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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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allein bin. Kein Gesicht, dem zu trauen wär; Savigny
ist in Landshut, dem Stadion schlagen die Wellen in
diesem politischen Meeressturm über'm Kopf zusammen,
ich seh ihn nur auf Augenblicke, man ist ganz miß-
trauisch gegen mich wegen ihm, das ist mir grad lieb,
wenn man auch hochmüthig ist auf den eignen Wahn-
sinn, so soll man doch ahnden daß nicht jeder von ihm
ergriffen ist.

Heute Morgen war ich draußen im beschneiten
Park und erstieg den Schneckenthurm, um mit dem
Fernrohr nach den Tyrolerbergen zu sehen, wüßte ich
dein Dach dort, ich könnte nicht sehnsüchtiger danach
spähen.

Heute ließ Winter Probe halten von einem Marsch,
den er für den Feldzug gegen Tyrol componirte, ich
sagte, der Marsch sei schlecht, die Baiern würden alle
ausreißen und der Schimpf auf ihn fallen. Winter
zerriß die Composition und war so zornig, daß sein
langes Silberhaar wie ein vom Hagel getroffenes
Ährenfeld hin- und herwogte. Ach, könnte ich doch an-
dere Anstalten auch so hintertreiben wie den Marsch.

Jacobi habe ich in 3 Wochen nicht gesehen, ob-
schon ich ihm über seinen Woldemar, den er mir hier
zu lesen gab, einen langen Brief geschrieben habe; ich

allein bin. Kein Geſicht, dem zu trauen wär; Savigny
iſt in Landshut, dem Stadion ſchlagen die Wellen in
dieſem politiſchen Meeresſturm über'm Kopf zuſammen,
ich ſeh ihn nur auf Augenblicke, man iſt ganz miß-
trauiſch gegen mich wegen ihm, das iſt mir grad lieb,
wenn man auch hochmüthig iſt auf den eignen Wahn-
ſinn, ſo ſoll man doch ahnden daß nicht jeder von ihm
ergriffen iſt.

Heute Morgen war ich draußen im beſchneiten
Park und erſtieg den Schneckenthurm, um mit dem
Fernrohr nach den Tyrolerbergen zu ſehen, wüßte ich
dein Dach dort, ich könnte nicht ſehnſüchtiger danach
ſpähen.

Heute ließ Winter Probe halten von einem Marſch,
den er für den Feldzug gegen Tyrol componirte, ich
ſagte, der Marſch ſei ſchlecht, die Baiern würden alle
ausreißen und der Schimpf auf ihn fallen. Winter
zerriß die Compoſition und war ſo zornig, daß ſein
langes Silberhaar wie ein vom Hagel getroffenes
Ährenfeld hin- und herwogte. Ach, könnte ich doch an-
dere Anſtalten auch ſo hintertreiben wie den Marſch.

Jacobi habe ich in 3 Wochen nicht geſehen, ob-
ſchon ich ihm über ſeinen Woldemar, den er mir hier
zu leſen gab, einen langen Brief geſchrieben habe; ich

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[40/0050] allein bin. Kein Geſicht, dem zu trauen wär; Savigny iſt in Landshut, dem Stadion ſchlagen die Wellen in dieſem politiſchen Meeresſturm über'm Kopf zuſammen, ich ſeh ihn nur auf Augenblicke, man iſt ganz miß- trauiſch gegen mich wegen ihm, das iſt mir grad lieb, wenn man auch hochmüthig iſt auf den eignen Wahn- ſinn, ſo ſoll man doch ahnden daß nicht jeder von ihm ergriffen iſt. Heute Morgen war ich draußen im beſchneiten Park und erſtieg den Schneckenthurm, um mit dem Fernrohr nach den Tyrolerbergen zu ſehen, wüßte ich dein Dach dort, ich könnte nicht ſehnſüchtiger danach ſpähen. Heute ließ Winter Probe halten von einem Marſch, den er für den Feldzug gegen Tyrol componirte, ich ſagte, der Marſch ſei ſchlecht, die Baiern würden alle ausreißen und der Schimpf auf ihn fallen. Winter zerriß die Compoſition und war ſo zornig, daß ſein langes Silberhaar wie ein vom Hagel getroffenes Ährenfeld hin- und herwogte. Ach, könnte ich doch an- dere Anſtalten auch ſo hintertreiben wie den Marſch. Jacobi habe ich in 3 Wochen nicht geſehen, ob- ſchon ich ihm über ſeinen Woldemar, den er mir hier zu leſen gab, einen langen Brief geſchrieben habe; ich

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/50>, abgerufen am 22.11.2024.