die, so mich am meisten drücken, und endlich jene, an denen ich sogar Freude habe.
Erstens: sage ich Dir zu oft, daß ich Dich liebe, ja ich weiß gar nichts anders, wenn ich's hin- und her- wende, es kömmt sonst nichts heraus.
Zweitens: beneide ich alle deine Freunde, die Ge- spielen deiner Jugend und die Sonne, die in dein Zim- mer scheint, und deine Diener, vorab deinen Gärtner, der unter deinem Commando Spargelbeete anlegt.
Drittens: gönne ich Dir keine Lust, weil ich nicht dabei bin, wenn einer Dich gesehen hat, von deiner Hei- terkeit und Anmuth spricht, das ist mir eben kein be- sonder Vergnügen; wenn er aber sagt, Du seist ernst, kalt und zurückhaltend etc. gewesen, das ist mir recht lieb.
Viertens: vernachlässige ich alle Menschen um dei- netwillen, es gilt mir keiner etwas, aus ihrer Liebe mache ich mir gar nichts; ja, wer mich lobt, der miß- fällt mir, das ist Eifersucht auf mich und Dich und eben kein Beweis von einem großen Herzen, und ist eine elende Natur, die auf einer Seite ausdürrt, wenn sie auf der andern blühen will.
Fünftens: hab ich eine große Neigung die Welt zu verachten, besonders in denen, so Dich loben, alles was gutes über Dich gesagt wird, kann ich nicht hören, nur
die, ſo mich am meiſten drücken, und endlich jene, an denen ich ſogar Freude habe.
Erſtens: ſage ich Dir zu oft, daß ich Dich liebe, ja ich weiß gar nichts anders, wenn ich's hin- und her- wende, es kömmt ſonſt nichts heraus.
Zweitens: beneide ich alle deine Freunde, die Ge- ſpielen deiner Jugend und die Sonne, die in dein Zim- mer ſcheint, und deine Diener, vorab deinen Gärtner, der unter deinem Commando Spargelbeete anlegt.
Drittens: gönne ich Dir keine Luſt, weil ich nicht dabei bin, wenn einer Dich geſehen hat, von deiner Hei- terkeit und Anmuth ſpricht, das iſt mir eben kein be- ſonder Vergnügen; wenn er aber ſagt, Du ſeiſt ernſt, kalt und zurückhaltend ꝛc. geweſen, das iſt mir recht lieb.
Viertens: vernachläſſige ich alle Menſchen um dei- netwillen, es gilt mir keiner etwas, aus ihrer Liebe mache ich mir gar nichts; ja, wer mich lobt, der miß- fällt mir, das iſt Eiferſucht auf mich und Dich und eben kein Beweis von einem großen Herzen, und iſt eine elende Natur, die auf einer Seite ausdürrt, wenn ſie auf der andern blühen will.
Fünftens: hab ich eine große Neigung die Welt zu verachten, beſonders in denen, ſo Dich loben, alles was gutes über Dich geſagt wird, kann ich nicht hören, nur
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die, ſo mich am meiſten drücken, und endlich jene, an
denen ich ſogar Freude habe.
Erſtens: ſage ich Dir zu oft, daß ich Dich liebe, ja
ich weiß gar nichts anders, wenn ich's hin- und her-
wende, es kömmt ſonſt nichts heraus.
Zweitens: beneide ich alle deine Freunde, die Ge-
ſpielen deiner Jugend und die Sonne, die in dein Zim-
mer ſcheint, und deine Diener, vorab deinen Gärtner,
der unter deinem Commando Spargelbeete anlegt.
Drittens: gönne ich Dir keine Luſt, weil ich nicht
dabei bin, wenn einer Dich geſehen hat, von deiner Hei-
terkeit und Anmuth ſpricht, das iſt mir eben kein be-
ſonder Vergnügen; wenn er aber ſagt, Du ſeiſt ernſt,
kalt und zurückhaltend ꝛc. geweſen, das iſt mir recht lieb.
Viertens: vernachläſſige ich alle Menſchen um dei-
netwillen, es gilt mir keiner etwas, aus ihrer Liebe
mache ich mir gar nichts; ja, wer mich lobt, der miß-
fällt mir, das iſt Eiferſucht auf mich und Dich und
eben kein Beweis von einem großen Herzen, und iſt
eine elende Natur, die auf einer Seite ausdürrt, wenn
ſie auf der andern blühen will.
Fünftens: hab ich eine große Neigung die Welt zu
verachten, beſonders in denen, ſo Dich loben, alles was
gutes über Dich geſagt wird, kann ich nicht hören, nur
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/169>, abgerufen am 25.07.2024.
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