[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.mir gar keine Liebesgeschichte widerfahren war. Jetzt mir gar keine Liebesgeſchichte widerfahren war. Jetzt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0212" n="202"/> mir gar keine Liebesgeſchichte widerfahren war. Jetzt<lb/> beſann ich mich auf eine und wollte eben erzählen, und<lb/> hub an: „Ja! aber glaube nicht, daß <hi rendition="#g">Dir</hi> die Liebe in<lb/> den Weg gekommen, damals wandelte ich im Traum,<lb/> jetzt wache ich wieder; hier im Mondſchein an Deiner<lb/> Bruſt weiß ich wer ich bin und was Du mir biſt, wie<lb/> ich nur Dir angehöre, wie Du mich bezauberſt; aber<lb/> einmal“ — da begann ich meine Liebesgeſchichte von der<lb/> ich nichts mehr weiß. Und Du, Herrlicher! ließeſt mich<lb/> nicht weiter ſprechen und riefſt: „Nein, nein! du biſt<lb/> mein? — du biſt meine Muſe! — kein anderer ſoll ſa-<lb/> gen können, daß du ihm ſo zugethan warſt wie mir,<lb/> daß er deiner Liebe ſo verſichert war wie ich, ich habe<lb/> dich geliebt, ich habe dich geſchont, die Biene trägt nicht<lb/> ſorgfältiger und behutſamer den Honig aus allen Blü-<lb/> then zuſammen wie ich aus deinen tauſendfältigen Lie-<lb/> besergüſſen mir Genuß ſammelte.“ — Da fielen meine<lb/> Haarflechten nieder, Du nahmſt ſie und nannteſt ſie<lb/> braune Schlangen und ſteckteſt ſie in Dein Gewand,<lb/> und zogſt ſo meinen Kopf an Deine Bruſt, an der ich<lb/> von Ewigkeit zu Ewigkeit ruhen ſollte und des Den-<lb/> kens und des Treibens mich überheben, das wär' ſchön,<lb/> das wär' wahr, das wär' ſo die rechte ſüße Faulheit<lb/> meines Daſeins, das iſt die Paradieſesfrucht nach der<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [202/0212]
mir gar keine Liebesgeſchichte widerfahren war. Jetzt
beſann ich mich auf eine und wollte eben erzählen, und
hub an: „Ja! aber glaube nicht, daß Dir die Liebe in
den Weg gekommen, damals wandelte ich im Traum,
jetzt wache ich wieder; hier im Mondſchein an Deiner
Bruſt weiß ich wer ich bin und was Du mir biſt, wie
ich nur Dir angehöre, wie Du mich bezauberſt; aber
einmal“ — da begann ich meine Liebesgeſchichte von der
ich nichts mehr weiß. Und Du, Herrlicher! ließeſt mich
nicht weiter ſprechen und riefſt: „Nein, nein! du biſt
mein? — du biſt meine Muſe! — kein anderer ſoll ſa-
gen können, daß du ihm ſo zugethan warſt wie mir,
daß er deiner Liebe ſo verſichert war wie ich, ich habe
dich geliebt, ich habe dich geſchont, die Biene trägt nicht
ſorgfältiger und behutſamer den Honig aus allen Blü-
then zuſammen wie ich aus deinen tauſendfältigen Lie-
besergüſſen mir Genuß ſammelte.“ — Da fielen meine
Haarflechten nieder, Du nahmſt ſie und nannteſt ſie
braune Schlangen und ſteckteſt ſie in Dein Gewand,
und zogſt ſo meinen Kopf an Deine Bruſt, an der ich
von Ewigkeit zu Ewigkeit ruhen ſollte und des Den-
kens und des Treibens mich überheben, das wär' ſchön,
das wär' wahr, das wär' ſo die rechte ſüße Faulheit
meines Daſeins, das iſt die Paradieſesfrucht nach der
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