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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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nach Haus komme wühlt das alles in mir, ich sehe
schon im Geist wie der Kronprinz, seinen Generalen
überlassen, alles thut wogegen sein Herz spricht, und
dann ist's um ihn geschehen. So ein bairischer General
ist ein wahrer Rumpelbaß, aus ihm hervor brummt
nichts als Baierns Ehrgeiz; das ist die grobe, rauhe
Stimme, mit denen er alle besseren Gefühle übertönt.

Das alles wogte in meinem Herzen da ich von
dieser öffentlichen Rede zurückkam, und daß kein Mensch
in der Welt einem Herrscher die Wahrheit sagt, im Ge-
gentheil nur Schmeichler ihnen immerdar Recht geben,
und je tiefer sich ein solcher irrt, je gewaltiger ist in
jenen die Furcht, er möge an ihrer Übereinstimmung
zweifeln; sie haben nie das Wohl der Menschheit, sie
haben nur immer die Gunst des Herrn im Auge. Ich
mußte also einen verzweifelten Schritt thun, um den
Tumult der eignen Lebensgeister zu beschwichtigen, und
ich bitte Dich im Voraus um Verzeihung, wenn Du es
nicht gut heißen solltest.

Erst nachdem ich dem Kronprinzen meine Liebe zu
ihm, meine Begeisterung für seinen Genius, Gott weiß
in welchen Schwingungen an's Herz getrieben habe,
vertraue ich ihm meine Anschauung von dem Tyroler-
volk, das sich die Heldenkrone erwirbt, meine Zuversicht,

er

nach Haus komme wühlt das alles in mir, ich ſehe
ſchon im Geiſt wie der Kronprinz, ſeinen Generalen
überlaſſen, alles thut wogegen ſein Herz ſpricht, und
dann iſt's um ihn geſchehen. So ein bairiſcher General
iſt ein wahrer Rumpelbaß, aus ihm hervor brummt
nichts als Baierns Ehrgeiz; das iſt die grobe, rauhe
Stimme, mit denen er alle beſſeren Gefühle übertönt.

Das alles wogte in meinem Herzen da ich von
dieſer öffentlichen Rede zurückkam, und daß kein Menſch
in der Welt einem Herrſcher die Wahrheit ſagt, im Ge-
gentheil nur Schmeichler ihnen immerdar Recht geben,
und je tiefer ſich ein ſolcher irrt, je gewaltiger iſt in
jenen die Furcht, er möge an ihrer Übereinſtimmung
zweifeln; ſie haben nie das Wohl der Menſchheit, ſie
haben nur immer die Gunſt des Herrn im Auge. Ich
mußte alſo einen verzweifelten Schritt thun, um den
Tumult der eignen Lebensgeiſter zu beſchwichtigen, und
ich bitte Dich im Voraus um Verzeihung, wenn Du es
nicht gut heißen ſollteſt.

Erſt nachdem ich dem Kronprinzen meine Liebe zu
ihm, meine Begeiſterung für ſeinen Genius, Gott weiß
in welchen Schwingungen an's Herz getrieben habe,
vertraue ich ihm meine Anſchauung von dem Tyroler-
volk, das ſich die Heldenkrone erwirbt, meine Zuverſicht,

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[48/0058] nach Haus komme wühlt das alles in mir, ich ſehe ſchon im Geiſt wie der Kronprinz, ſeinen Generalen überlaſſen, alles thut wogegen ſein Herz ſpricht, und dann iſt's um ihn geſchehen. So ein bairiſcher General iſt ein wahrer Rumpelbaß, aus ihm hervor brummt nichts als Baierns Ehrgeiz; das iſt die grobe, rauhe Stimme, mit denen er alle beſſeren Gefühle übertönt. Das alles wogte in meinem Herzen da ich von dieſer öffentlichen Rede zurückkam, und daß kein Menſch in der Welt einem Herrſcher die Wahrheit ſagt, im Ge- gentheil nur Schmeichler ihnen immerdar Recht geben, und je tiefer ſich ein ſolcher irrt, je gewaltiger iſt in jenen die Furcht, er möge an ihrer Übereinſtimmung zweifeln; ſie haben nie das Wohl der Menſchheit, ſie haben nur immer die Gunſt des Herrn im Auge. Ich mußte alſo einen verzweifelten Schritt thun, um den Tumult der eignen Lebensgeiſter zu beſchwichtigen, und ich bitte Dich im Voraus um Verzeihung, wenn Du es nicht gut heißen ſollteſt. Erſt nachdem ich dem Kronprinzen meine Liebe zu ihm, meine Begeiſterung für ſeinen Genius, Gott weiß in welchen Schwingungen an's Herz getrieben habe, vertraue ich ihm meine Anſchauung von dem Tyroler- volk, das ſich die Heldenkrone erwirbt, meine Zuverſicht, er

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/58>, abgerufen am 24.11.2024.