in dem ein starker Regen fiel; es war grade alles im ersten Grün, die Sonne schien durch den Regen. Als ich an Deine Thür kam, hört' ich Dich schon von Weitem sprechen; ich rief, -- Du hörtest nicht, -- da sah ich Dich auf derselben Bank sitzen, hinter welcher im vorigen Jahr die schöne breite Malve noch spät ge- wachsen war; -- gegenüber lag auch die Katze wie da- mals, und als ich zu Dir kam, sagtest Du auch wieder: Setze Dich nur dort üben zur Katze, wegen Deinen Augen, die mag ich nicht so nah. -- Hier wachte ich auf, aber weil mir der Traum so lieb war, konnt' ich ihn nicht aufgeben; ich träumte fort, trieb allerlei Spiel mit Dir, und bedachte dabei Deine Güte, die solche Zutraulichkeit erlaubt. -- Du! der einen Kreis des Lebendigen umfasset, in dem wir alle Dein Ver- trauen in so mächtigen Zügen schon eingesogen haben. Ich fürchte mich manchmal, die Liebe, die rasch in mei- nem Herzen aufsteigt, wenn auch nur in Gedanken, vor Dir auszusprechen; aber so ein Traum stürzt wie ein angeschwollner Strom über den Damm. Es mag sich einer schwer entschließen eine Reise nach der Sonne zu thun, weil ihn die Erfahrung, daß man da nicht an- kömmt, davon abhält; -- mir gilt in solchen Augen-
in dem ein ſtarker Regen fiel; es war grade alles im erſten Grün, die Sonne ſchien durch den Regen. Als ich an Deine Thür kam, hört' ich Dich ſchon von Weitem ſprechen; ich rief, — Du hörteſt nicht, — da ſah ich Dich auf derſelben Bank ſitzen, hinter welcher im vorigen Jahr die ſchöne breite Malve noch ſpät ge- wachſen war; — gegenüber lag auch die Katze wie da- mals, und als ich zu Dir kam, ſagteſt Du auch wieder: Setze Dich nur dort üben zur Katze, wegen Deinen Augen, die mag ich nicht ſo nah. — Hier wachte ich auf, aber weil mir der Traum ſo lieb war, konnt' ich ihn nicht aufgeben; ich träumte fort, trieb allerlei Spiel mit Dir, und bedachte dabei Deine Güte, die ſolche Zutraulichkeit erlaubt. — Du! der einen Kreis des Lebendigen umfaſſet, in dem wir alle Dein Ver- trauen in ſo mächtigen Zügen ſchon eingeſogen haben. Ich fürchte mich manchmal, die Liebe, die raſch in mei- nem Herzen aufſteigt, wenn auch nur in Gedanken, vor Dir auszuſprechen; aber ſo ein Traum ſtürzt wie ein angeſchwollner Strom über den Damm. Es mag ſich einer ſchwer entſchließen eine Reiſe nach der Sonne zu thun, weil ihn die Erfahrung, daß man da nicht an- kömmt, davon abhält; — mir gilt in ſolchen Augen-
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in dem ein ſtarker Regen fiel; es war grade alles im
erſten Grün, die Sonne ſchien durch den Regen. Als
ich an Deine Thür kam, hört' ich Dich ſchon von
Weitem ſprechen; ich rief, — Du hörteſt nicht, — da
ſah ich Dich auf derſelben Bank ſitzen, hinter welcher
im vorigen Jahr die ſchöne breite Malve noch ſpät ge-
wachſen war; — gegenüber lag auch die Katze wie da-
mals, und als ich zu Dir kam, ſagteſt Du auch wieder:
Setze Dich nur dort üben zur Katze, wegen Deinen
Augen, die mag ich nicht ſo nah. — Hier wachte ich
auf, aber weil mir der Traum ſo lieb war, konnt'
ich ihn nicht aufgeben; ich träumte fort, trieb allerlei
Spiel mit Dir, und bedachte dabei Deine Güte, die
ſolche Zutraulichkeit erlaubt. — Du! der einen Kreis
des Lebendigen umfaſſet, in dem wir alle Dein Ver-
trauen in ſo mächtigen Zügen ſchon eingeſogen haben.
Ich fürchte mich manchmal, die Liebe, die raſch in mei-
nem Herzen aufſteigt, wenn auch nur in Gedanken, vor
Dir auszuſprechen; aber ſo ein Traum ſtürzt wie ein
angeſchwollner Strom über den Damm. Es mag ſich
einer ſchwer entſchließen eine Reiſe nach der Sonne zu
thun, weil ihn die Erfahrung, daß man da nicht an-
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/243>, abgerufen am 22.11.2024.
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