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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

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mus rege, und so mit anmuthigen Geberden die Tugend
ausdrücke, wie jene den Takt und den Sinn der Musik.
Nach dem Souper tanzte man, ich saß etwas schläfrig
an der Seite deiner Mutter, sie hielt mich umhals't und
hatte mich lieb wie den Joseph; ich hatte dazu auch
einen rothen Rock an. Man hat einstimmig beschlossen,
es solle nie ein Familienfest gegeben werden ohne die
Mutter, so sehr hat man ihren guten Einfluß empfun-
den; ich hab' mich gewundert wie schnell sie die Herzen
gewinnen kann, blos weil sie mit Kraft genießt und
dadurch die ganze Umgebung auch zur Freude bewegt.

Die Deinen grüße ich herzlich, ich habe nicht ver-
gessen, was ich für deine Frau versprach; nächstens wird
alles fertig sein, nur die Frau von Sch. mußte ich
schändlicherweise vergessen mit dem Tuch! nun was ist
zu thun? mein Minister, denk' ich, bekömmt hier eine
schöne Negotiation. Gelt', ich mißbrauch' deine Geduld?
-- Guter! Bester! dem mein Herz ewig dient.

Dein Sohn wird sein Bündel bald schnüren; --
nur nicht zu fest! denn ich will ihm bei der Durchreise
noch einen Pack guter Lehren mitgeben, die er auch noch
mit einschnüren muß. Mein Bruder George hat ein
kleines Landhaus in Rödelheim gekauft, Du mußt es

mus rege, und ſo mit anmuthigen Geberden die Tugend
ausdrücke, wie jene den Takt und den Sinn der Muſik.
Nach dem Souper tanzte man, ich ſaß etwas ſchläfrig
an der Seite deiner Mutter, ſie hielt mich umhalſ't und
hatte mich lieb wie den Joſeph; ich hatte dazu auch
einen rothen Rock an. Man hat einſtimmig beſchloſſen,
es ſolle nie ein Familienfeſt gegeben werden ohne die
Mutter, ſo ſehr hat man ihren guten Einfluß empfun-
den; ich hab' mich gewundert wie ſchnell ſie die Herzen
gewinnen kann, blos weil ſie mit Kraft genießt und
dadurch die ganze Umgebung auch zur Freude bewegt.

Die Deinen grüße ich herzlich, ich habe nicht ver-
geſſen, was ich für deine Frau verſprach; nächſtens wird
alles fertig ſein, nur die Frau von Sch. mußte ich
ſchändlicherweiſe vergeſſen mit dem Tuch! nun was iſt
zu thun? mein Miniſter, denk' ich, bekömmt hier eine
ſchöne Negotiation. Gelt', ich mißbrauch' deine Geduld?
— Guter! Beſter! dem mein Herz ewig dient.

Dein Sohn wird ſein Bündel bald ſchnüren; —
nur nicht zu feſt! denn ich will ihm bei der Durchreiſe
noch einen Pack guter Lehren mitgeben, die er auch noch
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[202/0234] mus rege, und ſo mit anmuthigen Geberden die Tugend ausdrücke, wie jene den Takt und den Sinn der Muſik. Nach dem Souper tanzte man, ich ſaß etwas ſchläfrig an der Seite deiner Mutter, ſie hielt mich umhalſ't und hatte mich lieb wie den Joſeph; ich hatte dazu auch einen rothen Rock an. Man hat einſtimmig beſchloſſen, es ſolle nie ein Familienfeſt gegeben werden ohne die Mutter, ſo ſehr hat man ihren guten Einfluß empfun- den; ich hab' mich gewundert wie ſchnell ſie die Herzen gewinnen kann, blos weil ſie mit Kraft genießt und dadurch die ganze Umgebung auch zur Freude bewegt. Die Deinen grüße ich herzlich, ich habe nicht ver- geſſen, was ich für deine Frau verſprach; nächſtens wird alles fertig ſein, nur die Frau von Sch. mußte ich ſchändlicherweiſe vergeſſen mit dem Tuch! nun was iſt zu thun? mein Miniſter, denk' ich, bekömmt hier eine ſchöne Negotiation. Gelt', ich mißbrauch' deine Geduld? — Guter! Beſter! dem mein Herz ewig dient. Dein Sohn wird ſein Bündel bald ſchnüren; — nur nicht zu feſt! denn ich will ihm bei der Durchreiſe noch einen Pack guter Lehren mitgeben, die er auch noch mit einſchnüren muß. Mein Bruder George hat ein kleines Landhaus in Rödelheim gekauft, Du mußt es

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/234>, abgerufen am 22.11.2024.