denn immer noch, als lief ich am Waldrand hin? -- ja in der Nacht wars so klar in meinem Sinn, daß ich laut lachte, und nun schweifts von Berg zu Thal und betastet die Erinnerung. -- Und all mein Denken sol¬ cher Nachhall wie wär ich in eine Kluft gefallen. Wir waren am Nachmittag zum weiten Spaziergang fort¬ gewandert und wußten wohl nicht genau die Zeit, die später war als wir glaubten, und weil überall der Pfad an etwas Neugierigem sich hinzog, bald ein brausend Bächlein zwischen Klippen, bald sonnenhelles Grün und Hügel und Gemäuer und dann ein Wald mit mächti¬ gen Kronen, da kamen noch Schaaren von Vögel über uns hingezogen, denen wir nachsahen, da wars bald gar aus, wir wußten nicht wo wir hergekommen waren und wo wir hinwollten, gern wären wir wieder umge¬ wendet, wenn wir nur ahnen konnten wo der Heimweg war. Wir machten einander Muth durch den Wald auf einem breitern Weg, der quer lief, fortzuwandern; weil frische Spuren da waren, so mußte er dort zu Men¬ schen führen, noch hielten wir den Wind, die allmälig sinkende Helle für vorüberziehende Wolken, aber es war der Abendwind, der das Laub vor uns her wehte, wir sagten es einander nicht, aber merkten es bald, schrit¬ ten immer fort und sahen bald zwischen den hohen
denn immer noch, als lief ich am Waldrand hin? — ja in der Nacht wars ſo klar in meinem Sinn, daß ich laut lachte, und nun ſchweifts von Berg zu Thal und betaſtet die Erinnerung. — Und all mein Denken ſol¬ cher Nachhall wie wär ich in eine Kluft gefallen. Wir waren am Nachmittag zum weiten Spaziergang fort¬ gewandert und wußten wohl nicht genau die Zeit, die ſpäter war als wir glaubten, und weil überall der Pfad an etwas Neugierigem ſich hinzog, bald ein brauſend Bächlein zwiſchen Klippen, bald ſonnenhelles Grün und Hügel und Gemäuer und dann ein Wald mit mächti¬ gen Kronen, da kamen noch Schaaren von Vögel über uns hingezogen, denen wir nachſahen, da wars bald gar aus, wir wußten nicht wo wir hergekommen waren und wo wir hinwollten, gern wären wir wieder umge¬ wendet, wenn wir nur ahnen konnten wo der Heimweg war. Wir machten einander Muth durch den Wald auf einem breitern Weg, der quer lief, fortzuwandern; weil friſche Spuren da waren, ſo mußte er dort zu Men¬ ſchen führen, noch hielten wir den Wind, die allmälig ſinkende Helle für vorüberziehende Wolken, aber es war der Abendwind, der das Laub vor uns her wehte, wir ſagten es einander nicht, aber merkten es bald, ſchrit¬ ten immer fort und ſahen bald zwiſchen den hohen
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denn immer noch, als lief ich am Waldrand hin? —
ja in der Nacht wars ſo klar in meinem Sinn, daß ich
laut lachte, und nun ſchweifts von Berg zu Thal und
betaſtet die Erinnerung. — Und all mein Denken ſol¬
cher Nachhall wie wär ich in eine Kluft gefallen. Wir
waren am Nachmittag zum weiten Spaziergang fort¬
gewandert und wußten wohl nicht genau die Zeit, die
ſpäter war als wir glaubten, und weil überall der Pfad
an etwas Neugierigem ſich hinzog, bald ein brauſend
Bächlein zwiſchen Klippen, bald ſonnenhelles Grün und
Hügel und Gemäuer und dann ein Wald mit mächti¬
gen Kronen, da kamen noch Schaaren von Vögel über
uns hingezogen, denen wir nachſahen, da wars bald
gar aus, wir wußten nicht wo wir hergekommen waren
und wo wir hinwollten, gern wären wir wieder umge¬
wendet, wenn wir nur ahnen konnten wo der Heimweg
war. Wir machten einander Muth durch den Wald
auf einem breitern Weg, der quer lief, fortzuwandern;
weil friſche Spuren da waren, ſo mußte er dort zu Men¬
ſchen führen, noch hielten wir den Wind, die allmälig
ſinkende Helle für vorüberziehende Wolken, aber es war
der Abendwind, der das Laub vor uns her wehte, wir
ſagten es einander nicht, aber merkten es bald, ſchrit¬
ten immer fort und ſahen bald zwiſchen den hohen
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/168>, abgerufen am 27.11.2024.
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