weiß und weiß nicht. -- Im Thau baden, in den Mond schauen bei nächtlicher Weile ist schöner als sich wenden und den Schatten messen, den man in die beleuchtete Ebne wirft; ja ich war auch traurig wie ich gestern schrieb, und aus der Traurigkeit steigt mir immer solcher Qualm von Hyperklugheit auf, Philistergeist! -- Ich schäme mich -- es ist eine schlechte Sonate, deren Thema man bald auswendig kann und die einem abgeleiert vorkommt, wenn man sie wiederholen wollt, das kommt vom Einsamsein her, da meint man, man müsse was bessers vorstellen, wenn man mit sich selber spricht. Ich merkt es als beim Schreiben das selbstgefällige Geschwätz, was sich so schön fügte, mich verführte, und nun auf einmal bin ichs satt. Wie anmuthig und scherzend hast Du alles ausgesprochen und mit Deinem Zauberstab Dir spielend einen Kreis gemacht, mit mir drin zu scherzen, und ich hab mit Dornen und Nessel und Disteln um mich gepeitscht; ach ich fühl einen Widerwillen gegen meine Schreiberei von gestern. -- Hätt ich Dir nicht bes¬ ser den wunderlichen Abend beschrieben, Die seltsame Nacht, die ich mit der Tonie erlebt habe. -- So eine Wundernacht vergeht nicht, sie besteht ewig mit ihren leisen Schattenbildern, mit ihren Lichtdämmerungen und eiligen Luftzügen und wie sie den Schlummer Woge
weiß und weiß nicht. — Im Thau baden, in den Mond ſchauen bei nächtlicher Weile iſt ſchöner als ſich wenden und den Schatten meſſen, den man in die beleuchtete Ebne wirft; ja ich war auch traurig wie ich geſtern ſchrieb, und aus der Traurigkeit ſteigt mir immer ſolcher Qualm von Hyperklugheit auf, Philiſtergeiſt! — Ich ſchäme mich — es iſt eine ſchlechte Sonate, deren Thema man bald auswendig kann und die einem abgeleiert vorkommt, wenn man ſie wiederholen wollt, das kommt vom Einſamſein her, da meint man, man müſſe was beſſers vorſtellen, wenn man mit ſich ſelber ſpricht. Ich merkt es als beim Schreiben das ſelbſtgefällige Geſchwätz, was ſich ſo ſchön fügte, mich verführte, und nun auf einmal bin ichs ſatt. Wie anmuthig und ſcherzend haſt Du alles ausgeſprochen und mit Deinem Zauberſtab Dir ſpielend einen Kreis gemacht, mit mir drin zu ſcherzen, und ich hab mit Dornen und Neſſel und Diſteln um mich gepeitſcht; ach ich fühl einen Widerwillen gegen meine Schreiberei von geſtern. — Hätt ich Dir nicht beſ¬ ſer den wunderlichen Abend beſchrieben, Die ſeltſame Nacht, die ich mit der Tonie erlebt habe. — So eine Wundernacht vergeht nicht, ſie beſteht ewig mit ihren leiſen Schattenbildern, mit ihren Lichtdämmerungen und eiligen Luftzügen und wie ſie den Schlummer Woge
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weiß und weiß nicht. — Im Thau baden, in den Mond
ſchauen bei nächtlicher Weile iſt ſchöner als ſich wenden
und den Schatten meſſen, den man in die beleuchtete
Ebne wirft; ja ich war auch traurig wie ich geſtern
ſchrieb, und aus der Traurigkeit ſteigt mir immer ſolcher
Qualm von Hyperklugheit auf, Philiſtergeiſt! — Ich
ſchäme mich — es iſt eine ſchlechte Sonate, deren Thema
man bald auswendig kann und die einem abgeleiert
vorkommt, wenn man ſie wiederholen wollt, das kommt
vom Einſamſein her, da meint man, man müſſe was
beſſers vorſtellen, wenn man mit ſich ſelber ſpricht. Ich
merkt es als beim Schreiben das ſelbſtgefällige Geſchwätz,
was ſich ſo ſchön fügte, mich verführte, und nun auf
einmal bin ichs ſatt. Wie anmuthig und ſcherzend haſt
Du alles ausgeſprochen und mit Deinem Zauberſtab Dir
ſpielend einen Kreis gemacht, mit mir drin zu ſcherzen,
und ich hab mit Dornen und Neſſel und Diſteln um
mich gepeitſcht; ach ich fühl einen Widerwillen gegen
meine Schreiberei von geſtern. — Hätt ich Dir nicht beſ¬
ſer den wunderlichen Abend beſchrieben, Die ſeltſame
Nacht, die ich mit der Tonie erlebt habe. — So eine
Wundernacht vergeht nicht, ſie beſteht ewig mit ihren
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/166>, abgerufen am 27.11.2024.
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