in bunter Verwirrung und soll grade in Ordnung ge- bracht werden, da ist denn nichts zu berühren und zu verstehen, und die Kastanienallee in voller Blüthe und die rauschende Donau die uns hinüber trägt auf ihrem Rücken, da kann man es im Kunstsaal nicht aushalten, heute Morgen um 6 Uhr frühstückten wir im Prater, rund umher unter gewaltigen Eichen lagerten Türken und Griechen, wie herrlich nehmen sich auf grünem Tep- pig diese anmuthigen buntfarbigen Gruppen schöner Männer aus! welchen Einfluß mag auch die Kleidung auf die Seele haben, die mit leichter Energie die Eigen- thümlichkeit dieser fremden Nationen, hier in der frischen Frühlingsnatur zum allgemein gültigen erhebt, und die Einheimischen in ihrer farblosen Kleidung beschämt. Die Jugend, die Kindheit beschauen sich immer noch in den reifen Gestalten und Bewegungen dieser Südländer; sie sind kühn und unternehmend, wie die Knaben rasch und listig und doch gutmüthig. Indem wir an ihnen vor- über gingen, konnte ich nicht umhin einen Pantoffel der einem hingestreckten Türken entfallen war, unter meinen Füßen eine Strecke mit fort zu schlurren endlich schleifte ich ihn in's Gras und ließ ihn da liegen; wir saßen und frühstückten, es währte nicht lange so suchten die Türken den verlornen Pantoffel. Goethe, was mir das
in bunter Verwirrung und ſoll grade in Ordnung ge- bracht werden, da iſt denn nichts zu berühren und zu verſtehen, und die Kaſtanienallee in voller Blüthe und die rauſchende Donau die uns hinüber trägt auf ihrem Rücken, da kann man es im Kunſtſaal nicht aushalten, heute Morgen um 6 Uhr frühſtückten wir im Prater, rund umher unter gewaltigen Eichen lagerten Türken und Griechen, wie herrlich nehmen ſich auf grünem Tep- pig dieſe anmuthigen buntfarbigen Gruppen ſchöner Männer aus! welchen Einfluß mag auch die Kleidung auf die Seele haben, die mit leichter Energie die Eigen- thümlichkeit dieſer fremden Nationen, hier in der friſchen Frühlingsnatur zum allgemein gültigen erhebt, und die Einheimiſchen in ihrer farbloſen Kleidung beſchämt. Die Jugend, die Kindheit beſchauen ſich immer noch in den reifen Geſtalten und Bewegungen dieſer Südländer; ſie ſind kühn und unternehmend, wie die Knaben raſch und liſtig und doch gutmüthig. Indem wir an ihnen vor- über gingen, konnte ich nicht umhin einen Pantoffel der einem hingeſtreckten Türken entfallen war, unter meinen Füßen eine Strecke mit fort zu ſchlurren endlich ſchleifte ich ihn in's Gras und ließ ihn da liegen; wir ſaßen und frühſtückten, es währte nicht lange ſo ſuchten die Türken den verlornen Pantoffel. Goethe, was mir das
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in bunter Verwirrung und ſoll grade in Ordnung ge-
bracht werden, da iſt denn nichts zu berühren und zu
verſtehen, und die Kaſtanienallee in voller Blüthe und
die rauſchende Donau die uns hinüber trägt auf ihrem
Rücken, da kann man es im Kunſtſaal nicht aushalten,
heute Morgen um 6 Uhr frühſtückten wir im Prater,
rund umher unter gewaltigen Eichen lagerten Türken
und Griechen, wie herrlich nehmen ſich auf grünem Tep-
pig dieſe anmuthigen buntfarbigen Gruppen ſchöner
Männer aus! welchen Einfluß mag auch die Kleidung
auf die Seele haben, die mit leichter Energie die Eigen-
thümlichkeit dieſer fremden Nationen, hier in der friſchen
Frühlingsnatur zum allgemein gültigen erhebt, und die
Einheimiſchen in ihrer farbloſen Kleidung beſchämt. Die
Jugend, die Kindheit beſchauen ſich immer noch in den
reifen Geſtalten und Bewegungen dieſer Südländer; ſie
ſind kühn und unternehmend, wie die Knaben raſch und
liſtig und doch gutmüthig. Indem wir an ihnen vor-
über gingen, konnte ich nicht umhin einen Pantoffel der
einem hingeſtreckten Türken entfallen war, unter meinen
Füßen eine Strecke mit fort zu ſchlurren endlich ſchleifte
ich ihn in's Gras und ließ ihn da liegen; wir ſaßen
und frühſtückten, es währte nicht lange ſo ſuchten die
Türken den verlornen Pantoffel. Goethe, was mir das
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/186>, abgerufen am 24.11.2024.
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