Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Da hätt ich mich verborgen,
Ich hört klägliche Wort,
Von einem Fräulein hübsch und fein,
Sie sprach zu ihrem Buhler,
Es muß geschieden seyn.

Herzlieb, ich hab vernommen,
Du wilt von hinnen schier,
Wann wilt du wieder kommen,
Das sollst du sagen mir,
Merk mein Feinslieb, was ich dir sag,
Mein Zukunft thust du fragen,
Ich weiß weder Stund noch Tag.
Das Fräulein weinet sehre,
Ihr Herz war Trauren voll:
"So gieb mir weis und Lehre
"Wie ich mich halten soll,
"Für dich sez ich mein Hab und Gut,
"Und willst du hier nun bleiben,
"Ich verehr dich in Jahr und Tag.
Der Knab der sprach aus Muthe,
Dein Willen ich wohl spür,
Verzehr ich dir dein Gute,
Ein Jahr ist bald dahin,
Ich will dich zärtlich bitten,
Setz du dein Willen drein.
Das Fräulein das schreit Morde!
Mord über alles Leid:
"Mich kränken deine Worte,
"Herzlieb nicht von mir scheid;

Da haͤtt ich mich verborgen,
Ich hoͤrt klaͤgliche Wort,
Von einem Fraͤulein huͤbſch und fein,
Sie ſprach zu ihrem Buhler,
Es muß geſchieden ſeyn.

Herzlieb, ich hab vernommen,
Du wilt von hinnen ſchier,
Wann wilt du wieder kommen,
Das ſollſt du ſagen mir,
Merk mein Feinslieb, was ich dir ſag,
Mein Zukunft thuſt du fragen,
Ich weiß weder Stund noch Tag.
Das Fraͤulein weinet ſehre,
Ihr Herz war Trauren voll:
„So gieb mir weis und Lehre
„Wie ich mich halten ſoll,
„Fuͤr dich ſez ich mein Hab und Gut,
„Und willſt du hier nun bleiben,
„Ich verehr dich in Jahr und Tag.
Der Knab der ſprach aus Muthe,
Dein Willen ich wohl ſpuͤr,
Verzehr ich dir dein Gute,
Ein Jahr iſt bald dahin,
Ich will dich zaͤrtlich bitten,
Setz du dein Willen drein.
Das Fraͤulein das ſchreit Morde!
Mord uͤber alles Leid:
„Mich kraͤnken deine Worte,
„Herzlieb nicht von mir ſcheid;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <pb facs="#f0055" n="45"/>
              <l>Da ha&#x0364;tt ich mich verborgen,</l><lb/>
              <l>Ich ho&#x0364;rt kla&#x0364;gliche Wort,</l><lb/>
              <l>Von einem Fra&#x0364;ulein hu&#x0364;b&#x017F;ch und fein,</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;prach zu ihrem Buhler,</l><lb/>
              <l>Es muß ge&#x017F;chieden &#x017F;eyn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Herzlieb, ich hab vernommen,</l><lb/>
              <l>Du wilt von hinnen &#x017F;chier,</l><lb/>
              <l>Wann wilt du wieder kommen,</l><lb/>
              <l>Das &#x017F;oll&#x017F;t du &#x017F;agen mir,</l><lb/>
              <l>Merk mein Feinslieb, was ich dir &#x017F;ag,</l><lb/>
              <l>Mein Zukunft thu&#x017F;t du fragen,</l><lb/>
              <l>Ich weiß weder Stund noch Tag.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Das Fra&#x0364;ulein weinet &#x017F;ehre,</l><lb/>
              <l>Ihr Herz war Trauren voll:</l><lb/>
              <l>&#x201E;So gieb mir weis und Lehre</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wie ich mich halten &#x017F;oll,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Fu&#x0364;r dich &#x017F;ez ich mein Hab und Gut,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und will&#x017F;t du hier nun bleiben,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ich verehr dich in Jahr und Tag.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Der Knab der &#x017F;prach aus Muthe,</l><lb/>
              <l>Dein Willen ich wohl &#x017F;pu&#x0364;r,</l><lb/>
              <l>Verzehr ich dir dein Gute,</l><lb/>
              <l>Ein Jahr i&#x017F;t bald dahin,</l><lb/>
              <l>Ich will dich za&#x0364;rtlich bitten,</l><lb/>
              <l>Setz du dein Willen drein.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Das Fra&#x0364;ulein das &#x017F;chreit Morde!</l><lb/>
              <l>Mord u&#x0364;ber alles Leid:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Mich kra&#x0364;nken deine Worte,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Herzlieb nicht von mir &#x017F;cheid;</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0055] Da haͤtt ich mich verborgen, Ich hoͤrt klaͤgliche Wort, Von einem Fraͤulein huͤbſch und fein, Sie ſprach zu ihrem Buhler, Es muß geſchieden ſeyn. Herzlieb, ich hab vernommen, Du wilt von hinnen ſchier, Wann wilt du wieder kommen, Das ſollſt du ſagen mir, Merk mein Feinslieb, was ich dir ſag, Mein Zukunft thuſt du fragen, Ich weiß weder Stund noch Tag. Das Fraͤulein weinet ſehre, Ihr Herz war Trauren voll: „So gieb mir weis und Lehre „Wie ich mich halten ſoll, „Fuͤr dich ſez ich mein Hab und Gut, „Und willſt du hier nun bleiben, „Ich verehr dich in Jahr und Tag. Der Knab der ſprach aus Muthe, Dein Willen ich wohl ſpuͤr, Verzehr ich dir dein Gute, Ein Jahr iſt bald dahin, Ich will dich zaͤrtlich bitten, Setz du dein Willen drein. Das Fraͤulein das ſchreit Morde! Mord uͤber alles Leid: „Mich kraͤnken deine Worte, „Herzlieb nicht von mir ſcheid;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/55
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/55>, abgerufen am 29.11.2024.