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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.

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und wäre mit gezogen durch alle Wiesen, durch alle
Thäler, durch die Wüste, wo der Bach mich am End'
hingeführt haben möchte!

Ja Herr, ich sehe dich brausen und strömen, ich seh
dich kunstreich spielen, ich sehe dich ruhig dahin wan-
deln, Tag für Tag und plötzlich deine Bahn lenken
hinaus aus dem Reich des Vertrauens, wo ein lieben-
des Herz seine Heimath wähnte, unbekümmert daß es
verwaist bleibe.

So hat denn der Bach, an dessen Ufern ich meine
Kindheit verspielte, mir in seinen krystallnen Wellen
das Bild meines Geschickes gemalt, und damals hab'
ich's schon betrauert, daß die mir sich nicht verwandt
fühlten.

O komm nur, und spiel' meine Kindertage noch
einmal mit mir durch, du bist mir's schuldig, daß du
meine Seufzer in deine Melodieen verhallen läßt, so
lange ich nicht weiter gehe, als meine kindliche Sehn-
sucht am Bach; die es auch geschehen lassen mußte, daß
er sich losriß und sich energische Bahn brach in die
Fremde. -- In der Fremde, wo es gewiß war, daß
mein Bild sich nicht mehr in ihm spiegelte.

und wäre mit gezogen durch alle Wieſen, durch alle
Thäler, durch die Wüſte, wo der Bach mich am End'
hingeführt haben möchte!

Ja Herr, ich ſehe dich brauſen und ſtrömen, ich ſeh
dich kunſtreich ſpielen, ich ſehe dich ruhig dahin wan-
deln, Tag für Tag und plötzlich deine Bahn lenken
hinaus aus dem Reich des Vertrauens, wo ein lieben-
des Herz ſeine Heimath wähnte, unbekümmert daß es
verwaiſt bleibe.

So hat denn der Bach, an deſſen Ufern ich meine
Kindheit verſpielte, mir in ſeinen kryſtallnen Wellen
das Bild meines Geſchickes gemalt, und damals hab'
ich's ſchon betrauert, daß die mir ſich nicht verwandt
fühlten.

O komm nur, und ſpiel' meine Kindertage noch
einmal mit mir durch, du biſt mir's ſchuldig, daß du
meine Seufzer in deine Melodieen verhallen läßt, ſo
lange ich nicht weiter gehe, als meine kindliche Sehn-
ſucht am Bach; die es auch geſchehen laſſen mußte, daß
er ſich losriß und ſich energiſche Bahn brach in die
Fremde. — In der Fremde, wo es gewiß war, daß
mein Bild ſich nicht mehr in ihm ſpiegelte.

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[61/0071] und wäre mit gezogen durch alle Wieſen, durch alle Thäler, durch die Wüſte, wo der Bach mich am End' hingeführt haben möchte! Ja Herr, ich ſehe dich brauſen und ſtrömen, ich ſeh dich kunſtreich ſpielen, ich ſehe dich ruhig dahin wan- deln, Tag für Tag und plötzlich deine Bahn lenken hinaus aus dem Reich des Vertrauens, wo ein lieben- des Herz ſeine Heimath wähnte, unbekümmert daß es verwaiſt bleibe. So hat denn der Bach, an deſſen Ufern ich meine Kindheit verſpielte, mir in ſeinen kryſtallnen Wellen das Bild meines Geſchickes gemalt, und damals hab' ich's ſchon betrauert, daß die mir ſich nicht verwandt fühlten. O komm nur, und ſpiel' meine Kindertage noch einmal mit mir durch, du biſt mir's ſchuldig, daß du meine Seufzer in deine Melodieen verhallen läßt, ſo lange ich nicht weiter gehe, als meine kindliche Sehn- ſucht am Bach; die es auch geſchehen laſſen mußte, daß er ſich losriß und ſich energiſche Bahn brach in die Fremde. — In der Fremde, wo es gewiß war, daß mein Bild ſich nicht mehr in ihm ſpiegelte.

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Zitationshilfe: [Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/71>, abgerufen am 23.11.2024.