Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.nen Leichenzug weiter bringt, wird aber wohl zu spät kom- Auf dem Grabstein eines Kindes in einem Kirchhof im Odenwald. Liebe Eltern gute Nacht! Ich soll wieder von euch scheiden, Kaum war ich zur Welt gebracht, Hab genossen keine Freuden, Ich das kleinste eurer Glieder, Geh schon fort, doch nicht allein, Eltern, Schwestern, und die Brüder, Werden auch bald bei mir seyn, Weil sie wünschen, bitten, weinen, Daß ihr Tag mag bald erscheinen. Kindergebet. Lieber Gott und Engelein, Laßt mich fromm und gut seyn, Laßt mir doch auch mein Hemdlein Recht bald werden viel zu klein. nen Leichenzug weiter bringt, wird aber wohl zu ſpaͤt kom- Auf dem Grabſtein eines Kindes in einem Kirchhof im Odenwald. Liebe Eltern gute Nacht! Ich ſoll wieder von euch ſcheiden, Kaum war ich zur Welt gebracht, Hab genoſſen keine Freuden, Ich das kleinſte eurer Glieder, Geh ſchon fort, doch nicht allein, Eltern, Schweſtern, und die Bruͤder, Werden auch bald bei mir ſeyn, Weil ſie wuͤnſchen, bitten, weinen, Daß ihr Tag mag bald erſcheinen. Kindergebet. Lieber Gott und Engelein, Laßt mich fromm und gut ſeyn, Laßt mir doch auch mein Hemdlein Recht bald werden viel zu klein. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0294" n="26"/> nen Leichenzug weiter bringt, wird aber wohl zu ſpaͤt kom-<lb/> men, denn es iſt allerlei Kraut und Gras druͤber gewachſen,<lb/> Huͤnerdarm und Hahnenfuß, und Loͤwenzahn und Fuchſia,<lb/> und lauter ſolche Geſchichten, wer ſie nicht weis, der muß<lb/> ſie erdichten.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Auf dem Grabſtein eines Kindes in einem<lb/> Kirchhof im Odenwald</hi>.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">L</hi>iebe Eltern gute Nacht!</l><lb/> <l>Ich ſoll wieder von euch ſcheiden,</l><lb/> <l>Kaum war ich zur Welt gebracht,</l><lb/> <l>Hab genoſſen keine Freuden,</l><lb/> <l>Ich das kleinſte eurer Glieder,</l><lb/> <l>Geh ſchon fort, doch nicht allein,</l><lb/> <l>Eltern, Schweſtern, und die Bruͤder,</l><lb/> <l>Werden auch bald bei mir ſeyn,</l><lb/> <l>Weil ſie wuͤnſchen, bitten, weinen,</l><lb/> <l>Daß ihr Tag mag bald erſcheinen.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Kindergebet</hi>.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">L</hi>ieber Gott und Engelein,</l><lb/> <l>Laßt mich fromm und gut ſeyn,</l><lb/> <l>Laßt mir doch auch mein Hemdlein</l><lb/> <l>Recht bald werden viel zu klein.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [26/0294]
nen Leichenzug weiter bringt, wird aber wohl zu ſpaͤt kom-
men, denn es iſt allerlei Kraut und Gras druͤber gewachſen,
Huͤnerdarm und Hahnenfuß, und Loͤwenzahn und Fuchſia,
und lauter ſolche Geſchichten, wer ſie nicht weis, der muß
ſie erdichten.
Auf dem Grabſtein eines Kindes in einem
Kirchhof im Odenwald.
Liebe Eltern gute Nacht!
Ich ſoll wieder von euch ſcheiden,
Kaum war ich zur Welt gebracht,
Hab genoſſen keine Freuden,
Ich das kleinſte eurer Glieder,
Geh ſchon fort, doch nicht allein,
Eltern, Schweſtern, und die Bruͤder,
Werden auch bald bei mir ſeyn,
Weil ſie wuͤnſchen, bitten, weinen,
Daß ihr Tag mag bald erſcheinen.
Kindergebet.
Lieber Gott und Engelein,
Laßt mich fromm und gut ſeyn,
Laßt mir doch auch mein Hemdlein
Recht bald werden viel zu klein.
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