Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Daß das wüste Weltgetümmel
Sich sein trautes Zion nennet, welches ihn doch nicht
erkennt.

Zion netzet ihre Wangen
Mit so vielen heissen Thränen über den Verwüstungs-
gräuel;
Und erwartet mit Verlangen
In den Banden der Chaldäer ihres Gottes Sieg und
Heil.
Amen, Zion ist erhöret,
Unsre Thränen sind wie Wasser gegen Mittag aufge-
zehret;
Seht, Chaldäa ist zerstöret,
Unser Weinen ist in Jauchzen, unsre Last in Lust ver-
kehrt.
Freue dich mit Herz und Munde,
Du erkauftes, auserwähltes und erlöstes Israel;
Siehe Babels eigne Hunde,
Die die Frommen jagen mußten, fressen diese Jesabel.
Da wir noch an Babels Weiden
Unsre Harfen hängen müsten, war ein Tag wie tausend
Jahr;
Aber nun in Zions Freuden
Wird für einen Tag gerechnet, was sonst tausend
Jahre war.
O wie groß ist deine Wonne,
Schönstes Zion, es ist kommen, dein erwünschtes Hoch-
zeitsfest;

Daß das wuͤſte Weltgetuͤmmel
Sich ſein trautes Zion nennet, welches ihn doch nicht
erkennt.

Zion netzet ihre Wangen
Mit ſo vielen heiſſen Thraͤnen uͤber den Verwuͤſtungs-
graͤuel;
Und erwartet mit Verlangen
In den Banden der Chaldaͤer ihres Gottes Sieg und
Heil.
Amen, Zion iſt erhoͤret,
Unſre Thraͤnen ſind wie Waſſer gegen Mittag aufge-
zehret;
Seht, Chaldaͤa iſt zerſtoͤret,
Unſer Weinen iſt in Jauchzen, unſre Laſt in Luſt ver-
kehrt.
Freue dich mit Herz und Munde,
Du erkauftes, auserwaͤhltes und erloͤſtes Iſrael;
Siehe Babels eigne Hunde,
Die die Frommen jagen mußten, freſſen dieſe Jeſabel.
Da wir noch an Babels Weiden
Unſre Harfen haͤngen muͤſten, war ein Tag wie tauſend
Jahr;
Aber nun in Zions Freuden
Wird fuͤr einen Tag gerechnet, was ſonſt tauſend
Jahre war.
O wie groß iſt deine Wonne,
Schoͤnſtes Zion, es iſt kommen, dein erwuͤnſchtes Hoch-
zeitsfeſt;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="6">
              <pb facs="#f0220" n="210"/>
              <l>Daß das wu&#x0364;&#x017F;te Weltgetu&#x0364;mmel</l><lb/>
              <l>Sich &#x017F;ein trautes Zion nennet, welches ihn doch nicht</l><lb/>
              <l>erkennt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Zion netzet ihre Wangen</l><lb/>
              <l>Mit &#x017F;o vielen hei&#x017F;&#x017F;en Thra&#x0364;nen u&#x0364;ber den Verwu&#x0364;&#x017F;tungs-</l><lb/>
              <l>gra&#x0364;uel;</l><lb/>
              <l>Und erwartet mit Verlangen</l><lb/>
              <l>In den Banden der Chalda&#x0364;er ihres Gottes Sieg und</l><lb/>
              <l>Heil.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Amen, Zion i&#x017F;t erho&#x0364;ret,</l><lb/>
              <l>Un&#x017F;re Thra&#x0364;nen &#x017F;ind wie Wa&#x017F;&#x017F;er gegen Mittag aufge-</l><lb/>
              <l>zehret;</l><lb/>
              <l>Seht, Chalda&#x0364;a i&#x017F;t zer&#x017F;to&#x0364;ret,</l><lb/>
              <l>Un&#x017F;er Weinen i&#x017F;t in Jauchzen, un&#x017F;re La&#x017F;t in Lu&#x017F;t ver-</l><lb/>
              <l>kehrt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>Freue dich mit Herz und Munde,</l><lb/>
              <l>Du erkauftes, auserwa&#x0364;hltes und erlo&#x0364;&#x017F;tes I&#x017F;rael;</l><lb/>
              <l>Siehe Babels eigne Hunde,</l><lb/>
              <l>Die die Frommen jagen mußten, fre&#x017F;&#x017F;en die&#x017F;e Je&#x017F;abel.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="10">
              <l>Da wir noch an Babels Weiden</l><lb/>
              <l>Un&#x017F;re Harfen ha&#x0364;ngen mu&#x0364;&#x017F;ten, war ein Tag wie tau&#x017F;end</l><lb/>
              <l>Jahr;</l><lb/>
              <l>Aber nun in Zions Freuden</l><lb/>
              <l>Wird fu&#x0364;r einen Tag gerechnet, was &#x017F;on&#x017F;t tau&#x017F;end</l><lb/>
              <l>Jahre war.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="11">
              <l>O wie groß i&#x017F;t deine Wonne,</l><lb/>
              <l>Scho&#x0364;n&#x017F;tes Zion, es i&#x017F;t kommen, dein erwu&#x0364;n&#x017F;chtes Hoch-</l><lb/>
              <l>zeitsfe&#x017F;t;</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[210/0220] Daß das wuͤſte Weltgetuͤmmel Sich ſein trautes Zion nennet, welches ihn doch nicht erkennt. Zion netzet ihre Wangen Mit ſo vielen heiſſen Thraͤnen uͤber den Verwuͤſtungs- graͤuel; Und erwartet mit Verlangen In den Banden der Chaldaͤer ihres Gottes Sieg und Heil. Amen, Zion iſt erhoͤret, Unſre Thraͤnen ſind wie Waſſer gegen Mittag aufge- zehret; Seht, Chaldaͤa iſt zerſtoͤret, Unſer Weinen iſt in Jauchzen, unſre Laſt in Luſt ver- kehrt. Freue dich mit Herz und Munde, Du erkauftes, auserwaͤhltes und erloͤſtes Iſrael; Siehe Babels eigne Hunde, Die die Frommen jagen mußten, freſſen dieſe Jeſabel. Da wir noch an Babels Weiden Unſre Harfen haͤngen muͤſten, war ein Tag wie tauſend Jahr; Aber nun in Zions Freuden Wird fuͤr einen Tag gerechnet, was ſonſt tauſend Jahre war. O wie groß iſt deine Wonne, Schoͤnſtes Zion, es iſt kommen, dein erwuͤnſchtes Hoch- zeitsfeſt;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/220
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/220>, abgerufen am 09.11.2024.