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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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den mir aus Furcht das Haus verbieten, da seh ich
denn ganz ironisch drein und denke: seid ihr nur bai-
risch und französisch, ich und der Kronprinz wir sind
deutsch und tyrolisch, oder er läßt mich in's Gefängniß
setzen, dann bin ich mit einem Male frei und selbst-
ständig, dann wird mein Muth schon wachsen, und
wenn man mich wieder los läßt, dann geh ich über zu
den Tyrolern und begegne dem Kronprinzen im Feld,
und trotze ihm ab was er so mir nicht zugesteht.

O, Goethe, wenn ich sollte in's Tyrol wandern,
und zu rechter Zeit kommen, daß ich den Heldentod
sterbe! es muß doch ein ander Wesen sein, es muß
doch eine Belohnung sein für solche lorbeergekrönte
Häupter; der glänzende Triumph im Augenblick des
Übergangs ist ja Zeugniß genug, daß die Begeisterung,
die der Heldentod uns einflößt, nur Widerschein himm-
lischer Glorie ist. -- Wenn ich sterbe, ich freue mich
schon drauf, so gaukle ich als Schmetterling aus dem
Sarg meines Leibes hervor, und dann treffe ich Dich
in dieser herrlichen Sommerzeit unter Blumen, wenn
ein Schmetterling Dich unter Blumen vorzieht, und
lieber auf deiner Stirn sich niederläßt und auf deinen
Lippen als auf den blühenden Rosen umher, dann
glaube sicher es ist mein Geist, der auf dem Tyroler-

den mir aus Furcht das Haus verbieten, da ſeh ich
denn ganz ironiſch drein und denke: ſeid ihr nur bai-
riſch und franzöſiſch, ich und der Kronprinz wir ſind
deutſch und tyroliſch, oder er läßt mich in's Gefängniß
ſetzen, dann bin ich mit einem Male frei und ſelbſt-
ſtändig, dann wird mein Muth ſchon wachſen, und
wenn man mich wieder los läßt, dann geh ich über zu
den Tyrolern und begegne dem Kronprinzen im Feld,
und trotze ihm ab was er ſo mir nicht zugeſteht.

O, Goethe, wenn ich ſollte in's Tyrol wandern,
und zu rechter Zeit kommen, daß ich den Heldentod
ſterbe! es muß doch ein ander Weſen ſein, es muß
doch eine Belohnung ſein für ſolche lorbeergekrönte
Häupter; der glänzende Triumph im Augenblick des
Übergangs iſt ja Zeugniß genug, daß die Begeiſterung,
die der Heldentod uns einflößt, nur Widerſchein himm-
liſcher Glorie iſt. — Wenn ich ſterbe, ich freue mich
ſchon drauf, ſo gaukle ich als Schmetterling aus dem
Sarg meines Leibes hervor, und dann treffe ich Dich
in dieſer herrlichen Sommerzeit unter Blumen, wenn
ein Schmetterling Dich unter Blumen vorzieht, und
lieber auf deiner Stirn ſich niederläßt und auf deinen
Lippen als auf den blühenden Roſen umher, dann
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[50/0060] den mir aus Furcht das Haus verbieten, da ſeh ich denn ganz ironiſch drein und denke: ſeid ihr nur bai- riſch und franzöſiſch, ich und der Kronprinz wir ſind deutſch und tyroliſch, oder er läßt mich in's Gefängniß ſetzen, dann bin ich mit einem Male frei und ſelbſt- ſtändig, dann wird mein Muth ſchon wachſen, und wenn man mich wieder los läßt, dann geh ich über zu den Tyrolern und begegne dem Kronprinzen im Feld, und trotze ihm ab was er ſo mir nicht zugeſteht. O, Goethe, wenn ich ſollte in's Tyrol wandern, und zu rechter Zeit kommen, daß ich den Heldentod ſterbe! es muß doch ein ander Weſen ſein, es muß doch eine Belohnung ſein für ſolche lorbeergekrönte Häupter; der glänzende Triumph im Augenblick des Übergangs iſt ja Zeugniß genug, daß die Begeiſterung, die der Heldentod uns einflößt, nur Widerſchein himm- liſcher Glorie iſt. — Wenn ich ſterbe, ich freue mich ſchon drauf, ſo gaukle ich als Schmetterling aus dem Sarg meines Leibes hervor, und dann treffe ich Dich in dieſer herrlichen Sommerzeit unter Blumen, wenn ein Schmetterling Dich unter Blumen vorzieht, und lieber auf deiner Stirn ſich niederläßt und auf deinen Lippen als auf den blühenden Roſen umher, dann glaube ſicher es iſt mein Geiſt, der auf dem Tyroler-

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/60>, abgerufen am 24.11.2024.