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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.

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beslieder. Du! säuselnd über mir, Nachtigallflötend:
das Gestöhn meiner Sehnsucht. -- Du! stürmend über
über mir, wetterbrausend: die Raserei meiner Leidenschaft.
Du! -- aufjauchzend, himmelandringend die ewigen
Hymnen beglückender Liebe, daß der Wiederhall an's
Herz schmettert, ja zu Deinen Füßen will ich schlafen,
Gewaltiger! Dichter! Fürst! über den Wolken, während
Du die Harmonieen ausbreitest, deren Keime zuerst Wur-
zel faßten in meinem Herzen.


Dem Freund.

Gebete steigen gen Himmel, was ist Er, der auch
himmelan steigt? -- Er ist auch Gebet, gereift unter
dem Schutz der Musen. -- Eros, der himmlische, leuch-
tet vorauf und theilt ihm die Wolken, -- ich aber kann's
nicht sehen, ich muß mich verbergen.

Sein Stolz! -- sein heiliger Stolz in seiner Schön-
heit. Heute sagte Jemand, das sei nicht möglich, er sei
sechzig Jahr alt gewesen wie ich ihn zum erstenmal ge-
sehen und ich eine frische Rose. O es ist ein Unterschied
zwischen Frische der Jugend und der Schönheit, die der
göttliche Geist den menschlichen Zügen einprägt, Schön-
heit ist ein von der Gemeinheit abgeschloßnes Dasein,

beslieder. Du! ſäuſelnd über mir, Nachtigallflötend:
das Geſtöhn meiner Sehnſucht. — Du! ſtürmend über
über mir, wetterbrauſend: die Raſerei meiner Leidenſchaft.
Du! — aufjauchzend, himmelandringend die ewigen
Hymnen beglückender Liebe, daß der Wiederhall an's
Herz ſchmettert, ja zu Deinen Füßen will ich ſchlafen,
Gewaltiger! Dichter! Fürſt! über den Wolken, während
Du die Harmonieen ausbreiteſt, deren Keime zuerſt Wur-
zel faßten in meinem Herzen.


Dem Freund.

Gebete ſteigen gen Himmel, was iſt Er, der auch
himmelan ſteigt? — Er iſt auch Gebet, gereift unter
dem Schutz der Muſen. — Eros, der himmliſche, leuch-
tet vorauf und theilt ihm die Wolken, — ich aber kann's
nicht ſehen, ich muß mich verbergen.

Sein Stolz! — ſein heiliger Stolz in ſeiner Schön-
heit. Heute ſagte Jemand, das ſei nicht möglich, er ſei
ſechzig Jahr alt geweſen wie ich ihn zum erſtenmal ge-
ſehen und ich eine friſche Roſe. O es iſt ein Unterſchied
zwiſchen Friſche der Jugend und der Schönheit, die der
göttliche Geiſt den menſchlichen Zügen einprägt, Schön-
heit iſt ein von der Gemeinheit abgeſchloßnes Daſein,

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[223/0233] beslieder. Du! ſäuſelnd über mir, Nachtigallflötend: das Geſtöhn meiner Sehnſucht. — Du! ſtürmend über über mir, wetterbrauſend: die Raſerei meiner Leidenſchaft. Du! — aufjauchzend, himmelandringend die ewigen Hymnen beglückender Liebe, daß der Wiederhall an's Herz ſchmettert, ja zu Deinen Füßen will ich ſchlafen, Gewaltiger! Dichter! Fürſt! über den Wolken, während Du die Harmonieen ausbreiteſt, deren Keime zuerſt Wur- zel faßten in meinem Herzen. Dem Freund. Gebete ſteigen gen Himmel, was iſt Er, der auch himmelan ſteigt? — Er iſt auch Gebet, gereift unter dem Schutz der Muſen. — Eros, der himmliſche, leuch- tet vorauf und theilt ihm die Wolken, — ich aber kann's nicht ſehen, ich muß mich verbergen. Sein Stolz! — ſein heiliger Stolz in ſeiner Schön- heit. Heute ſagte Jemand, das ſei nicht möglich, er ſei ſechzig Jahr alt geweſen wie ich ihn zum erſtenmal ge- ſehen und ich eine friſche Roſe. O es iſt ein Unterſchied zwiſchen Friſche der Jugend und der Schönheit, die der göttliche Geiſt den menſchlichen Zügen einprägt, Schön- heit iſt ein von der Gemeinheit abgeſchloßnes Daſein,

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Zitationshilfe: [Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/233>, abgerufen am 21.11.2024.