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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

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aus dem ich getrunken hatte und bat mich um Erlaub-
niß, daraus zu trinken, der Wein würde ihm sonst
nicht schmecken; das ließ ich geschehen, und alle Weine,
die ihm vorgesetzt wurden, die goß er in dies Glas und
trank sie mit begeisterten Blicken aus; es war eine wun-
derliche Tischunterhaltung; bald rückte er seinen Fuß
dicht an den meinigen und fragte mich, was meine liebste
Unterhaltung sei: ich sagte, ich tanze lieber als ich gehe,
und fliege lieber als ich tanze, und dabei zog ich mei-
nen Fuß zurück. Ich hatte meinen kleinen Strauß, den
ich vorgesteckt hatte, in's Wasserglas gestellt, damit er
nicht sobald welken solle, um ihn nach Tisch wieder vor-
zustecken, er frug: "Will you give me this?" ich nickte
ihm, er nahm ihn daran zu riechen und küßte ihn; er
steckte ihn in Busen und knöpfte die Weste drüber zu,
und seufzte, und da sah er, daß ich roth ward. --
Sein Gesicht übergoß sich mit einem Schmelz von Freund-
lichkeit; er wendete es zu mir, ohne die Augen aufzu-
schlagen, als wolle er mich auffordern, seine wohlge-
fällige Bildung zu beachten; sein Fuß suchte wieder
den meinen, und mit leiser Stimme sagte er: bee
good fine girl.
-- Ich konnte ihm nicht unfreundlich
sein, und doch wollte ich gerne meine Ehre retten; da
zog ich das eine End' meines langen Gürtels um sein

aus dem ich getrunken hatte und bat mich um Erlaub-
niß, daraus zu trinken, der Wein würde ihm ſonſt
nicht ſchmecken; das ließ ich geſchehen, und alle Weine,
die ihm vorgeſetzt wurden, die goß er in dies Glas und
trank ſie mit begeiſterten Blicken aus; es war eine wun-
derliche Tiſchunterhaltung; bald rückte er ſeinen Fuß
dicht an den meinigen und fragte mich, was meine liebſte
Unterhaltung ſei: ich ſagte, ich tanze lieber als ich gehe,
und fliege lieber als ich tanze, und dabei zog ich mei-
nen Fuß zurück. Ich hatte meinen kleinen Strauß, den
ich vorgeſteckt hatte, in's Waſſerglas geſtellt, damit er
nicht ſobald welken ſolle, um ihn nach Tiſch wieder vor-
zuſtecken, er frug: „Will you give me this?“ ich nickte
ihm, er nahm ihn daran zu riechen und küßte ihn; er
ſteckte ihn in Buſen und knöpfte die Weſte drüber zu,
und ſeufzte, und da ſah er, daß ich roth ward. —
Sein Geſicht übergoß ſich mit einem Schmelz von Freund-
lichkeit; er wendete es zu mir, ohne die Augen aufzu-
ſchlagen, als wolle er mich auffordern, ſeine wohlge-
fällige Bildung zu beachten; ſein Fuß ſuchte wieder
den meinen, und mit leiſer Stimme ſagte er: bee
good fine girl.
— Ich konnte ihm nicht unfreundlich
ſein, und doch wollte ich gerne meine Ehre retten; da
zog ich das eine End' meines langen Gürtels um ſein

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[141/0173] aus dem ich getrunken hatte und bat mich um Erlaub- niß, daraus zu trinken, der Wein würde ihm ſonſt nicht ſchmecken; das ließ ich geſchehen, und alle Weine, die ihm vorgeſetzt wurden, die goß er in dies Glas und trank ſie mit begeiſterten Blicken aus; es war eine wun- derliche Tiſchunterhaltung; bald rückte er ſeinen Fuß dicht an den meinigen und fragte mich, was meine liebſte Unterhaltung ſei: ich ſagte, ich tanze lieber als ich gehe, und fliege lieber als ich tanze, und dabei zog ich mei- nen Fuß zurück. Ich hatte meinen kleinen Strauß, den ich vorgeſteckt hatte, in's Waſſerglas geſtellt, damit er nicht ſobald welken ſolle, um ihn nach Tiſch wieder vor- zuſtecken, er frug: „Will you give me this?“ ich nickte ihm, er nahm ihn daran zu riechen und küßte ihn; er ſteckte ihn in Buſen und knöpfte die Weſte drüber zu, und ſeufzte, und da ſah er, daß ich roth ward. — Sein Geſicht übergoß ſich mit einem Schmelz von Freund- lichkeit; er wendete es zu mir, ohne die Augen aufzu- ſchlagen, als wolle er mich auffordern, ſeine wohlge- fällige Bildung zu beachten; ſein Fuß ſuchte wieder den meinen, und mit leiſer Stimme ſagte er: bee good fine girl. — Ich konnte ihm nicht unfreundlich ſein, und doch wollte ich gerne meine Ehre retten; da zog ich das eine End' meines langen Gürtels um ſein

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/173>, abgerufen am 25.11.2024.