Entsagen will sie ja lindernd ersetzen, und sie schmeichelt Dir alle Vortheile ihres Besitzes auf, während Du weinst um das was sie Dir versagt.
Und wie kann uns das Ewige gelingen, als nur wenn wir das Zeitliche dran setzen?
Alles seh ich ein und möchte alle Weisheit dem er- sten besten Ablaßkrämer verhandeln, um Absolution für alle Liebesintriguen, die ich mit Dir noch zu haben ge- denke.
11. März.
Ach, wenn mich die Liebe nicht hellsehend machte, so wär ich elend, ich seh die gefrornen Blumen an den Fensterscheiben, und den Sonnenstrahl, der sie allmählig schmilzt, und denke mir alles in deiner Stube, wie Du auf- und niederwandelst und diese gefrornen Landschaf- ten mit Tannenwäldchen und diese Blumenstücke sinnend betrachtest. -- Da erkenne ich so deutlich deine Züge, und es wird so wahr daß ich Dich sehen kann; unter- dessen geht die Trommel hier unter dem Fenster von allen Straßen her und ruft die Truppen zusammen.
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Entſagen will ſie ja lindernd erſetzen, und ſie ſchmeichelt Dir alle Vortheile ihres Beſitzes auf, während Du weinſt um das was ſie Dir verſagt.
Und wie kann uns das Ewige gelingen, als nur wenn wir das Zeitliche dran ſetzen?
Alles ſeh ich ein und möchte alle Weisheit dem er- ſten beſten Ablaßkrämer verhandeln, um Abſolution für alle Liebesintriguen, die ich mit Dir noch zu haben ge- denke.
11. März.
Ach, wenn mich die Liebe nicht hellſehend machte, ſo wär ich elend, ich ſeh die gefrornen Blumen an den Fenſterſcheiben, und den Sonnenſtrahl, der ſie allmählig ſchmilzt, und denke mir alles in deiner Stube, wie Du auf- und niederwandelſt und dieſe gefrornen Landſchaf- ten mit Tannenwäldchen und dieſe Blumenſtücke ſinnend betrachteſt. — Da erkenne ich ſo deutlich deine Züge, und es wird ſo wahr daß ich Dich ſehen kann; unter- deſſen geht die Trommel hier unter dem Fenſter von allen Straßen her und ruft die Truppen zuſammen.
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Entſagen will ſie ja lindernd erſetzen, und ſie ſchmeichelt
Dir alle Vortheile ihres Beſitzes auf, während Du
weinſt um das was ſie Dir verſagt.
Und wie kann uns das Ewige gelingen, als nur
wenn wir das Zeitliche dran ſetzen?
Alles ſeh ich ein und möchte alle Weisheit dem er-
ſten beſten Ablaßkrämer verhandeln, um Abſolution für
alle Liebesintriguen, die ich mit Dir noch zu haben ge-
denke.
11. März.
Ach, wenn mich die Liebe nicht hellſehend machte,
ſo wär ich elend, ich ſeh die gefrornen Blumen an den
Fenſterſcheiben, und den Sonnenſtrahl, der ſie allmählig
ſchmilzt, und denke mir alles in deiner Stube, wie Du
auf- und niederwandelſt und dieſe gefrornen Landſchaf-
ten mit Tannenwäldchen und dieſe Blumenſtücke ſinnend
betrachteſt. — Da erkenne ich ſo deutlich deine Züge,
und es wird ſo wahr daß ich Dich ſehen kann; unter-
deſſen geht die Trommel hier unter dem Fenſter von
allen Straßen her und ruft die Truppen zuſammen.
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/43>, abgerufen am 22.11.2024.
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