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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.

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mit Bleistift auf -- und schlief dann gleich wieder fort,
aber bald weckte mich's wieder auf; diese Gedanken
waren wie Ausrufungen meiner Seele in der Empfin-
dung von Behagen. Ich will sie hier abschreiben, wie
ich sie nach einander erfahren. Ob sie Werth und Ge-
halt haben, lasse ich unberührt, aber immer werden sie
ein Beweis sein, daß der Geist auch im Schlaf lebendig
wirkt. Ich glaub', daß jede Handlung ihre unendlichen
Folgen hat; daß uns die Wahrheit Genuß gewährt, daß
also jeder Genuß eine Wahrheit zum tiefsten Grunde hat,
daß also jeder Genuß durch seine Wahrh[e]it legitimirt ist.

Ich glaube, daß alle Ahndungen Spiegelungen der
Wahrheit sind.

Der Geist ist Auge, je schärfer er sieht, je deutlicher
wird die Ahndung, je reiner tritt das Spiegelbild der
Wahrheit in der Empfindung auf. Die Vielheit soll
zur Einheit führen, der Spiegel fasset Alles in einen
Strahl zusammen.

Das Licht gebärt das allseitige Leben und Streben
in die Einheit, in das Reich des Göttlichen.

Die Philosophie ist Symbol der Leidenschaft zwi-
schen Gott und dem Menschen.

Die Liebe ist eine Metamorphose der Gottheit.

Jeder Gedanke ist die Blüthe einer Pflanze; was

mit Bleiſtift auf — und ſchlief dann gleich wieder fort,
aber bald weckte mich's wieder auf; dieſe Gedanken
waren wie Ausrufungen meiner Seele in der Empfin-
dung von Behagen. Ich will ſie hier abſchreiben, wie
ich ſie nach einander erfahren. Ob ſie Werth und Ge-
halt haben, laſſe ich unberührt, aber immer werden ſie
ein Beweis ſein, daß der Geiſt auch im Schlaf lebendig
wirkt. Ich glaub', daß jede Handlung ihre unendlichen
Folgen hat; daß uns die Wahrheit Genuß gewährt, daß
alſo jeder Genuß eine Wahrheit zum tiefſten Grunde hat,
daß alſo jeder Genuß durch ſeine Wahrh[e]it legitimirt iſt.

Ich glaube, daß alle Ahndungen Spiegelungen der
Wahrheit ſind.

Der Geiſt iſt Auge, je ſchärfer er ſieht, je deutlicher
wird die Ahndung, je reiner tritt das Spiegelbild der
Wahrheit in der Empfindung auf. Die Vielheit ſoll
zur Einheit führen, der Spiegel faſſet Alles in einen
Strahl zuſammen.

Das Licht gebärt das allſeitige Leben und Streben
in die Einheit, in das Reich des Göttlichen.

Die Philoſophie iſt Symbol der Leidenſchaft zwi-
ſchen Gott und dem Menſchen.

Die Liebe iſt eine Metamorphoſe der Gottheit.

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[138/0148] mit Bleiſtift auf — und ſchlief dann gleich wieder fort, aber bald weckte mich's wieder auf; dieſe Gedanken waren wie Ausrufungen meiner Seele in der Empfin- dung von Behagen. Ich will ſie hier abſchreiben, wie ich ſie nach einander erfahren. Ob ſie Werth und Ge- halt haben, laſſe ich unberührt, aber immer werden ſie ein Beweis ſein, daß der Geiſt auch im Schlaf lebendig wirkt. Ich glaub', daß jede Handlung ihre unendlichen Folgen hat; daß uns die Wahrheit Genuß gewährt, daß alſo jeder Genuß eine Wahrheit zum tiefſten Grunde hat, daß alſo jeder Genuß durch ſeine Wahrheit legitimirt iſt. Ich glaube, daß alle Ahndungen Spiegelungen der Wahrheit ſind. Der Geiſt iſt Auge, je ſchärfer er ſieht, je deutlicher wird die Ahndung, je reiner tritt das Spiegelbild der Wahrheit in der Empfindung auf. Die Vielheit ſoll zur Einheit führen, der Spiegel faſſet Alles in einen Strahl zuſammen. Das Licht gebärt das allſeitige Leben und Streben in die Einheit, in das Reich des Göttlichen. Die Philoſophie iſt Symbol der Leidenſchaft zwi- ſchen Gott und dem Menſchen. Die Liebe iſt eine Metamorphoſe der Gottheit. Jeder Gedanke iſt die Blüthe einer Pflanze; was

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Zitationshilfe: [Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/148>, abgerufen am 09.11.2024.