man sündlich finden dürfte, wie daß ich dein Gewand lieber habe wie meinen Nebenmenschen, daß ich die Stiege küssen möchte, auf der deine Füße auf- und nie- dersteigen etc. -- Dies könnte man Abgötterei nennen, oder ist es so, daß der Gott, der Dich belebt, auch an jeder Wand deines Hauses hinschwebt? -- daß, wenn er in deinen Mund und Augen spielt, er auch unter dei- nen Füßen hingleitet und selbst in den Falten deines Gewandes sich gefällt, daß, wenn er sich im Masken- zug in alle bunten Gestalten verwandelt, er wohl auch im Papier, in welches Du den Maskenzug einpackst, verborgen sein kann? also, wenn ich's Papier küsse, so ist es das geliebte in Dir, das sich mir zu Lieb auf die Post schicken ließ.
Adieu! behalte dein Kind lieb in trüben wie in hel- len Tagen, da ich ewig und ganz dein bin.
Bettine.
Du hast mein Tagebuch erhalten, aber liest Du auch darin, und wie gefällt Dir's? --
Am 29. Februar.
man ſündlich finden dürfte, wie daß ich dein Gewand lieber habe wie meinen Nebenmenſchen, daß ich die Stiege küſſen möchte, auf der deine Füße auf- und nie- derſteigen ꝛc. — Dies könnte man Abgötterei nennen, oder iſt es ſo, daß der Gott, der Dich belebt, auch an jeder Wand deines Hauſes hinſchwebt? — daß, wenn er in deinen Mund und Augen ſpielt, er auch unter dei- nen Füßen hingleitet und ſelbſt in den Falten deines Gewandes ſich gefällt, daß, wenn er ſich im Masken- zug in alle bunten Geſtalten verwandelt, er wohl auch im Papier, in welches Du den Maskenzug einpackſt, verborgen ſein kann? alſo, wenn ich's Papier küſſe, ſo iſt es das geliebte in Dir, das ſich mir zu Lieb auf die Poſt ſchicken ließ.
Adieu! behalte dein Kind lieb in trüben wie in hel- len Tagen, da ich ewig und ganz dein bin.
Bettine.
Du haſt mein Tagebuch erhalten, aber lieſt Du auch darin, und wie gefällt Dir's? —
Am 29. Februar.
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man ſündlich finden dürfte, wie daß ich dein Gewand
lieber habe wie meinen Nebenmenſchen, daß ich die
Stiege küſſen möchte, auf der deine Füße auf- und nie-
derſteigen ꝛc. — Dies könnte man Abgötterei nennen,
oder iſt es ſo, daß der Gott, der Dich belebt, auch an
jeder Wand deines Hauſes hinſchwebt? — daß, wenn
er in deinen Mund und Augen ſpielt, er auch unter dei-
nen Füßen hingleitet und ſelbſt in den Falten deines
Gewandes ſich gefällt, daß, wenn er ſich im Masken-
zug in alle bunten Geſtalten verwandelt, er wohl auch
im Papier, in welches Du den Maskenzug einpackſt,
verborgen ſein kann? alſo, wenn ich's Papier küſſe, ſo
iſt es das geliebte in Dir, das ſich mir zu Lieb auf die
Poſt ſchicken ließ.
Adieu! behalte dein Kind lieb in trüben wie in hel-
len Tagen, da ich ewig und ganz dein bin.
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Du haſt mein Tagebuch erhalten, aber lieſt Du
auch darin, und wie gefällt Dir's? —
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/175>, abgerufen am 27.12.2024.
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