich das Heilige ge&#x017F;ehn? &#x2014;</l><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[242/0258] An Clemens. Die Hirten lagen auf der Erde Und ſchlummerten um Mitternacht, Da kam mit freundlicher Geberde Ein Engel in der Himmelspracht. Mit Sonnenglanz war er umgeben. Und zu den Hirten neigt er ſich, Er ſprach geboren iſt das Leben, Euch offenbart der Himmel ſich. — Auch ich lag träumend auf der Erde, Ihr dunkler Geiſt war ſchwer auf mir, Da trat mit freundlicher Geberde Die heil’ge Poeſie zu mir, In ihrem Glanz warſt Du verkläret, Vertrauet mit der Geiſterwelt, Den Becher hatteſt Du geleeret. Der Dich zu ihrem Chor geſellt. Dein Lied war eine Strahlenkrone, Die ſich um Deine Stirne wand, Die Töne eine Lebensſonne Erleuchtend der Verheißung Land. Der Liebe Reich hab ich geſehen In Deiner Dichtung Abendroth; Wie Moſes auf des Berges Höhen, Als ihm der Herr zu ſchaun gebot; Er ſah das Ziel der Erdenwallen Und mochte fürder nichts mehr ſehn. Wohin, wohin ſoll ich noch wallen, Da ich das Heilige geſehn? —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/258
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/258>, abgerufen am 24.11.2024.