hat so das Bewußtsein seiner Macht, und daß alle Kraft von ihm ausgehe, wie dieser Beethoven, der eben noch im Garten nach einem Grund suchte, wo ihm denn alles herkomme; verstünd ich ihn so wie ich ihn fühle, dann wüßt ich alles. Dort stand er so fest entschlossen, seine Bewegungen, sein Gesicht drückten die Vollendung seiner Schöpfung aus, er kam jedem Fehler, jedem Miß- verstehen zuvor, kein Hauch war willkührlich, alles war durch die großartige Gegenwart seines Geistes in die besonnenste Thätigkeit versetzt. -- Man möchte weissa- gen daß ein solcher Geist in späterer Vollendung als Weltherrscher wieder auftreten werde.
Gestern Abend schrieb ich noch alles auf, heute Mor- gen las ich's ihm vor, er sagte: "Hab ich das ge- sagt? -- nun dann hab ich einen Raptus gehabt;" er las es noch einmal aufmerksam, und strich das oben aus und schrieb zwischen die Zeilen, denn es ist ihm drum zu thun daß Du ihn verstehst.
Erfreue mich nun mit einer baldigen Antwort, die dem Beethoven beweist daß Du ihn würdigst. Es war ja immer unser Plan, über Musik zu sprechen, ja ich wollte auch, aber durch Beethoven fühl ich nun erst daß ich der Sache nicht gewachsen bin.
Bettine.
hat ſo das Bewußtſein ſeiner Macht, und daß alle Kraft von ihm ausgehe, wie dieſer Beethoven, der eben noch im Garten nach einem Grund ſuchte, wo ihm denn alles herkomme; verſtünd ich ihn ſo wie ich ihn fühle, dann wüßt ich alles. Dort ſtand er ſo feſt entſchloſſen, ſeine Bewegungen, ſein Geſicht drückten die Vollendung ſeiner Schöpfung aus, er kam jedem Fehler, jedem Miß- verſtehen zuvor, kein Hauch war willkührlich, alles war durch die großartige Gegenwart ſeines Geiſtes in die beſonnenſte Thätigkeit verſetzt. — Man möchte weiſſa- gen daß ein ſolcher Geiſt in ſpäterer Vollendung als Weltherrſcher wieder auftreten werde.
Geſtern Abend ſchrieb ich noch alles auf, heute Mor- gen las ich's ihm vor, er ſagte: „Hab ich das ge- ſagt? — nun dann hab ich einen Raptus gehabt;“ er las es noch einmal aufmerkſam, und ſtrich das oben aus und ſchrieb zwiſchen die Zeilen, denn es iſt ihm drum zu thun daß Du ihn verſtehſt.
Erfreue mich nun mit einer baldigen Antwort, die dem Beethoven beweiſt daß Du ihn würdigſt. Es war ja immer unſer Plan, über Muſik zu ſprechen, ja ich wollte auch, aber durch Beethoven fühl ich nun erſt daß ich der Sache nicht gewachſen bin.
Bettine.
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[200/0210]
hat ſo das Bewußtſein ſeiner Macht, und daß alle
Kraft von ihm ausgehe, wie dieſer Beethoven, der eben
noch im Garten nach einem Grund ſuchte, wo ihm denn
alles herkomme; verſtünd ich ihn ſo wie ich ihn fühle,
dann wüßt ich alles. Dort ſtand er ſo feſt entſchloſſen,
ſeine Bewegungen, ſein Geſicht drückten die Vollendung
ſeiner Schöpfung aus, er kam jedem Fehler, jedem Miß-
verſtehen zuvor, kein Hauch war willkührlich, alles war
durch die großartige Gegenwart ſeines Geiſtes in die
beſonnenſte Thätigkeit verſetzt. — Man möchte weiſſa-
gen daß ein ſolcher Geiſt in ſpäterer Vollendung als
Weltherrſcher wieder auftreten werde.
Geſtern Abend ſchrieb ich noch alles auf, heute Mor-
gen las ich's ihm vor, er ſagte: „Hab ich das ge-
ſagt? — nun dann hab ich einen Raptus gehabt;“
er las es noch einmal aufmerkſam, und ſtrich das oben
aus und ſchrieb zwiſchen die Zeilen, denn es iſt ihm
drum zu thun daß Du ihn verſtehſt.
Erfreue mich nun mit einer baldigen Antwort, die
dem Beethoven beweiſt daß Du ihn würdigſt. Es war
ja immer unſer Plan, über Muſik zu ſprechen, ja ich
wollte auch, aber durch Beethoven fühl ich nun erſt daß
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/210>, abgerufen am 27.11.2024.
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