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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.

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uns schon ein Vierteljahr lang halb selig gefreut haben.
Die ganze Kirche war voll Menschen, sie drängten sich
um unsere Prozession und weinten Thränen der Rührung
über die lachenden, unschuldigen Apostel.

Von nun an ist der Garten wieder offen, der den
Winter über unzugänglich war; jedes läuft an sein
Blumengärtchen, da hat der Rosmarin gut überwintert,
die Nelkenpflänzchen werden unter dem dürren Laub
hervorgescharrt, und so manches junge Keimchen meldet
den vergessnen vorjährigen Blumenflor. Erdbeeren wer-
den verpflanzt, und die blühenden Veilchen sorgfältig
herausgehoben und in Scherben versetzt; ich trage sie
an mein Bett, und lege den Kopf dicht an sie heran,
damit ich ihren Duft die ganze Nacht ein- und ausathme.


O was erzähle ich dies alles dem Mann, der fern
ab von solchen Kindereien seinen Geist zu andern Sphä-
ren trägt! warum Dir, dem ich schmeichlen, den ich lok-
ken will; Du sollst mir freundlich sein, Du sollst Dir
unbewußt, mich allmählig lieben; während ich so mit
Dir plaudere, könnte ich Dir nun nichts anders sagen-
was Dir wichtiger wär', was Dich bewegte, daß Du

uns ſchon ein Vierteljahr lang halb ſelig gefreut haben.
Die ganze Kirche war voll Menſchen, ſie drängten ſich
um unſere Prozeſſion und weinten Thränen der Rührung
über die lachenden, unſchuldigen Apoſtel.

Von nun an iſt der Garten wieder offen, der den
Winter über unzugänglich war; jedes läuft an ſein
Blumengärtchen, da hat der Rosmarin gut überwintert,
die Nelkenpflänzchen werden unter dem dürren Laub
hervorgeſcharrt, und ſo manches junge Keimchen meldet
den vergeſſnen vorjährigen Blumenflor. Erdbeeren wer-
den verpflanzt, und die blühenden Veilchen ſorgfältig
herausgehoben und in Scherben verſetzt; ich trage ſie
an mein Bett, und lege den Kopf dicht an ſie heran,
damit ich ihren Duft die ganze Nacht ein- und ausathme.


O was erzähle ich dies alles dem Mann, der fern
ab von ſolchen Kindereien ſeinen Geiſt zu andern Sphä-
ren trägt! warum Dir, dem ich ſchmeichlen, den ich lok-
ken will; Du ſollſt mir freundlich ſein, Du ſollſt Dir
unbewußt, mich allmählig lieben; während ich ſo mit
Dir plaudere, könnte ich Dir nun nichts anders ſagen-
was Dir wichtiger wär', was Dich bewegte, daß Du

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[63/0073] uns ſchon ein Vierteljahr lang halb ſelig gefreut haben. Die ganze Kirche war voll Menſchen, ſie drängten ſich um unſere Prozeſſion und weinten Thränen der Rührung über die lachenden, unſchuldigen Apoſtel. Von nun an iſt der Garten wieder offen, der den Winter über unzugänglich war; jedes läuft an ſein Blumengärtchen, da hat der Rosmarin gut überwintert, die Nelkenpflänzchen werden unter dem dürren Laub hervorgeſcharrt, und ſo manches junge Keimchen meldet den vergeſſnen vorjährigen Blumenflor. Erdbeeren wer- den verpflanzt, und die blühenden Veilchen ſorgfältig herausgehoben und in Scherben verſetzt; ich trage ſie an mein Bett, und lege den Kopf dicht an ſie heran, damit ich ihren Duft die ganze Nacht ein- und ausathme. O was erzähle ich dies alles dem Mann, der fern ab von ſolchen Kindereien ſeinen Geiſt zu andern Sphä- ren trägt! warum Dir, dem ich ſchmeichlen, den ich lok- ken will; Du ſollſt mir freundlich ſein, Du ſollſt Dir unbewußt, mich allmählig lieben; während ich ſo mit Dir plaudere, könnte ich Dir nun nichts anders ſagen- was Dir wichtiger wär', was Dich bewegte, daß Du

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Zitationshilfe: [Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/73>, abgerufen am 22.11.2024.