Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Er hat ein Brieflein in seiner Tasche,
Die Antwort steht geschrieben darin.

Reiter. Trübe Wolken an dem Himmel,
Tausend Seufzer schick ich zu dir,
Dieweil ich muß fort an einen andern Ort,
Lebe wohl zu tausend guter Nacht.
Mädchen. Ich trage Ketten mein ganzes Leben,
Wer mich kann retten aus meiner Qual,
Dem will ich zeigen, daß ich sein eigen,
Und ihm getreu will seyn bis an mein Grab.
Reiter. Sterbe nicht mein Kind, das bitt ich dich,
Sonst ist verlohren all mein Freud,
Alle Berge und Thäler zusammenfallen,
Eh ich dir mein Kind untreu will seyn.
Der Tag kommt hergeschlichen,
Die Sonne blickt herfür,
Nachdem die Nacht verstrichen,
Der Bauer tritt an die Thür.
Bauer. Sie blasen wacker drauf,
Herr mein Soldat! steh auf,
Das Pferd ist schon gesattelt,
Der Mantel gebunden drauf.
Das Pferdchen muß ihn tragen
Wohl vor das hohe Haus,
Mit ihren schwarzen Augen
Schaut Liebchen zum Fenster n'aus.
Was thät er ihr zu Ehren?
Schoß Pulver in die Luft,

Er hat ein Brieflein in ſeiner Taſche,
Die Antwort ſteht geſchrieben darin.

Reiter. Truͤbe Wolken an dem Himmel,
Tauſend Seufzer ſchick ich zu dir,
Dieweil ich muß fort an einen andern Ort,
Lebe wohl zu tauſend guter Nacht.
Maͤdchen. Ich trage Ketten mein ganzes Leben,
Wer mich kann retten aus meiner Qual,
Dem will ich zeigen, daß ich ſein eigen,
Und ihm getreu will ſeyn bis an mein Grab.
Reiter. Sterbe nicht mein Kind, das bitt ich dich,
Sonſt iſt verlohren all mein Freud,
Alle Berge und Thaͤler zuſammenfallen,
Eh ich dir mein Kind untreu will ſeyn.
Der Tag kommt hergeſchlichen,
Die Sonne blickt herfuͤr,
Nachdem die Nacht verſtrichen,
Der Bauer tritt an die Thuͤr.
Bauer. Sie blaſen wacker drauf,
Herr mein Soldat! ſteh auf,
Das Pferd iſt ſchon geſattelt,
Der Mantel gebunden drauf.
Das Pferdchen muß ihn tragen
Wohl vor das hohe Haus,
Mit ihren ſchwarzen Augen
Schaut Liebchen zum Fenſter n'aus.
Was thaͤt er ihr zu Ehren?
Schoß Pulver in die Luft,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="5">
              <pb facs="#f0038" n="26"/>
              <l>Er hat ein Brieflein in &#x017F;einer Ta&#x017F;che,</l><lb/>
              <l>Die Antwort &#x017F;teht ge&#x017F;chrieben darin.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l><hi rendition="#g">Reiter</hi>. Tru&#x0364;be Wolken an dem Himmel,</l><lb/>
              <l>Tau&#x017F;end Seufzer &#x017F;chick ich zu dir,</l><lb/>
              <l>Dieweil ich muß fort an einen andern Ort,</l><lb/>
              <l>Lebe wohl zu tau&#x017F;end guter Nacht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l><hi rendition="#g">Ma&#x0364;dchen</hi>. Ich trage Ketten mein ganzes Leben,</l><lb/>
              <l>Wer mich kann retten aus meiner Qual,</l><lb/>
              <l>Dem will ich zeigen, daß ich &#x017F;ein eigen,</l><lb/>
              <l>Und ihm getreu will &#x017F;eyn bis an mein Grab.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l><hi rendition="#g">Reiter</hi>. Sterbe nicht mein Kind, das bitt ich dich,</l><lb/>
              <l>Son&#x017F;t i&#x017F;t verlohren all mein Freud,</l><lb/>
              <l>Alle Berge und Tha&#x0364;ler zu&#x017F;ammenfallen,</l><lb/>
              <l>Eh ich dir mein Kind untreu will &#x017F;eyn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>Der Tag kommt herge&#x017F;chlichen,</l><lb/>
              <l>Die Sonne blickt herfu&#x0364;r,</l><lb/>
              <l>Nachdem die Nacht ver&#x017F;trichen,</l><lb/>
              <l>Der Bauer tritt an die Thu&#x0364;r.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="10">
              <l><hi rendition="#g">Bauer</hi>. Sie bla&#x017F;en wacker drauf,</l><lb/>
              <l>Herr mein Soldat! &#x017F;teh auf,</l><lb/>
              <l>Das Pferd i&#x017F;t &#x017F;chon ge&#x017F;attelt,</l><lb/>
              <l>Der Mantel gebunden drauf.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="11">
              <l>Das Pferdchen muß ihn tragen</l><lb/>
              <l>Wohl vor das hohe Haus,</l><lb/>
              <l>Mit ihren &#x017F;chwarzen Augen</l><lb/>
              <l>Schaut Liebchen zum Fen&#x017F;ter n'aus.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="12">
              <l>Was tha&#x0364;t er ihr zu Ehren?</l><lb/>
              <l>Schoß Pulver in die Luft,</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0038] Er hat ein Brieflein in ſeiner Taſche, Die Antwort ſteht geſchrieben darin. Reiter. Truͤbe Wolken an dem Himmel, Tauſend Seufzer ſchick ich zu dir, Dieweil ich muß fort an einen andern Ort, Lebe wohl zu tauſend guter Nacht. Maͤdchen. Ich trage Ketten mein ganzes Leben, Wer mich kann retten aus meiner Qual, Dem will ich zeigen, daß ich ſein eigen, Und ihm getreu will ſeyn bis an mein Grab. Reiter. Sterbe nicht mein Kind, das bitt ich dich, Sonſt iſt verlohren all mein Freud, Alle Berge und Thaͤler zuſammenfallen, Eh ich dir mein Kind untreu will ſeyn. Der Tag kommt hergeſchlichen, Die Sonne blickt herfuͤr, Nachdem die Nacht verſtrichen, Der Bauer tritt an die Thuͤr. Bauer. Sie blaſen wacker drauf, Herr mein Soldat! ſteh auf, Das Pferd iſt ſchon geſattelt, Der Mantel gebunden drauf. Das Pferdchen muß ihn tragen Wohl vor das hohe Haus, Mit ihren ſchwarzen Augen Schaut Liebchen zum Fenſter n'aus. Was thaͤt er ihr zu Ehren? Schoß Pulver in die Luft,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/38
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/38>, abgerufen am 27.11.2024.