Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

laß ich ungesagt, weil ichs nicht edel genug auszuspre¬
chen vermag, durch Musik hab ichs herausgefühlt daß
aller Geist im Menschen liegt, daß er aber nicht die
Melodie dazu findet ihn auszusprechen. Denn jeder
Gedanke hat eine Verklärung, das ist Musik, die muß
Sprache sein, alle Sprache muß Musik sein, die erst
ist der Geist, nicht der Inhalt, der wird nur Liebesge¬
spräch durch die Musik der Sprache. -- Geist ist grö¬
ßer wie der Mensch, immer will der an ihm hinaufra¬
gen, spricht er ihn aus, so hat er selber sich in den
Geist übersetzt, Geist ist Musik, so muß auch die Sprache
durch die er uns in sich aufnimmt Musik sein. Wie
könnten wir ihn begreifen mit den Sinnen zugleich, in
unwürdiger Gestalt! -- Nein! -- Geist ist verinnigt
mit Schönheit, er ist nur dann Geist wenn er Schön¬
heit ist. -- Durch den Dichter spricht er sich aus, denn
der hats Gefühl daß Geist nur Schönheit ist. Alle
schöne Handlung, alles Große ist ein Gedicht des Gei¬
stes. -- Ach ich streck die Händ zum Himmel und möcht
was anders als was die Menschen thun. Denn ich
fühl wohl mein Nichtsthun ist Sünde. -- Aber was
soll ich thun was mich weckt. -- Die Kunst meint der
Clemens! -- so ists blos weil er mich innerlich nicht

laß ich ungeſagt, weil ichs nicht edel genug auszuſpre¬
chen vermag, durch Muſik hab ichs herausgefühlt daß
aller Geiſt im Menſchen liegt, daß er aber nicht die
Melodie dazu findet ihn auszuſprechen. Denn jeder
Gedanke hat eine Verklärung, das iſt Muſik, die muß
Sprache ſein, alle Sprache muß Muſik ſein, die erſt
iſt der Geiſt, nicht der Inhalt, der wird nur Liebesge¬
ſpräch durch die Muſik der Sprache. — Geiſt iſt grö¬
ßer wie der Menſch, immer will der an ihm hinaufra¬
gen, ſpricht er ihn aus, ſo hat er ſelber ſich in den
Geiſt überſetzt, Geiſt iſt Muſik, ſo muß auch die Sprache
durch die er uns in ſich aufnimmt Muſik ſein. Wie
könnten wir ihn begreifen mit den Sinnen zugleich, in
unwürdiger Geſtalt! — Nein! — Geiſt iſt verinnigt
mit Schönheit, er iſt nur dann Geiſt wenn er Schön¬
heit iſt. — Durch den Dichter ſpricht er ſich aus, denn
der hats Gefühl daß Geiſt nur Schönheit iſt. Alle
ſchöne Handlung, alles Große iſt ein Gedicht des Gei¬
ſtes. — Ach ich ſtreck die Händ zum Himmel und möcht
was anders als was die Menſchen thun. Denn ich
fühl wohl mein Nichtsthun iſt Sünde. — Aber was
ſoll ich thun was mich weckt. — Die Kunſt meint der
Clemens! — ſo iſts blos weil er mich innerlich nicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0380" n="364"/>
laß ich unge&#x017F;agt, weil ichs nicht edel genug auszu&#x017F;pre¬<lb/>
chen vermag, durch Mu&#x017F;ik hab ichs herausgefühlt daß<lb/>
aller Gei&#x017F;t im Men&#x017F;chen liegt, daß er aber nicht die<lb/>
Melodie dazu findet ihn auszu&#x017F;prechen. Denn jeder<lb/>
Gedanke hat eine Verklärung, das i&#x017F;t Mu&#x017F;ik, die muß<lb/>
Sprache &#x017F;ein, alle Sprache muß Mu&#x017F;ik &#x017F;ein, die er&#x017F;t<lb/>
i&#x017F;t der Gei&#x017F;t, nicht der Inhalt, der wird nur Liebesge¬<lb/>
&#x017F;präch durch die Mu&#x017F;ik der Sprache. &#x2014; Gei&#x017F;t i&#x017F;t grö¬<lb/>
ßer wie der Men&#x017F;ch, immer will der an ihm hinaufra¬<lb/>
gen, &#x017F;pricht er ihn aus, &#x017F;o hat er &#x017F;elber &#x017F;ich in den<lb/>
Gei&#x017F;t über&#x017F;etzt, Gei&#x017F;t i&#x017F;t Mu&#x017F;ik, &#x017F;o muß auch die Sprache<lb/>
durch die er uns in &#x017F;ich aufnimmt Mu&#x017F;ik &#x017F;ein. Wie<lb/>
könnten wir ihn begreifen mit den Sinnen zugleich, in<lb/>
unwürdiger Ge&#x017F;talt! &#x2014; Nein! &#x2014; Gei&#x017F;t i&#x017F;t verinnigt<lb/>
mit Schönheit, er i&#x017F;t nur dann Gei&#x017F;t wenn er Schön¬<lb/>
heit i&#x017F;t. &#x2014; Durch den Dichter &#x017F;pricht er &#x017F;ich aus, denn<lb/>
der hats Gefühl daß Gei&#x017F;t nur Schönheit i&#x017F;t. Alle<lb/>
&#x017F;chöne Handlung, alles Große i&#x017F;t ein Gedicht des Gei¬<lb/>
&#x017F;tes. &#x2014; Ach ich &#x017F;treck die Händ zum Himmel und möcht<lb/>
was anders als was die Men&#x017F;chen thun. Denn ich<lb/>
fühl wohl mein Nichtsthun i&#x017F;t Sünde. &#x2014; Aber was<lb/>
&#x017F;oll ich thun was mich weckt. &#x2014; Die Kun&#x017F;t meint der<lb/>
Clemens! &#x2014; &#x017F;o i&#x017F;ts blos weil er mich innerlich nicht<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[364/0380] laß ich ungeſagt, weil ichs nicht edel genug auszuſpre¬ chen vermag, durch Muſik hab ichs herausgefühlt daß aller Geiſt im Menſchen liegt, daß er aber nicht die Melodie dazu findet ihn auszuſprechen. Denn jeder Gedanke hat eine Verklärung, das iſt Muſik, die muß Sprache ſein, alle Sprache muß Muſik ſein, die erſt iſt der Geiſt, nicht der Inhalt, der wird nur Liebesge¬ ſpräch durch die Muſik der Sprache. — Geiſt iſt grö¬ ßer wie der Menſch, immer will der an ihm hinaufra¬ gen, ſpricht er ihn aus, ſo hat er ſelber ſich in den Geiſt überſetzt, Geiſt iſt Muſik, ſo muß auch die Sprache durch die er uns in ſich aufnimmt Muſik ſein. Wie könnten wir ihn begreifen mit den Sinnen zugleich, in unwürdiger Geſtalt! — Nein! — Geiſt iſt verinnigt mit Schönheit, er iſt nur dann Geiſt wenn er Schön¬ heit iſt. — Durch den Dichter ſpricht er ſich aus, denn der hats Gefühl daß Geiſt nur Schönheit iſt. Alle ſchöne Handlung, alles Große iſt ein Gedicht des Gei¬ ſtes. — Ach ich ſtreck die Händ zum Himmel und möcht was anders als was die Menſchen thun. Denn ich fühl wohl mein Nichtsthun iſt Sünde. — Aber was ſoll ich thun was mich weckt. — Die Kunſt meint der Clemens! — ſo iſts blos weil er mich innerlich nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/380
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/380>, abgerufen am 28.12.2024.