Rasen begleitete, kegelrunde Bergkuppe aufgemauert. Vor drei Jahren stand sie noch nicht hier, da war die Liebe der einzige Schutz gegen Wind und Wetter, da kamen sie häufig zusammen vom Frühling bis zum Herbst, von Sonnenuntergang bis zu Sonnenaufgang lagen sie vom Mond belacht auf Blumenrasen zwischen silbernen Bergquellen, im Winter rief ihn die Kriegs- trompete, Armide blieb allein, aber nicht lange, da kam Amor das Kind, sie legte ihn in die Wiege, sie nährte es mit der Milch ihrer Brüste und noch ein anderes dazu. Für den Ammenlohn kaufte sie sich diesen Fleck und baute das kleine Haus und wohnt jetzt mit ihrem goldlockigen Bübchen hier oben, wo sie weit durch's Thal in die Ferne sieht und bei Windstille auch hören kann, wenn die Trommel sich rührt oder die Trompete zwischen den Felswänden schmettert. Vielleicht kehrt er zurück, und erkennt an dem lustigen, buntbemalten Schornstein, der auf das Häuschen aufgepflanzt ist, daß das freudige Liebesglück nicht in Reue zerschmolzen ist.
Heute zogen wir nach einer andern Burg. Sie liegt vier Meilen entfernt, ihre stolzen, wohlerhaltnen Thürme streckt sie gen Himmel, als ob sie sie zum
Raſen begleitete, kegelrunde Bergkuppe aufgemauert. Vor drei Jahren ſtand ſie noch nicht hier, da war die Liebe der einzige Schutz gegen Wind und Wetter, da kamen ſie häufig zuſammen vom Frühling bis zum Herbſt, von Sonnenuntergang bis zu Sonnenaufgang lagen ſie vom Mond belacht auf Blumenraſen zwiſchen ſilbernen Bergquellen, im Winter rief ihn die Kriegs- trompete, Armide blieb allein, aber nicht lange, da kam Amor das Kind, ſie legte ihn in die Wiege, ſie nährte es mit der Milch ihrer Brüſte und noch ein anderes dazu. Für den Ammenlohn kaufte ſie ſich dieſen Fleck und baute das kleine Haus und wohnt jetzt mit ihrem goldlockigen Bübchen hier oben, wo ſie weit durch's Thal in die Ferne ſieht und bei Windſtille auch hören kann, wenn die Trommel ſich rührt oder die Trompete zwiſchen den Felswänden ſchmettert. Vielleicht kehrt er zurück, und erkennt an dem luſtigen, buntbemalten Schornſtein, der auf das Häuschen aufgepflanzt iſt, daß das freudige Liebesglück nicht in Reue zerſchmolzen iſt.
Heute zogen wir nach einer andern Burg. Sie liegt vier Meilen entfernt, ihre ſtolzen, wohlerhaltnen Thürme ſtreckt ſie gen Himmel, als ob ſie ſie zum
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Raſen begleitete, kegelrunde Bergkuppe aufgemauert.
Vor drei Jahren ſtand ſie noch nicht hier, da war die
Liebe der einzige Schutz gegen Wind und Wetter, da
kamen ſie häufig zuſammen vom Frühling bis zum
Herbſt, von Sonnenuntergang bis zu Sonnenaufgang
lagen ſie vom Mond belacht auf Blumenraſen zwiſchen
ſilbernen Bergquellen, im Winter rief ihn die Kriegs-
trompete, Armide blieb allein, aber nicht lange, da kam
Amor das Kind, ſie legte ihn in die Wiege, ſie nährte
es mit der Milch ihrer Brüſte und noch ein anderes
dazu. Für den Ammenlohn kaufte ſie ſich dieſen Fleck
und baute das kleine Haus und wohnt jetzt mit ihrem
goldlockigen Bübchen hier oben, wo ſie weit durch's
Thal in die Ferne ſieht und bei Windſtille auch hören
kann, wenn die Trommel ſich rührt oder die Trompete
zwiſchen den Felswänden ſchmettert. Vielleicht kehrt
er zurück, und erkennt an dem luſtigen, buntbemalten
Schornſtein, der auf das Häuschen aufgepflanzt iſt, daß
das freudige Liebesglück nicht in Reue zerſchmolzen iſt.
Heute zogen wir nach einer andern Burg. Sie
liegt vier Meilen entfernt, ihre ſtolzen, wohlerhaltnen
Thürme ſtreckt ſie gen Himmel, als ob ſie ſie zum
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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/175>, abgerufen am 22.07.2024.
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