sem sanften Helden ein Haar krümmen, der da für alle Aufopferung, die er und sein Land umsonst gemacht hatten, keine andre Rache nahm, als daß er in einem Brief an Speckbacher schrieb: deine glorreichen Siege sind alle umsonst, Östreich hat mit Frankreich Friede ge- schlossen und Tyrol -- vergessen.
In meinem Ofen saust und braust der Wind und treibt die Gluth in Flammen, und brennt die alten bai- rischen Tannen recht zu Asche zusammen, dabei hab ich denn meine Unterhaltung wie es kracht und rumpelt, und studiere zugleich Marpurg's Fugen, dabei thut mir denn gar wohl, daß das Warum nie beantwortet wer- den kann, daß man unmittelbare Herrschaft des Füh- rers (Dux) annehmen muß, und daß der Gefährte sich anschmiegt, ach, wie ich mich gern an Dich anschmiegen möchte; wesentlich möchte ich eben so Dir sein, ohne viel Lärm zu machen, alle Lebenswege sollten aus Dir hervorgehen und sich wieder in Dir schließen, und das wäre eine echte, strenge Fuge, wo dem Gefühl keine Forderung unbeantwortet bleibt, und wo sich der Phi- losoph nicht hineinmischen kann.
Ich will Dir beichten, will Dir alle meine Sünden aufrichtig gestehen, erst die, an welchen Du zum Theil Schuld hast und die Du auch mitbüßen mußt, dann
ſem ſanften Helden ein Haar krümmen, der da für alle Aufopferung, die er und ſein Land umſonſt gemacht hatten, keine andre Rache nahm, als daß er in einem Brief an Speckbacher ſchrieb: deine glorreichen Siege ſind alle umſonſt, Öſtreich hat mit Frankreich Friede ge- ſchloſſen und Tyrol — vergeſſen.
In meinem Ofen ſauſt und brauſt der Wind und treibt die Gluth in Flammen, und brennt die alten bai- riſchen Tannen recht zu Aſche zuſammen, dabei hab ich denn meine Unterhaltung wie es kracht und rumpelt, und ſtudiere zugleich Marpurg's Fugen, dabei thut mir denn gar wohl, daß das Warum nie beantwortet wer- den kann, daß man unmittelbare Herrſchaft des Füh- rers (Dux) annehmen muß, und daß der Gefährte ſich anſchmiegt, ach, wie ich mich gern an Dich anſchmiegen möchte; weſentlich möchte ich eben ſo Dir ſein, ohne viel Lärm zu machen, alle Lebenswege ſollten aus Dir hervorgehen und ſich wieder in Dir ſchließen, und das wäre eine echte, ſtrenge Fuge, wo dem Gefühl keine Forderung unbeantwortet bleibt, und wo ſich der Phi- loſoph nicht hineinmiſchen kann.
Ich will Dir beichten, will Dir alle meine Sünden aufrichtig geſtehen, erſt die, an welchen Du zum Theil Schuld haſt und die Du auch mitbüßen mußt, dann
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0168"n="158"/>ſem ſanften Helden ein Haar krümmen, der da für alle<lb/>
Aufopferung, die er und ſein Land umſonſt gemacht<lb/>
hatten, keine andre Rache nahm, als daß er in einem<lb/>
Brief an Speckbacher ſchrieb: deine glorreichen Siege<lb/>ſind alle umſonſt, Öſtreich hat mit Frankreich Friede ge-<lb/>ſchloſſen und Tyrol — vergeſſen.</p><lb/><p>In meinem Ofen ſauſt und brauſt der Wind und<lb/>
treibt die Gluth in Flammen, und brennt die alten bai-<lb/>
riſchen Tannen recht zu Aſche zuſammen, dabei hab ich<lb/>
denn meine Unterhaltung wie es kracht und rumpelt,<lb/>
und ſtudiere zugleich Marpurg's Fugen, dabei thut mir<lb/>
denn gar wohl, daß das Warum nie beantwortet wer-<lb/>
den kann, daß man unmittelbare Herrſchaft des Füh-<lb/>
rers (<hirendition="#aq">Dux</hi>) annehmen muß, und daß der Gefährte ſich<lb/>
anſchmiegt, ach, wie ich mich gern an Dich anſchmiegen<lb/>
möchte; weſentlich möchte ich eben ſo Dir ſein, ohne<lb/>
viel Lärm zu machen, alle Lebenswege ſollten aus Dir<lb/>
hervorgehen und ſich wieder in Dir ſchließen, und das<lb/>
wäre eine echte, ſtrenge Fuge, wo dem Gefühl keine<lb/>
Forderung unbeantwortet bleibt, und wo ſich der Phi-<lb/>
loſoph nicht hineinmiſchen kann.</p><lb/><p>Ich will Dir beichten, will Dir alle meine Sünden<lb/>
aufrichtig geſtehen, erſt die, an welchen Du zum Theil<lb/>
Schuld haſt und die Du auch mitbüßen mußt, dann<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[158/0168]
ſem ſanften Helden ein Haar krümmen, der da für alle
Aufopferung, die er und ſein Land umſonſt gemacht
hatten, keine andre Rache nahm, als daß er in einem
Brief an Speckbacher ſchrieb: deine glorreichen Siege
ſind alle umſonſt, Öſtreich hat mit Frankreich Friede ge-
ſchloſſen und Tyrol — vergeſſen.
In meinem Ofen ſauſt und brauſt der Wind und
treibt die Gluth in Flammen, und brennt die alten bai-
riſchen Tannen recht zu Aſche zuſammen, dabei hab ich
denn meine Unterhaltung wie es kracht und rumpelt,
und ſtudiere zugleich Marpurg's Fugen, dabei thut mir
denn gar wohl, daß das Warum nie beantwortet wer-
den kann, daß man unmittelbare Herrſchaft des Füh-
rers (Dux) annehmen muß, und daß der Gefährte ſich
anſchmiegt, ach, wie ich mich gern an Dich anſchmiegen
möchte; weſentlich möchte ich eben ſo Dir ſein, ohne
viel Lärm zu machen, alle Lebenswege ſollten aus Dir
hervorgehen und ſich wieder in Dir ſchließen, und das
wäre eine echte, ſtrenge Fuge, wo dem Gefühl keine
Forderung unbeantwortet bleibt, und wo ſich der Phi-
loſoph nicht hineinmiſchen kann.
Ich will Dir beichten, will Dir alle meine Sünden
aufrichtig geſtehen, erſt die, an welchen Du zum Theil
Schuld haſt und die Du auch mitbüßen mußt, dann
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/168>, abgerufen am 29.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.